SdG 05 - Der Tag des Sehers
Nekromanten richteten sich auf Buke. »Und was diese absonderliche Zauberei dieses Priesters namens Keruli betrifft, die du nun in dir trägst, teurer Bediensteter, möchte ich dich bitten, sie nicht zu benutzen. Wir legen keinen Wert auf Gesellschaft, wenn wir unsere Wechselgänger-Gestalt angenommen haben.«
Es fehlte nicht viel, und Bukes Beine hätten unter ihm nachgegeben.
»Emancipor«, murmelte Bauchelain, »biete unserem Wachmann deine Schulter, damit er sich darauf stützen kann.«
Der alte Mann trat zu ihnen. Er hatte die Augen so weit aufgerissen, dass Buke rings um die Pupille das Weiße sehen konnte. Sein runzliges Gesicht war schweißnass. »Ich hab dir doch gesagt, dass es Wahnsinn ist!«, zischte er. »Was hat Keruli mit dir gemacht? Verdammt, Buke–«
»Halt die Klappe, Mancy«, knurrte Buke. »Du hast gewusst, dass sie Wechselgänger sind, aber du hast nichts gesagt – und Keruli hat es auch gewusst.«
Bauchelain schritt zum Hauptgebäude hinüber und summte dabei leise vor sich hin.
Buke drehte sich um und packte Emancipor an der Tunika. »Ich kann ihnen jetzt folgen !Dank Kerulis Geschenk! Ich kann den beiden überallhin folgen!«
»Sie werden dich töten. Sie werden dich totschlagen. Oh, Buke, der Vermummte soll dich holen – was bist du nur für ein verdammter Idiot!«
Buke brachte ein verzerrtes Lächeln zustande. »Der Vermummte soll mich holen? Oh ja, Mancy, das wird er. Er wird uns alle holen. Oder vielleicht nicht? Uns alle wird samt und sonders der Vermummte holen.«
Ein schreckliches, aus der Ferne heranklingendes Geschrei unterbrach sie, ein Geräusch, das durch die Stadt wogte, von allen Seiten heranschwappte.
Emancipor wurde blass. »Die Tenescowri …«
Doch Bukes Aufmerksamkeit wurde mittlerweile vom rechteckigen Turm des Hauptgebäudes angezogen, von den offenen Fenstern des Raums im obersten, dritten Stock. Wo jetzt zwei Krähen saßen. »Oh ja«, murmelte er und bleckte die Zähne, »ich kann euch sehen. Ihr geht ihn suchen, stimmt’s? Diesen … Anaster, das Erste Kind des Toten Samens. Ihr geht ihn suchen …«
Die Krähen ließen sich vom Fenstersims fallen, breiteten die Schwingen aus und glitten dicht über dem Boden über den Hof, bevor sie mit schweren, deutlich hörbaren Flügelschlägen an Höhe gewannen und über die Hofmauer davonflogen. Nach Südosten.
Buke stieß Reese von sich. »Ich kann ihnen folgen! Oh ja. Kerulis süßes Geschenk …« Meine eigene Wechselgänger-Gestalt, die Form der Flügel, die Luft, die unter mir und über mich hinwegströmt. Oh, ihr Götter – was für eine Freiheit! Was ich will … findet seine Gestalt – Er spürte, wie sein Körper sich verwandelte; süße Wärme floss durch seine Glieder, ein würziger Duft stieg von seiner Haut auf, als sie sich in ein Federkleid verwandelte. Sein Körper schrumpfte, veränderte seine Gestalt. Schwere Knochen wurden dünner, leichter …
Kerulis süßes Geschenk, das noch viel süßer ist, als er es sich jemals vorgestellt hat. Fliegen! Davonfliegen! Alles hinter mir lassen, was ich einst war! Alles, was ich einst gewesen hin! Meine Bürde verschwindet! Oh, ich kann diesen beiden schrecklichen Kreaturen folgen, diesen geflügelten Albträumen. Ich kann ihnen folgen, und wo sie mühsam auf den unsichtbaren Strömungen am Himmel dahintreiben, drehe ich mich, schieße hierhin und dorthin, rase wie der Blitz!
Emancipor stand noch immer mitten auf dem Hof und beobachtete mit wässrigen Augen Bukes Veränderung. Der Karawanenwächter wurde plötzlich unscharf, schien sich nach innen zu wölben, und die Luft war von einem würzigen Geruch erfüllt. Emancipor sah zu, wie der Sperber, der eben noch Buke gewesen war, in einer übermütigen Spirale emporstieg.
»Na klar«, murmelte er. »Du kannst Kreise um sie herum fliegen, Buke. Aber, mein lieber Freund, wenn sie auf die Idee kommen sollten, dich totzuschlagen, dann wird das kein Duell von Flügeln und Krallen. Das wird dann mit Zauberei geschehen. Diese schwerfälligen Krähen brauchen nicht schnell zu sein, nicht behände zu sein – und diese Geschenke werden dir nichts nützen, wenn es so weit ist. Ach, Buke … du armer Narr …«
Hoch über Capustan zog der Sperber seine Kreise. Die beiden Krähen, Bauchelain und Korbal Broach, befanden sich tief unter ihm, doch mit seinen Raubvogelaugen waren sie gut zu erkennen. Sie schlugen schwerfällig mit den Flügeln und flogen durch Rauchschleier südostwärts, am Osttor vorbei …
Die
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