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SdG 05 - Der Tag des Sehers

SdG 05 - Der Tag des Sehers

Titel: SdG 05 - Der Tag des Sehers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Erikson
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was Ihr bei den Verhandlungen gesagt habt. Schwachsinn. Wenn ich Euch male, werde ich den vortrefflichen Fehlschlag mit einbeziehen – vielleicht in Eurer Haltung, vielleicht in Eurem Blick oder in dem, worauf er ruht. Eine gewisse Anspannung in den Schultern, ja, ich glaube, ich kann es jetzt sehen. Genau. Hervorragend.«
    »Seid Ihr Malazaner?«
    »Natürlich bin ich Malazaner! Kümmert sich Bruth auch nur einen Deut um Geschichtsschreibung? Nein, das tut er nicht. Aber der alte Imperator hat es getan! Oh ja, das hat er, das hat er tatsächlich getan! In jeder Armee waren Künstler! Auf jedem Feldzug!
    Scharfäugige Künstler von höchster Begabung – ja, darf ich es wagen, es auszusprechen –, Genies. Genies wie Ormulogun von Li Heng!«
    »Ich fürchte, diesen Namen habe ich noch nie gehört – war er ein großer Künstler des malazanischen Imperiums?«
    »War? Er ist es immer noch! Ich bin natürlich Ormulogun von Li Heng. Unzählige Male kopiert, nie übertroffen! Ormulogun seraith Gambl!«
    »Ein beeindruckender Titel – «
    »Das ist kein Titel, Dummkopf. Gambl ist mein Kritiker.« Er deutet mit einer Geste auf die Kröte und sagte dann zu ihr: »Präge ihn dir gut ein, Gambl, damit du zur Kenntnis nehmen kannst, wie brillant ich ihn darstellen werde. Er steht aufrecht, nicht wahr? Doch mögen seine Knochen auch aus Eisen sein, sie tragen die Last von hunderttausend Grundsteinen … oder Seelen, um es genauer zu sagen. Und dann seine Gesichtszüge, was? Schau sorgfältig hin, Gambl, damit du dir ein umfassendes Urteil über diesen Mann bilden kannst. Und eins solltest du wissen, auch wenn ich alles, was er ist, auf der Leinwand eingefangen habe, auf der ich die Verhandlungen vor Capustan festgehalten habe … eins solltest du wissen … in jenem Bild wirst du sehen, dass Itkovian noch nicht am Ende ist.«
    Der Soldat zuckte überrascht zusammen.
    Ormulogun grinste. »Oh ja, Krieger, ich sehe allzu gut für dein Wohlbefinden, was? Nun, Gambl, spuck deinen Kommentar aus, denn ich weiß, dass die Woge der Bemerkungen sich aufbaut! Also mach schon!«
    »Du bist verrückt«, sagte die Kröte lakonisch. »Vergebt ihm, Schild-Amboss, er macht die Farbe in seinem Mund weich. Sie hat sein Gehirn vergiftet – «
    »Vergiftet, gepökelt, pochiert, ja, ja, ich habe schon alle Variationen von dir gehört, bis mir schlecht war!«
    »Übelkeit ist zu erwarten«, erwiderte die Kröte und blinzelte schläfrig. »Schild-Amboss, ich bin kein Kritiker. Nur ein bescheidener Beobachter, der, wenn er dazu in der Lage ist, im Namen der sprachlosen Massen spricht, die auch als das gemeine Volk oder genauer gesagt als der Pöbel bekannt sind. Ein Publikum, das – wie Ihr verstehen müsst – völlig unfähig zur Selbstverwirklichung oder zu triftiger Artikulation ist und daher einen deprimierend ordinären Geschmack hat, wenn es nicht davon in Kenntnis gesetzt wird, was ihm wirklich gefällt. Meine dürftige Gabe besteht dementsprechend in der Übermittlung eines ästhetischen Rahmens, an dem die meisten Künstler sich erhängen.«
    »Hah, du Schleimbeutel! Hah! Was bist du schleimig! Hier hast du eine Fliege!« Ormulogun schob seine farbverschmierten Finger in einen Beutel, der neben ihm lag. Er zog eine Bremse heraus und warf sie der Kröte zu.
    Das immer noch lebende Insekt, das jedoch keine Flügel mehr hatte, landete direkt vor Gambl, der einen Satz nach vorn machte und es mit einem blitzschnellen Zucken seiner rosafarbenen Zunge verschlang. »Wie gesagt – «
    »Einen Augenblick bitte«, unterbrach ihn Itkovian.
    »Ich gestehe Euch einen Augenblick zu«, sagte die Kröte, »so er denn bewundernswerte Kürze besitzt.«
    »Ich danke Euch, mein Herr. Ormulogun, Ihr habt gesagt, dass es die Praxis des malazanischen Imperators war, seinen Armeen Künstler zuzuteilen. Wahrscheinlich, um Augenblicke von historischer Bedeutung aufzuzeichnen. Aber ist Einarms Heerhaufen nicht ausgestoßen? Für wen malt Ihr dann also?«
    »Ein Bericht über die Ächtung ist unentbehrlich! Außerdem hatte ich kaum eine andere Wahl, als mich der Armee anzuschließen. Was sollte ich Eurer Meinung nach denn sonst tun – Sonnenuntergänge auf die Pflastersteine von Darujhistan malen, um mir meinen Lebensunterhalt zu verdienen? Ich war plötzlich auf dem falschen Kontinent! Und was die so genannte Gemeinschaft von Kunsthandwerkern und Schirmherren in der so genannten Stadt Fahl und ihren so genannten Stil des Ausdrucks angeht – «
    »Sie haben dich

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