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SdG 06 - Der Krieg der Schwestern

SdG 06 - Der Krieg der Schwestern

Titel: SdG 06 - Der Krieg der Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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werde ich Euch denn nicht länger aufhalten.« L’oric trat mit einer leichten Verbeugung zurück.
    Heboric blieb noch einen Augenblick reglos stehen und sah dem davongehenden Mann nach, dann nahm er seinen Weg wieder auf. Bidithal war also erregt? Ein Streit mit L’oric oder etwas hinter dem Schleier? Die Behausung des Hohemagiers lag jetzt unmittelbar vor ihm, die Wände und das spitz zulaufende Dach aus Zeltstoff ausgebleicht und rußgeschwärzt, ein staubiger Fleck aus gesprenkeltem Purpur, der sich über den breiten Steinen des Fundaments erhob. Gleich neben der Zeltklappe kauerte eine sonnenverbrannte, schmutzige Gestalt, die in irgendeiner fremden Sprache vor sich hin brabbelte, das Gesicht hinter langen, fettigen braunen Haarsträhnen verborgen. Die Gestalt hatte weder Hände noch Füße; die Stümpfe waren von altem Narbengewebe bedeckt, aus dem ständig noch milchig gelber Ausfluss sickerte. Der Mann zeichnete mit Hilfe eines seiner Armstümpfe ein breites Muster in die dicke Staubschicht, umgab sich Runde um Runde mit ineinander verschlungenen Ketten, wobei jeder neue Arbeitsgang überdeckte, was er zuvor gemalt hatte.
    Der hier gehört zu Toblakai. Sein Meisterwerk. Sulgarf Silgar! Der Nathii. Der Mann war einer der vielen verkrüppelten, dahinsiechenden und Not leidenden Bewohner des Tempelrings. Heboric fragte sich, was ihn wohl zu Bidithals Zelt gezogen haben mochte.
    Er kam am Eingang an. Nach Art der Wüstenstämme war die Zeltklappe zurückgeschlagen, die allgemein übliche, überschwänglich einladende Geste, die Offenheit symbolisieren sollte. Als Heboric sich duckte, um einzutreten, kam Leben in Silgar. Sein Kopf fuhr hoch.
    »Bruder! Ich habe dich schon einmal gesehen, oh ja! Verkrüppelter – wir sind Verwandte!« Er sprach eine wirre Mischung aus Nathii, Malazanisch und Ehrlii. Sein Lächeln entblößte eine Reihe fauliger Zähne. »Körper und Geist, ja? Wir beide, du und ich, wir sind die einzigen anständigen Sterblichen hier!«
    »Wenn du es sagst«, murmelte Heboric und trat in Bidithals Behausung. Silgars krächzendes Lachen folgte ihm hinein.
    Niemand hatte sich bemüht, den großen Raum im Innern sauber zu machen. Überall auf dem Boden aus Sand, Mörtelbrocken und Tonscherben lagen Tonziegel und Abfall herum. Ein halbes Dutzend Möbelstücke waren hier und da im Raum verteilt. Es gab ein großes, niedriges Bett aus Holzleisten, auf dem mehrere dünne Matratzen lagen. Vier zusammenklappbare Kaufmannsstühle der hier verbreiteten dreibeinigen Art standen in einer unregelmäßigen Reihe dem Bett gegenüber, als ob Bidithal sich gewöhnlich von dort aus an eine Zuhörerschaft aus Akolythen oder Schülern wandte. Ein Dutzend kleine Öllampen drängte sich auf einem kleinen Tisch in der Nähe.
    Der Hohemagier wandte Heboric und dem größten Teil des lang gestreckten Raums den Rücken zu. Ein aufrechter Speer, dessen Ende zwischen Steinen und Schutt verkeilt worden war, stand ein kleines Stück hinter Bidithals linker Schulter; daran war eine Fackel befestigt, die den Schatten des Mannes auf die Zeltwand warf.
    Ein kalter Schauder durchrann Heboric, denn es sah aus, als spräche der Magier in einer Art Gebärdensprache mit seinem eigenen Schatten. Vielleicht ist er nur formell ausgestoßen worden. Und immer noch begierig darauf, mit Meanas zu spielen. Fragt sich nur, ob im Namen des Wirbelwinds – oder in seinem eigenen? »Hohemagier«, rief der ehemalige Priester.
    Der verhutzelte, alte Mann drehte sich langsam um. »Kommt zu mir«, sagte er mit rasselnder Stimme. »Ich würde gern etwas ausprobieren.«
    »Das ist nicht gerade eine besonders ermutigende Einladung, Bidithal.« Heboric trat dennoch näher.
    Bidithal wedelte ungeduldig mit der Hand. »Kommt näher! Ich will sehen, ob Eure geisterhaften Hände einen Schatten werfen.«
    Heboric blieb stehen, trat kopfschüttelnd wieder einen Schritt zurück. »Das wollt Ihr zweifellos, aber ich will es nicht.«
    »Kommt!«
    »Nein.«
    Das dunkle, runzlige Gesicht nahm einen mürrischen Ausdruck an, die schwarzen Augen glitzerten. »Ihr seid zu sehr bedacht, Eure Geheimnisse zu schützen.«
    »Und Ihr seid das nicht?«
    »Ich diene dem Wirbelwind. Alles andere ist unwichtig – «
    »Abgesehen von Eurem Appetit.«
    Der Hohemagier legte den Kopf schief, machte dann eine knappe, beinahe weibische Geste mit einer Hand. »Bedürfnisse von Sterblichen. Selbst als ich noch der Rashan’ais war, haben wir keine Veranlassung gesehen, uns von den

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