SdG 06 - Der Krieg der Schwestern
für irgendwas, doch du hast nie gelernt zu fragen.«
Ruud stand langsam auf, streckte sich lang und wohlig. Dann schwang der kräftige Kopf herum, funkelnde Augen richteten sich auf Kalam.
»Die Hunde sind beunruhigt«, murmelte Cotillion.
»Was du nicht sagst«, erwiderte der Assassine trocken.
»Ich habe einige Aufgaben zu erledigen«, fuhr der Gott fort, »die in naher Zukunft einen großen Teil meiner Zeit in Anspruch nehmen werden. Während gleichzeitig gewisse andere … Aktivitäten unternommen werden müssen. Es ist eine Sache, einen loyalen Untertan zu finden, doch es ist eine ganz andere, einen zu finden, der gerade so günstig positioniert ist, dass er von praktischem Nutzen sein kann – «
Kalam stieß ein bellendes Lachen aus. »Du bist losgezogen, um treue Diener zu suchen, und hast festgestellt, dass deine Untertanen deinen Erwartungen nicht entsprechen.«
»Wir könnten den ganzen Tag über die Deutung von diesem und jenem streiten«, sagte Cotillion gedehnt.
In der Stimme des Gottes schwang hörbar Ironie mit, und das gefiel Kalam. Trotz seiner Vorsicht musste er zugeben, dass er Cotillion eigentlich mochte. Onkel Cotillion, wie der junge Panek ihn nannte. Wenn man den Patron der Assassinen und Schattenthron miteinander verglich, schien nur der Erstere bereit und fähig, seine Handlungen zumindest ansatzweise in Frage zu stellen – und wäre daher überhaupt in der Lage gewesen, sich beschämt zu fühlen. Selbst wenn die Wahrscheinlichkeit, dass er es tatsächlich war, nur gering war. »Einverstanden«, erwiderte Kalam. »Nun gut, Minala hat im Augenblick kein Interesse daran, mein hübsches Gesicht zu sehen. Was dazu führt, dass ich mehr oder weniger die Freiheit habe – «
»Und kein Dach über dem Kopf.«
»Und kein Dach über dem Kopf, stimmt. Glücklicherweise scheint es in deiner Sphäre niemals zu regnen.«
»Ach«, murmelte Cotillion, »meine Sphäre.«
Kalam musterte Ruud. Das Tier hatte ihn die ganze Zeit unverwandt angestarrt. Diese unentwegte Aufmerksamkeit machte den Assassinen allmählich nervös. »Wird euer Anspruch – deiner und der Schattenthrons – denn bedroht?«
»Diese Frage ist nicht leicht zu beantworten«, murmelte Cotillion. »Es hat … Beben gegeben. Erschütterungen …«
»Wie du gesagt hast – die Hunde sind beunruhigt.«
»Das sind sie in der Tat.«
»Ihr wollt mehr über euren potenziellen Feind wissen?«
»Ja, das wollen wir.«
Kalam musterte das Tor, die wirbelnden Schatten auf der Schwelle. »Wo soll ich anfangen?«
»Ich vermute, es passt zu deinen eigenen Wünschen.«
Der Assassine starrte den Gott an und nickte dann langsam.
Im Zwielicht der Abenddämmerung, als das Meer ruhig wurde, kamen Möwen von den Untiefen herübergeflogen, um sich am Strand niederzulassen. Schlitzer hatte Treibholz gesammelt und ein Feuer entfacht, mehr aus dem Bedürfnis heraus, überhaupt irgendetwas zu tun, als aus dem Wunsch nach Wärme, denn die kanesische Küste war subtropisch, die Brise, die von den Hügeln herunterwehte, schwach und schwül. Der Daru hatte Wasser aus der Quelle geholt, die am Rand des Pfads lag, und kochte sich nun einen Tee. Über ihm erschienen die ersten Sterne am Himmel.
Die Frage, die Apsalar früher an diesem Nachmittag gestellt hatte, war unbeantwortet geblieben. Schlitzer war noch nicht bereit, nach Darujhistan zurückzukehren, und er spürte nichts von der Ruhe, von der er erwartet hatte, dass sie sich nach der Erfüllung ihrer Aufgabe einstellen würde. Rellock und Apsalar waren schließlich zu ihrem Zuhause zurückgekehrt und hatten einen Ort vorgefunden, an dem der Tod umging – er hatte seinen tödlichen Duft in die Seele des alten Mannes gesenkt und diesem verlorenen Strand einen weiteren Geist hinzugefügt. Jetzt gab es für sie hier nichts mehr.
Schlitzers eigene Erfahrungen hier im malazanischen Imperium waren – wie er sehr wohl wusste – verzerrt und unvollständig. Eine einzige Nacht voller Gewalt in der Stadt Malaz, gefolgt von drei angespannten Tagen in Kan, die mit noch mehr Morden geendet hatten. Sicher, das Imperium war ein Ort, der ihm fremd war, und man konnte nicht erwarten, dass die Verhältnisse hier mit denen, die er aus Darujhistan kannte, in Einklang standen, doch das, was er überhaupt an Alltagsleben in den Städten mitbekommen hatte, hatte von einem ausgeprägteren Sinn für Rechtmäßigkeit, für Ruhe und Ordnung gezeugt. Dennoch waren es die Kleinigkeiten, die sein Empfindungsvermögen
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