SdG 06 - Der Krieg der Schwestern
klirrend, und Karsa trat von der Gittertür zurück, als ein Trupp Soldaten auftauchte. Die drei vordersten hatten ihre Schwerter blankgezogen, während die vier hinter ihnen große, gespannte Armbrüste in den Händen hielten. Einer der Schwertkämpfer trat an die Tür heran. Er blieb kurz stehen, als er Karsa sah. »Vorsichtig«, sagte er zu seinen Kameraden. »Der Wilde ist aufgewacht.« Er musterte den Teblor und sagte: »Mach keine Dummheiten, Fenn. Uns ist es egal, ob du lebst oder nicht – die Minen sind voll, da wird dich niemand vermissen. Hast du mich verstanden?«
Karsa bleckte die Zähne, sagte jedoch nichts.
»Du da, in der Ecke, hoch mit dir. Es ist Zeit für ein bisschen Sonne.«
Der Fremde stand langsam auf. Er trug nur ein paar Fetzen am Leib. Er war schlank und dunkelhäutig, doch seine Augen waren von einem überraschend hellen Blau. »Ich verlange eine ordentliche Gerichtsverhandlung, wie es mir nach imperialem Recht zusteht.«
Der Wächter lachte. »Gib’s auf. Man hat dich erkannt. Wir wissen genau, wer du bist. Tja, dein Geheimbund hält nicht ganz so dicht, wie du vielleicht denkst. Von einem deiner eigenen Leute verraten – na, wie fühlst du dich jetzt? Na los, mach schon, du kommst zuerst raus. Jibb, du und Möwenfleck, ihr haltet eure Armbrüste weiter auf den Fenn gerichtet – mir gefällt sein Grinsen nicht. Vor allem jetzt nicht«, fügte er hinzu.
»Oh, sieh nur«, sagte ein anderer Soldat, »du hast den armen Ochsen ganz verwirrt. Wetten, er weiß noch gar nicht, dass sein Gesicht jetzt eine einzige Tätowierung ist. Kritzl hat allerdings gute Arbeit geleistet. Das ist das Beste, was ich seit langem gesehen habe.«
»Richtig«, meinte ein anderer gedehnt, »und wie viele Tätowierungen von entflohenen Gefangenen hast du schon gesehen, Jibb?«
»Nur eine, und die ist ein Kunstwerk.«
Nun war Karsa endlich klar, wieso sein Gesicht so prickelte. Er griff nach oben, versuchte, etwas von dem Muster zu erspüren, und fuhr langsam an Linien von leicht erhöhten, feuchten Streifen roher Haut entlang. Sie berührten einander nicht. Er konnte sich keinen Reim darauf machen, was die Tätowierung darstellen sollte.
»Zersprungen«, sagte der andere Gefangene, während er zur Tür ging, die der erste Wächter aufschloss und aufstieß. »Das Brandmal lässt dein Gesicht aussehen, als wäre es zersprungen.«
Zwei Wächter geleiteten den Mann nach draußen; die anderen warteten auf ihre Rückkehr, wobei sie Karsa die ganze Zeit nervös beobachteten. Einer der Armbrustschützen, auf dessen hoher Stirn weiße Flecken zu sehen waren – was den Teblor annehmen ließ, dass er der Mann namens Möwenfleck war –, lehnte sich an die gegenüberliegende Mauer und sagte: »Ich weiß nicht, ich glaube, Kritzl hat es zu groß gemacht – er war vorher schon ziemlich hässlich, aber jetzt sieht er verdammt Furcht erregend aus.«
»Na und?«, fragte ein anderer Wächter. »Es gibt eine Menge Wilde in den Hügeln, die ihre eigenen Gesichter mit dem Messer übel zurichten, um Rekruten mit weichen Knien wie dich zu erschrecken, Möwenfleck. Barghast und Semk und Khundryl, aber wenn es gegen eine malazanische Legion geht, brechen sie alle gleichermaßen zusammen.«
»Nun, wir haben in letzter Zeit keine von denen vernichtend geschlagen, oder?«
»Das liegt nur daran, dass die Faust in ihrer Festung hockt und will, dass wir sie jede Nacht zu Bett bringen. Adlige Offiziere – was erwartest du da?«
»Das könnte sich ändern, wenn die Verstärkung eintrifft«, sagte Möwenfleck. »Das Ashok-Regiment kennt diese Gegend – «
»Und genau das ist das Problem«, gab der andere zurück. »Wenn diese Rebellion diesmal tatsächlich stattfindet, wer sagt, dass sie nicht zu den Rebellen überlaufen? Wir könnten in unseren eigenen Betten breit grinsende Kehlen verpasst bekommen. Schlimm genug, dass die Roten Klingen auf den Straßen für Unruhe sorgen …«
Die Wächter kehrten zurück.
»Also, Fenn, jetzt bist du an der Reihe. Mach es uns leicht, dann wird es auch für dich leicht. Geh los. Langsam. Komm nicht zu dicht an uns ran. Und, glaube mir, die Minen sind nicht so schlecht, wenn man die Alternativen bedenkt. In Ordnung, komm jetzt.«
Karsa sah keinen Grund, ihnen Ärger zu machen.
Sie gelangten in einen sonnenbeschienenen Innenhof. Dicke, hohe Mauern umgaben den breiten Exerzierplatz. Eine Anzahl viereckiger, solide wirkender Gebäude ragte aus drei der vier Mauern; entlang der gesamten Länge
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