SdG 04 - Die eisige Zeit
Herzens in deinen Worten hören«, bemerkte Bruth.
Korlat zuckte die Schultern. »Ein Grund weniger, an meinen Aussagen zu zweifeln, Caladan. In solchen Angelegenheiten bin ich alles andere als sorglos.«
Der Kriegsherr grunzte. »Ich wage es nicht, noch einen weiteren Schritt in diese Richtung zu tun«, sagte er sarkastisch. »Mhybe, bleibe dicht bei deiner Tochter. Solltest du erkennen, dass der Geist von Nachtfrost stärker wird, während der von Flickenseel schwindet, informiere mich sofort.«
Und sollte das wirklich geschehen, wird meine Tochter getötet werden, sobald ich es dir erzähle.
»Ich bin in dieser Angelegenheit«, sagte er, und seine schmalen, farblosen Augen waren unverwandt auf die Mhybe gerichtet, »noch zu keinem endgültigen Ergebnis gekommen. Allerdings könnte ein solches Ereignis auch dazu führen, dass ich die Malazaner direkt bei ihren Bemühungen unterstütze, Flickenseel zum Vorschein zu bringen.«
Die Mhybe zog die Augenbrauen hoch. »Und wie wollt Ihr das tun, Kriegsherr?«
»Vertraut mir«, sagte der Kriegsherr.
Die Rhivi seufzte und nickte dann. »Also gut, ich werde Euch Bescheid geben.«
Die Zeltklappe wurde zurückgeschlagen, und Hurlochel, Bruths Standartenträger, kam herein. »Kriegsherr«, sagte er, »die Gesandtschaft aus Darujhistan nähert sich unserem Lager.«
»Dann wollen wir hinausgehen und sie begrüßen.«
Gleich nach seiner Ankunft schien der mit einem Kapuzenumhang bekleidete Kutscher eingeschlafen zu sein. Die großen, verzierten Doppeltüren des Wagens öffneten sich von innen, und ein Fuß in einem königsblauen Pantoffel erschien. Die Repräsentanten der beiden verbündeten Armeen hatten sich in einem Halbkreis vor dem Wagen und seinem Gespann aus sechs juwelengeschmückten Pferden aufgestellt: Dujek, Elster, Twist und Hauptmann Paran zur Linken, und Caladan Bruth, Kallor, Korlat, Silberfuchs und die Mhybe zur Rechten.
Die Ereignisse der vergangenen Nacht hatten die vorzeitig gealterte Rhivi erschöpft, und ihr Treffen mit Bruth hatte ihr noch einiges mehr an Müdigkeit aufgebürdet – angesichts der harten Fragen des Kriegsherrn war es schwierig gewesen, so viel zurückzuhalten, doch sie hatte das Gefühl, dass es notwendig gewesen war. Das Treffen ihrer Tochter mit Paran war sehr viel angespannter verlaufen und hatte mehr Ungewissheit zurückgelassen, als sie es Bruth gegenüber dargestellt hatte. Und die Stunden, die seither verstrichen waren, hatten die Situation keineswegs verbessert. Ganz im Gegenteil. Das Wiedersehen hatte möglicherweise eine Saite in Silberfuchs zum Klingen gebracht – das Kind hatte der Mhybe seither viel Kraft entzogen und damit dem langsam erlöschenden Leben ihrer Mutter erneut Jahr um Jahr geraubt. Ist das Flickenseel, die hinter diesem fiebrigen Verlangen nach meiner Lebenskraft steckt? Oder Nachtfrost?
Das alles wird bald zu Ende sein. Ich sehne mich nach der Erlösung, nach der Umarmung des Vermummten. Silberfuchs hat jetzt Verbündete. Sie werden tun, was nötig ist, dessen bin ich mir sicher – oh bitte, Geister der Rhivi, gebt mir die Gewissheit. Meine Zeit ist fast vorbei, doch alle um mich herum stellen immer noch Forderungen an mich. Nein, ich kann nicht mehr weiter …
Der in einem Pantoffel steckende Fuß bewegte sich geziert nach unten, tastete sorgsam, bis er den Boden berührte. Ein ziemlich pummeliger Unterschenkel, ein Knie und ein Oberschenkel folgten. Der klein gewachsene, rundliche Mann, der zum Vorschein kam, trug seidene Gewänder in allen Farben; das Ergebnis war ein schrilles Chaos sich beißender Schattierungen. Eine seiner dicklichen Hände umklammerte ein karmesinrot schimmerndes Taschentuch, mit dem er sich jetzt die glänzende Stirn abtupfte. Als er endlich mit beiden Beinen fest auf dem Boden stand, stieß der Daru einen lauten Seufzer aus. »Bei Brands glühendem Herzen, was ist es aber auch heiß!«
Caladan Bruth trat vor. »Willkommen bei der vereinten Befreiungsarmee, Repräsentant der Stadt Darujhistan. Ich bin Caladan Bruth, und dies ist Dujek Einarm …«
Der kleine, rundliche Mann blinzelte kurzsichtig, wischte sich noch einmal über die Stirn, und begann dann zu strahlen. »Repräsentant der Stadt Darujhistan? In der Tat! Keiner wäre besser geeignet, sagt Kruppe, auch wenn er nur ein einfacher Bürger ist, ein neugieriger Stadtbewohner, der nur gekommen ist, dieses Ereignis von großer Tragweite mit freundlichen Blicken zu verfolgen! Kruppe fühlt sich durch Euer förmliches,
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