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SdG 06 - Der Krieg der Schwestern

SdG 06 - Der Krieg der Schwestern

Titel: SdG 06 - Der Krieg der Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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sich herum nur mehr oder weniger verschwommen wahrnehmen konnte, so stieg ihm doch der würzige Duft in die Nase und ließ einen angenehmen Geschmack auf seiner Zunge zurück.
    Die Hitze der Wüstensonne war niederschmetternd und grausam.
    Sie verfügte über eine eigene Macht, eine alles durchdringende, unbarmherzige Macht, die die Heilige Wüste in ein Gefängnis verwandelte. Heboric hatte sich angewöhnt, diese Hitze zu verachten, das Reich der Sieben Städte zu verfluchen und einen beständigen Hass auf seine Bewohner zu kultivieren. Und jetzt war er mitten unter ihnen gefangen. Die Barriere, die der Wirbelwind schuf, machte keine Unterschiede; sie war sowohl für jene draußen als auch für die im Inneren undurchdringlich – je nach Belieben der Erwählten.
    Seitlich von ihm bewegte sich etwas, eine verschwommen erkennbare, schlanke, dunkelhaarige Gestalt. Die sich neben ihn setzte.
    Heboric lächelte. »Ich dachte, ich wäre allein.«
    »Wir sind beide allein, Geisterhand.«
    »Daran muss weder ich noch du erinnert werden, Felisin.« Felisin die Jüngere, aber das ist ein Name, den ich nicht laut aussprechen darf. Die Mutter, die dich adoptiert hat, Schätzchen, hat ihre eigenen Geheimnisse. »Was hast du da in der Hand?«
    »Schriftrollen«, erwiderte das Mädchen. »Von Mutter. Sie hat anscheinend ihr Verlangen danach, Gedichte zu schreiben, wieder entdeckt.«
    Der tätowierte ehemalige Priester gab ein Brummen von sich. »Ich dachte, es wäre Liebe und nicht Verlangen.«
    »Du bist kein Dichter«, sagte sie. »Etwas klar und deutlich auszusprechen ist jedenfalls ein echtes Talent; heutzutage ist es Aufgabe der Dichter, alles unter Nebelschleiern zu begraben.«
    »Du bist eine gnadenlose Kritikerin, Schätzchen«, bemerkte Heboric.
    »Die Anrufung des Schattens nennt sie es. Oder, genauer gesagt, sie schreibt an einem Gedicht, das ihre eigene Mutter angefangen hat.«
    »Nun ja, Schatten ist eine trübe Sphäre. Ganz offensichtlich hat sie einen Stil gewählt, der zum Thema passen soll, vielleicht sogar zum Stil ihrer eigenen Mutter.«
    »Das passt ein bisschen zu gut, Geisterhand. Denk nur daran, wie man Korbolo Doms Armee mittlerweile nennt. Hundeschlächter.
    Das, alter Mann, ist Poesie. Ein Name, hinter dem sich trotz allem Getöse mangelndes Selbstvertrauen verbirgt. Ein Name, der zu Korbolo Dom selbst passt, der voller Angst breitbeinig dasteht.«
    Heboric streckte einen Arm aus und pflückte die erste Blüte. Er hielt sie sich kurz unter die Nase, bevor er sie in den Lederbeutel an seinem Gürtel steckte. »›Voller Angst breitbeinig‹. Ein interessantes Bild, Schätzchen. Aber ich kann keine Furcht in dem Napanesen erkennen. Die malazanische Armee, die sich in Aren sammelt, besteht aus gerade mal drei armseligen Legionen – Rekruten, wohlgemerkt. Und sie wird von einer Frau befehligt, die über keinerlei Erfahrung verfügt. Korbolo Dom hat keinen Grund, Angst zu haben.«
    Das trillernde Lachen des jungen Mädchens schien einen eisigen Pfad durch die Luft zu schneiden. »Er hat keinen Grund, Geisterhand? Genau betrachtet hat er viele Gründe. Soll ich sie aufzählen? Leoman. Toblakai. Bidithal. L’oric. Mathok. Und der Grund, den er am erschreckendsten findet: Sha’ik. Meine Mutter. Das Lager ist eine Schlangengrube, es brodelt vor Streitereien. Du hast den letzten großen Wirbel verpasst. Mutter hat Mallick Rael und Pullyk Alar verbannt. Sie weggejagt. Korbolo Dom hat zwei weitere Verbündete im Machtkampf verloren – «
    »Es gibt keinen Machtkampf«, knurrte Heboric und zupfte an einem Büschel Blumen herum. »Sie sind Narren, wenn sie glauben, dass so etwas möglich wäre. Sha’ik hat die beiden hinausgeworfen, weil sie Verräterblut in den Adern haben. Und es ist ihr gleichgültig, was Korbolo Dom dabei fühlt.«
    »Er glaubt etwas anderes, und diese Überzeugung ist wichtiger als das, was vielleicht – vielleicht auch nicht – wahr ist. Und wie reagiert Mutter auf die Nachwehen ihrer Entscheidung?« Felisin schlug mit den Schriftrollen nach den Blumen vor ihr. »Mit Gedichten.«
    »Das Geschenk des Wissens«, murmelte Heboric. »Die Göttin des Wirbelwinds flüstert der Erwählten ins Ohr. Im Gewirr des Schattens gibt es Geheimnisse – Geheimnisse, die Tatsachen verbergen, die wichtig für den Wirbelwind selbst sind.«
    »Was meinst du?«
    Heboric zuckte die Schultern. Sein Beutel war beinahe voll. »Leider kann ich ein wenig in die Zukunft sehen.« Was mir nicht gerade gut tut. »Ein

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