SdG 06 - Der Krieg der Schwestern
entfesselte eine Woge, die sich wie eine Decke auf den Teblor herabsenkte – und die dieser in gedankenloser Leichtigkeit entzweiriss; seine Schreie gellten durch die Nachtluft, hallten von den nahe gelegenen Gebäuden wider, schallten hinaus auf den überfüllten Hafen.
»Ihr da!« Malazanische Worte, laut gebrüllt, dann das rasch näher kommende Rasseln und Klappern gerüsteter Soldaten.
»Das ist ein entflohener Sklave, Ihr Herren!«, sagte Silgar hastig. »Wir haben ihn gerade wieder eingefangen, wie Ihr sehen könnt – «
»Ein entflohener Sklave? Dann lasst uns doch mal sein Brandzeichen sehen – «
Das waren die letzten Worte, die Karsa mitbekam, ehe die Schmerzen in seinen Händen und Füßen ihn ins Dunkel des Vergessens sinken ließen.
Als er erwachte, hörte er direkt über sich malazanische Worte. »… außergewöhnlich. So etwas … solche Selbstheilungkräfte habe ich noch nie gesehen. Er hat diese Fesseln einige Zeit lang umgehabt, Sergeant. Einem normalen Menschen müsste ich jetzt Hände und Füße amputieren.«
Eine andere Stimme sprach. »Sind alle Fenn so wie der hier?«
»Nicht, dass ich wüsste. Vorausgesetzt, er ist tatsächlich ein Fenn.«
»Nun, was sollte er sonst sein? Er ist so groß wie zwei Dal Honesen zusammen.«
»Ich weiß nicht, Sergeant. Bevor ich hierher versetzt wurde, kannte ich gerade mal einen einzigen Ort gut – sechs krumme Straßen in Li Heng. Selbst von den Fenn kannte ich nur den Namen und irgendwelche vagen Beschreibungen, in denen es hieß, sie seien Riesen. Riesen, die schon seit Jahrzehnten nicht mehr gesehen worden waren. Die Sache ist die: Dieser Sklave war in schlechter Verfassung, als du ihn hierher gebracht hast. Er ist ziemlich übel zusammengeschlagen worden, und jemand hat ihm einen Hieb versetzt, der ihm ein paar Rippen gebrochen hat – wer auch immer das gewesen sein mag, mit dem würde ich mich wirklich nicht anlegen wollen. Trotzdem sind die Schwellungen in seinem Gesicht schon fast vollständig abgeheilt – ohne das, was ich dazu beigetragen habe –, und die blauen Flecken verschwinden beinahe vor unseren Augen.«
Karsa tat weiter so, als wäre er noch bewusstlos, und hörte zu, wie der Sprecher einen Schritt zurücktrat. Dann fragte der Sergeant: »Das heißt, der Bastard ist nicht in Lebensgefahr.«
»Soweit ich sehen kann, nicht.«
»Gut, das reicht mir, Heiler. Du kannst gehen.«
»In Ordnung, Sergeant.«
Bewegung, Schritte von schweren Stiefeln auf Fliesen, das Geräusch einer Tür mit eisernem Riegel; dann, als die Echos verklangen, hörte der Teblor in der Nähe jemanden atmen.
Von fern war irgendwelches Geschrei zu hören; es war nur schwach und klang gedämpft durch die steinernen Mauern, doch Karsa glaubte, die Stimme zu erkennen – es war die von Sklavenmeister Silgar. Der Teblor schlug die Augen auf. Eine niedrige, rußgeschwärzte Decke – nicht hoch genug, als dass er hätte aufrecht stehen können. Er lag auf einem mit Stroh bestreuten, schmierigen Fußboden. Es gab praktisch kein Licht, abgesehen von einem schwachen Schimmer, der vom Laufgang jenseits der vergitterten Tür hereinfiel.
Sein Gesicht schmerzte; er spürte ein merkwürdig stechendes Prickeln auf seinen Wangen, seiner Stirn und entlang seines Kinns.
Karsa setzte sich auf.
Es war noch jemand anderes in der kleinen fensterlosen Zelle, zusammengekauert in einer dunklen Ecke. Die Gestalt grunzte und sagte etwas in einer der Sprachen, die im Reich der Sieben Städte gesprochen wurden.
Nach wie vor strahlte ein dumpfer Schmerz von Karsas Händen und Füßen aus. Sein Mund war trocken und fühlte sich verbrannt an, als hätte er gerade heißen Sand geschluckt. Er rieb sich über das prickelnde Gesicht.
Einen Augenblick später versuchte es der Mann auf malazanisch. »Wenn du ein Fenn wärst, würdest du mich wahrscheinlich verstehen.«
»Ich verstehe dich, aber ich bin keiner von diesen Fenn.«
»Ich habe gesagt, es hört sich an, als würde dein Herr seinen Aufenthalt im Gefängnis nicht sonderlich genießen.«
»Ist er auch eingesperrt worden?«
»Aber natürlich. Die Malazaner sperren gerne Leute ein. Du hattest kein Brandzeichen. Nach imperialen Gesetzen war es daher illegal, dich als Sklaven zu halten.«
»Dann müssten sie mich freilassen.«
»Das ist sehr unwahrscheinlich. Dein Herr hat zugegeben, dass du in die Otataral-Minen geschickt werden solltest. Du warst auf einem Schiff, das von Genabaris losgefahren ist und das du verflucht
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