SdG 06 - Der Krieg der Schwestern
Hauptmann.«
Irriz begab sich zu Sünd, und die beiden schritten davon.
Kalam starrte hinter ihnen her. Hauptmann Gütig. Ich habe Euch nie getroffen, aber Ihr wart viele Jahre lang als der schlimmste Offizier im ganzen malazanischen Heer bekannt. Und wie es jetzt aussieht, seid Ihr auch der eigensinnigste.
Hervorragend. So einen Mann könnte ich brauchen.
Er fand ein leeres Zelt, in dem er seine Sachen verstauen konnte – leer wohl nur deswegen, weil eine Latrine den zur Zeltseite hin aufgeschütteten Sandwall weggeschwemmt hatte und jetzt den Boden im hinteren Teil unter dem einzigen Teppich durchnässte. Kalam legte seinen Beutel neben der Zeltklappe ab, streckte sich dann unweit davon aus und versuchte, seine Gedanken und seine Sinne von dem Gestank abzulenken.
Binnen weniger Augenblicke war er eingeschlafen.
Als er erwachte, war es dunkel. Das Lager rundherum war still. Der Assassine ging in die Hocke, schlüpfte aus seiner Telaba und begann, Lederriemen um seine weiten Kleider zu winden. Als er damit fertig war, zog er ein Paar fingerlose Lederhandschuhe über und schlang sich ein schwarzes Stück Stoff um den Kopf, das nur noch seine Augen freiließ. Er glitt ins Freie.
Ein paar Feuerstellen schwelten noch, aus zwei Zelten in Sichtweite drang immer noch Lampenlicht. Drei Wächter saßen in einem der Festung zugewandten behelfsmäßigen Vorposten, etwa zwanzig Schritt entfernt.
Kalam umrundete lautlos die Latrine und näherte sich den skelettartigen Gerüsten der Belagerungstürme. Sie hatten keine Wachen dort aufgestellt. Irriz war wahrscheinlich schon ein schlechter Leutnant und ist jetzt ein noch schlechterer Hauptmann. Er ging näher heran.
Das Aufflackern magischer Energien am Fuß eines der Türme ließ ihn erstarren. Nach einer langen Pause, die er mit angehaltenem Atem abgewartet hatte, erschien ein zweiter gedämpfter Blitz, der um einen der Träger tanzte.
Kalam ließ sich langsam zu Boden sinken und beobachtete das Geschehen weiter.
Sünd bewegte sich von Träger zu Träger. Als sie mit dem ersten Turm fertig war, wandte sie sich dem nächsten zu. Drei waren es insgesamt.
Während sie am letzten Träger des zweiten Turms arbeitete, erhob sich Kalam und glitt vorwärts. Kurz bevor er sie erreichte, zog er die Otataral-Klinge.
Er lächelte, als er ihren leisen Fluch hörte. Dann, als ihr klar wurde, was geschah, wirbelte sie herum.
Kalam hob eine Hand, um sie aufzuhalten, hob sein Messer langsam in die Höhe und steckte es dann wieder in die Scheide. Er trat zu ihr. »Schätzchen«, flüsterte er auf Malazanisch, »dies ist ein übles Schlangennest, in dem du lieber nicht spielen solltest.«
Ihre Augen weiteten sich, glänzend wie Teiche im Sternenlicht. »Ich war mir nicht sicher, was dich betrifft«, antwortete sie leise. Sie zog die dünnen Arme eng um sich. »Ich bin es immer noch nicht. Wer bist du?«
»Nur ein Mann, der sich zu den Türmen schleicht … um die Träger zu schwächen. Genau das, was du getan hast. Das heißt, bei allen bis auf einen. Der Dritte ist der Beste – den haben Malazaner gemacht. Ich will, dass der in Ordnung bleibt.«
»Dann sind wir Verbündete«, sagte sie. Noch immer hielt sie ihren Oberkörper fest umschlungen.
Sie ist sehr jung. »Du hast vorhin gut gespielt. Und du hast überraschende Fähigkeiten als Magierin für jemanden, der so jung – «
»Ich fürchte, es sind nur mindere Zaubereien. Ich wurde ausgebildet.«
»Wer war dein Lehrer?«
»Fayelle. Die jetzt bei Korbolo Dom ist. Fayelle, die meinem Vater und meiner Mutter die Kehle aufgeschlitzt hat. Die auch nach mir gesucht hat. Aber ich bin ihr entwischt, und trotz ihrer magischen Fähigkeiten ist es ihr nicht gelungen, mich aufzuspüren.«
»Und das hier soll deine Rache werden?«
Ihr Grinsen war ein stummes Zähnefletschen. »Ich habe gerade erst damit angefangen, mich zu rächen, Ulfas. Ich will sie. Aber ich brauche Soldaten.«
»Hauptmann Gütig und seine Kompanie. Du hast erwähnt, dass es in der Festung einen Magier gibt. Hast du mit ihm Verbindung aufgenommen?«
Sie schüttelte den Kopf. »Das kann ich nicht.«
»Und warum glaubst du dann, dass der Hauptmann sich deiner Sache anschließen wird?«
»Weil einer seiner Sergeanten mein Bruder ist – genauer gesagt mein Halbbruder. Ich weiß allerdings nicht, ob er noch am Leben ist …«
Er legte ihr eine Hand auf die Schulter, ohne darauf zu achten, dass sie zusammenzuckte. »Schon in Ordnung, Schätzchen. Wir machen das
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