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SdG 05 - Der Tag des Sehers

SdG 05 - Der Tag des Sehers

Titel: SdG 05 - Der Tag des Sehers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Erikson
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ging auf den einsamen Mann zu. »Gehört ihr zu Motts Irregulären?«, fragte er.
    »Hochmarschall Stiege«, antwortete er mit einem schiefen Grinsen. »Ich bin froh, dass Ihr hier seid – ich kann diese kleinen Burschen nicht verstehen. Dabei habe ich mich wirklich angestrengt. Wahrscheinlich sprechen sie eine andere Sprache.«
    Grantl blickte mit ausdruckslosem Gesicht zurück zu Itkovian und wandte sich dann wieder dem Hochmarschall zu. »Ja, das tun sie. Steht Ihr hier schon lange?«
    »Seit letzter Nacht. Eine Menge Leute sind auf die andere Seite gegangen. Eine Menge. Ich habe zugeschaut, wie sie die Boote miteinander verbunden haben. Sie waren schnell. Die Malazaner kennen sich wirklich mit Holz aus. Habt Ihr gewusst, dass Elster Lehrling bei einem Steinmetz war, bevor er Soldat geworden ist?«
    »Nein, das wusste ich nicht. Was hat das mit Zimmererarbeit zu tun, Hochmarschall?«
    »Nichts. Ich hab’s nur so erwähnt.«
    »Wartet Ihr auf den Rest Eurer Kompanie?«
    »Eigentlich nicht, obwohl die bestimmt früher oder später auftauchen. Sie werden natürlich erst nach den Bhederin kommen, damit sie den Dung aufsammeln können. Diese kleinen Burschen da machen das auch. Wir haben deswegen ein paar Auseinandersetzungen mit ihnen gehabt, müsst Ihr wissen. Raufereien. Normalerweise sind die gutmütig. Seht, was sie da tun – kicken den ganzen Dung auf einen Haufen und bewachen ihn. Wenn ich ihnen noch ein bisschen näher komme, ziehen sie ihre Messer.«
    »Nun, dann würde ich vorschlagen, dass Ihr nicht näher rangeht, Hochmarschall.«
    Stiege grinste erneut. »Dann gäb’s ja gar keinen Spaß mehr. Ich warte hier nicht umsonst, müsst Ihr wissen.«
    Itkovian stieg nun ebenfalls ab und gesellte sich zu ihnen.
    Grantl drehte sich zu den Hirten um und sagte in leidlichem Rhivi: »Wer von euch hat hier den Befehl?«
    Ein drahtiger alter Mann blickte auf, trat vor. »Sagt ihm, er soll weggehen!«, schnappte er und deutete mit einem Finger auf Hochmarschall Stiege.
    »Tut mir Leid«, erwiderte Grantl schulterzuckend, »ich fürchte, ich kann ihm nicht befehlen, irgendetwas zu tun. Ich bin für meine Legion und die Grauen Schwerter hier. Wir würden den Fluss gerne … vor dem Rest eurer Herde überqueren – «
    »Nein. Das könnt Ihr nicht. Nein. Ihr müsst warten. Die Bhederin mögen es nicht, wenn sie aufgeteilt werden. Dann werden sie nervös. Unglücklich. Wir müssen sie beruhigen, damit sie rübergehen. Das könnt Ihr doch sehen, oder? Nein, Ihr werdet warten müssen.«
    »Nun, was glaubt Ihr, wie lange wird das dauern?«
    Der Rhivi zuckte die Schultern. »Es wird zu Ende sein, wenn es zu Ende ist.«
    Die nächsten dreihundert Bhederin kamen den Dammweg heraufgepoltert. Die Hirten gingen ihnen entgegen.
    Grantl hörte ein sattes Geräusch, dann schrien alle Rhivi auf und kamen zurückgerannt. Der Daru drehte sich um und sah Hochmarschall Stiege, der das Vorderteil seines Hemdes mit einem großen Haufen Dung gefüllt hatte, schnell wie einen Blitz die Rampe hinaufrennen und dann auf das Flussboot hinunterspringen.
    Ein einziger Rhivi-Hirte, der eindeutig zurückgelassen worden war, um den Dung zu bewachen, lag lang ausgestreckt neben dem geplünderten Haufen; er war bewusstlos, und an seinem Kinn prangte der rote Abdruck einer großen, knochigen Faust.
    Grantl grinste den alten Hirten an, der wild herumhüpfte und vor Wut schäumte.
    Itkovian trat an seine Seite. »Habt Ihr das gesehen, mein Herr?«
    »Nein, leider nicht – nur die letzten Augenblicke.«
    »Der Schlag kam praktisch aus dem Nichts – ich habe nicht einmal gesehen, wie er an den Mann herangetreten ist. Der arme Rhivi ist einfach umgefallen, wie ein Sack … ein Sack – «
    »Dung?«
    Nach einem langen Moment – einem so langen Moment, dass Grantl schon glaubte, was er gehofft hatte, würde nie eintreten – lächelte Itkovian.
     
    Regenwolken waren vom Meer herangerollt, der Regen wurde von stürmischen Winden getrieben, und jeder Tropfen prasselte auf Helme, Schilde und lederne Regenumhänge herab, mit solcher Wucht, dass er zu Nebel zerbarst. Das verlassene Ackerland überall um sie herum verschwand hinter einer grauen Mauer, die Handelsstraße verwandelte sich unter Hufen, Wagenrädern und Stiefeln in zähen Schlamm.
    Während das Wasser durch sein Visier strömte – das er in einem nur teilweise erfolgreichen Versuch, sich den Regen aus den Augen zu halten, heruntergelassen hatte –, bemühte sich Elster, die Szene zu begreifen.

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