SdG 04 - Die eisige Zeit
und ich bin es ganz allein – «
Bruth schüttelte den Kopf. »Deine Erklärung ist keine Antwort auf ihre … Ungeduld, Mhybe. Sie behauptet, sie wird die T’lan Imass befehligen. Sie behauptet, sie hätten ihren Ruf gehört. Bedeutet dass nicht im Gegenzug, dass die untoten Armeen sie bereits akzeptiert haben?«
Korlat meldete sich zu Wort. »Kriegsherr, du glaubst, Silberfuchs versucht ihr eigenes Wachstum zu beschleunigen, damit sie ihre Autorität beweisen kann, wenn sie den T’lan Imass von Angesicht zu Angesicht gegenübersteht? Die untoten Armeen werden ein Kind, das sie heraufbeschworen hat, zurückweisen – ist das deine Überzeugung?«
»Ich suche nach dem Grund für das, was sie ihrer Mutter antut, Korlat«, sagte Bruth mit schmerzerfülltem Gesicht.
»Es könnte gut sein, dass Ihr Recht habt, Kriegsherr«, sagte die Mhybe. »Fleisch und Knochen können nur eine begrenzte Menge an Macht aufnehmen – und die Grenze ist immer endlich. Wesen, wie Ihr oder Anomander Rake es seid – und auch du, Korlat –, haben Jahrhunderte zur Verfügung, und das ist auch notwendig, um eine solche Macht wirklich zu beherrschen. Silberfuchs hat nicht so viel Zeit, oder, genauer, ihre Erinnerungen sagen ihr, dass sie sie hat, doch ihr Kinderkörper leugnet solche Erinnerungen. Es wartet also große Macht auf sie, aber um diese Macht vollständig zu beherrschen, muss sie eine erwachsene Frau sein – und selbst dann …«
»Man kann nur aufsteigen, wenn man zuvor Erfahrungen gesammelt hat«, sagte Korlat. »Ein interessanter Gedanke, Mhybe.«
»Und Erfahrung … mäßigt«, nickte die alte Rhivi.
»Davor also fürchtet sich Kallor«, polterte Bruth und stand mit einem ruhelosen Seufzen von seinem Stuhl auf. »Ungezügelte Macht.«
»Es könnte sein«, sagte Korlat mit leiser Stimme, »dass Kallor selbst der Grund für die Ungeduld des Kindes ist – sie versucht, eine Frau zu werden, um seine Ängste zu beschwichtigen.«
»Ich bezweifle, dass er diese Ironie zu schätzen wüsste«, murmelte der Kriegsherr. »Seine Ängste zu beschwichtigen, hast du gesagt?
Nun, wenn ich darüber nachdenke, erscheint es mir wahrscheinlicher, dass sie weiß, dass sie sich früher oder später gegen ihn wird verteidigen müssen …«
»Zwischen den beiden gibt es ein Geheimnis«, murmelte Korlat.
Es wurde still in dem Zelt. Alle drei wussten, dass dies wahr war, und sie waren alle besorgt. Eine der Seelen in Silberfuchs hatte schon früher einmal Kallors Weg gekreuzt – Flickenseel, Bellurdan oder Nachtfrost.
Nach einiger Zeit räusperte sich Bruth.
»Lebenserfahrung … das Kind verfügt doch darüber, oder nicht, Mhybe? Die beiden malazanischen Zauberinnen und der Magier …«
Die Mhybe lächelte müde. »Ein Thelomen, zwei Frauen und ich – ein Vater und drei widerwillige Mütter für dasselbe Kind. Die Präsenz des Vaters erscheint so schwach, dass ich mittlerweile vermute, er existiert nur noch in Nachtfrosts Erinnerungen. Was die beiden Frauen angeht, so versuche ich herauszubekommen, wer sie waren, und was ich bisher über Flickenseel erfahren habe, beruhigt mich.«
»Und was ist mit Nachtfrost?«, wollte Korlat wissen.
»Hat Rake sie nicht vor Fahl getötet?«, warf Bruth ein.
»Nein, Nachtfrost wurde von hinten getötet; sie wurde vom Hohemagier Tayschrenn verraten«, erwiderte die Tiste Andii. »Wir sind davon in Kenntnis gesetzt worden«, fügte sie trocken hinzu, »dass Tayschrenn inzwischen wieder zur Imperatrix geflohen ist.« Korlat blickte die Mhybe an. »Was hast du über Nachtfrost herausbekommen?«
»Ich habe Dunkelheit in Silberfuchs aufzucken sehen«, entgegnete die Rhivi widerstrebend, »die ich Nachtfrost zuordnen würde. Brodelnde Wut, einen Durst nach Rache, wahrscheinlich auf Tayschrenn gerichtet. Irgendwann, vielleicht schon bald, wird es einen Zusammenstoß zwischen Flickenseel und Nachtfrost geben – und die Siegerin wird danach das Wesen meiner Tochter bestimmen.«
Bruth schwieg für vielleicht ein halbes Dutzend Atemzüge lang, dann sagte er: »Was können wir tun, um dieser Flickenseel zu helfen?«
»Die Malazaner versuchen genau das zu tun, Kriegsherr. Viel wird von ihren Bemühungen abhängen. Wir müssen Vertrauen in sie haben. In Elster und in Hauptmann Paran – den Mann, der einst Flickenseels Liebhaber war.«
»Ich habe mit Elster gesprochen«, sagte Korlat. »Er besitzt eine unerschütterliche Rechtschaffenheit, Kriegsherr. Ein ehrenhafter Mann.«
»Ich kann die Stimme deines
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