SdG 04 - Die eisige Zeit
denn wir wussten, wir waren verraten worden.
Hier, auf diesem Hügel, auf dem sich gewaltige magische Energien ausgetobt hatten, wären wir bereit gewesen, einen Mord zu begehen. Kaltblütig und mit ruhiger Hand … Er warf Fäustel einen Blick zu. Der Heiler beobachtete Elster aus zusammengekniffenen Augen, und der Schnelle Ben wusste, dass auch er noch einmal die bitteren Erinnerungen durchlebte.
Die Geschichte unseres Lebens lässt sich nicht so einfach begraben. Gelbliche Nägel und Knochenfinger greifen aus der Erde heraus nach unseren Füßen und halten uns fest.
»Kurze Zusammenfassung«, knurrte Elster, die Augen auf den leeren Himmel über der Stadt gerichtet.
Fäustel räusperte sich. »Wer fängt an?«
Der Kommandant drehte sich zu dem Heiler um.
»In Ordnung«, sagte Fäustel. »Parans … Beschwerden. Sein sterblicher Körper trägt den Makel des Blutes von Aufgestiegenen … und von Orten, an denen sich Aufgestiegene tummeln … aber, wie der Schnelle Ben dir gleich noch sagen wird, sollte nichts davon sich als Krankheit auswirken. Nein, das Blut und besagte Orte haben die gleiche Wirkung, als würde man jemanden einen Korridor entlangstoßen.«
»Und er versucht immer wieder, zurückzukriechen«, fügte der Schnelle Ben hinzu. »Er versucht zu entkommen. Und je mehr er es versucht – «
»Umso schlechter geht es ihm«, beendete Fäustel den Satz.
Elster, der den Blick erneut auf Fahl gerichtet hatte, verzog das Gesicht. »Als ich das letzte Mal auf diesem Hügel gestanden habe, musste ich mir anhören, wie Ben und Kalam jeweils die Sätze des anderen beendet haben. Sieht so aus, als hätte sich weniger geändert, als ich gedacht habe. Ist der Hauptmann selbst schon … aufgestiegen?«
»So gut wie«, gab der Magier zu. Und das ist Besorgnis erregend, keine Frage. Aber es wäre noch viel Besorgnis erregender, wenn Paran … es so wollte. Andererseits – wer weiß schon, welcher Ehrgeiz sich hinter diesem widerstrebenden Antlitz verbirgt?
»Was haltet ihr von seiner Geschichte von den Schattenhunden und Rakes Schwert?«
»Die ist ziemlich beunruhigend«, erwiderte Fäustel.
»Das ist eine Untertreibung«, meinte der Schnelle Ben. »Ich würde sagen, sie ist verdammt unheimlich.«
Elster warf dem Magier einen finsteren Blick zu. »Warum?«
»Dragnipur ist nicht Rakes Schwert – er hat es nicht geschmiedet. Wie viel weiß der Bastard überhaupt darüber? Wie viel sollte er wissen? Und wohin im Namen des Vermummten sind diese Hunde verschwunden? Aber wo immer sie auch sein mögen, Paran ist durch das Blut mit einem von ihnen verbunden – «
»Und das macht ihn … unberechenbar«, warf Fäustel ein.
»Was ist am Ende dieses Korridors, den ihr vorhin beschrieben habt?«
»Ich weiß es nicht.«
»Ich auch nicht«, fügte der Schnelle Ben bedauernd hinzu. »Aber ich glaube, wir sollten ihm ein paar zusätzliche Stöße versetzen. Und wenn auch nur, um Paran vor sich selbst zu retten.«
»Und wie sollen wir das tun – was schlägst du vor?«
Der Magier grinste. »Es hat schon angefangen, Kommandant. Dadurch, dass wir ihn mit Silberfuchs zusammengebracht haben. Sie liest in ihm, wie Flickenseel die Drachenkarten gelesen hat, sieht jedes Mal mehr, wenn sie ihn anschaut.«
»Vielleicht sind das einfach nur Flickenseels Erinnerungen, die ihn … ausziehen«, kommentierte Fäustel.
»Sehr witzig«, sagte Elster gedehnt. »Also erforscht Silberfuchs seine Seele – aber es gibt keine Garantie dafür, dass sie uns ihre Entdeckungen mitteilt, oder?«
»Wenn Flickenseels und Nachtfrosts Persönlichkeiten das Mädchen dominieren …«
»Die Zauberin ist in Ordnung, aber Nachtfrost …« Elster schüttelte den Kopf.
»Sie war ein verdammt fieses Stück«, stimmte der Schnelle Ben zu. »Und sie hatte ein Geheimnis. Aber immerhin war sie eine Malazanerin …«
»Von der wir kaum etwas wissen«, sagte der Kommandant grollend. »Nur, dass sie unnahbar war. Kalt.«
»Welches Gewirr hat sie benutzt?«, fragte Fäustel.
»Rashan, soweit ich es sagen kann«, antwortete der Schnelle Ben säuerlich. »Dunkelheit.«
»Das ist also das Wissen, auf das Silberfuchs zurückgreifen kann«, sagte der Heiler nach einem Augenblick.
»Wahrscheinlich instinktiv, bruchstückhaft – ich nehme an, dass nicht viel von Nachtfrost überlebt hat.«
»Bist du dir deiner Sache sicher, Magier?«, fragte Elster.
»Nein.« Über Nachtfrost bin ich mir längst nicht so sicher wie ich vorgebe. Es hat schon andere
Weitere Kostenlose Bücher