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SdG 06 - Der Krieg der Schwestern

SdG 06 - Der Krieg der Schwestern

Titel: SdG 06 - Der Krieg der Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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was er sehen wollte. Und er hatte den Verdacht, dass auch die Mandata nicht allzu begeistert von dem war, was sie gefunden hatten.
    Rotfleckige Zöpfe, zu Ketten verwoben, waren überall auf der Kuppe drapiert und ringelten sich um die beiden Stümpfe des Kreuzes, das einst hier gestanden hatte. Hundeschädel, die mit nicht zu entziffernden Schriftzeichen übersät waren, blickten aus leeren Augenhöhlen hinaus auf die Ebene. Krähenfedern baumelten von aufgepflanzten, zerbrochenen Pfeilschäften. Zerfetzte Banner waren auf dem Boden festgesteckt, mit zahllosen verschiedenen Bildern eines zerbrochenen wickanischen Langmessers bemalt. Ikonen, Fetische, eine Menge Schutt, um an den Tod eines einzigen Mannes zu erinnern.
    Und überall wimmelte es von Ameisen. Als wären sie die hirnlosen Hüter dieses nun geheiligten Bodens.
    Die drei Reiter saßen stumm im Sattel.
    Schließlich, nach einiger Zeit, sagte Tavore: »Tene Baralta.« Ihre Stimme klang monoton.
    »Ja, Mandata?«
    »Wer … wer ist für … für all das hier verantwortlich? Malazaner aus Aren? Oder Eure Roten Klingen?«
    Tene Baralta antwortete nicht sofort. Stattdessen stieg er ab und schritt, den Blick auf den Boden geheftet, den Platz ab. Vor einem der Hundeschädel blieb er stehen und kauerte sich hin. »Mandata, diese Schädel – die Runen darauf stammen von den Khundryl.« Er deutete auf die beiden hölzernen Stümpfe. »Die verwobenen Ketten sind von den Kherahn Dhobri.« Eine Geste zum Hang. »Die Banner … weiß ich auch nicht, möglicherweise von den Bhilard. Die Krähenfedern? Die Holzperlen an ihren Kielen sind im Stil der Semk.«
    »Die Semk ! « Gamet konnte den ungläubigen Tonfall nicht aus seiner Stimme verbannen. »Von der anderen Seite des Vathar! Tene, Ihr müsst Euch irren …«
    Der große Krieger zuckte die Schultern. Er richtete sich wieder auf und deutete auf die zerwühlten Hügel direkt im Norden von ihnen. »Die Pilger kommen nur nachts – ungesehen, wie sie es wollen. Sie verstecken sich irgendwo da draußen, sogar jetzt, in diesem Augenblick. Warten auf die Nacht.«
    Tavore räusperte sich. »Semk, Bhilard – diese Stämme haben gegen ihn gekämpft. Und jetzt kommen sie, um ihm zu huldigen. Wie kann das sein? Erklärt mir das bitte, Tene Baralta.«
    »Das kann ich nicht, Mandata.« Er sah sie von der Seite her an und fügte dann hinzu: »Aber nach allem, was ich gehört habe, ist dies hier … bescheiden im Vergleich zu dem, was den Aren-Weg säumt.«
    Wieder herrschte Stille. Doch Gamet brauchte Tavore nicht sprechen zu hören, um ihre Gedanken zu kennen.
    Dies – dies ist der Pfad, den wir nun nehmen müssen. Wir müssen Schritt für Schritt das Vermächtnis abschreiten. Wir? Nein. Tavore. Allein. »Dies ist nicht mehr Coltaines Krieg!«, hat sie zu Temul gesagt. Aber es scheint, als wäre er es doch. Und nun wird ihr klar, in den Tiefen ihrer Seele, dass sie im Schatten jenes Mannes einherschreiten wird … den ganzen Weg, bis zur Raraku.
    »Ihr beide werdet mich nun verlassen«, sagte die Mandata. »Ich werde mich auf dem Aren-Weg wieder zu Euch gesellen.«
    Gamet zögerte, sagte dann: »Mandata, der Krähen-Clan beansprucht noch immer das Recht, an der Spitze zu reiten. Sie werden Temul nicht als ihren Kommandanten akzeptieren.«
    »Ich werde mich um ihre Aufstellung kümmern«, erwiderte sie. »Und nun geht.«
    Er schaute zu, wie Tene Baralta sich wieder auf sein Pferd schwang. Sie wechselten einen Blick, dann wendeten beide ihre Pferde und machten sich in leichtem Galopp auf den Weg zurück zum Westtor.
    Gamet betrachtete den von Felsbrocken übersäten Boden, der unter den Hufen seines Pferdes dahinglitt. Hier hatte Duiker, der Historiker, die Flüchtlinge auf die Stadt zu getrieben – über diesen Streifen ebenen Boden. Hier hatte der alte Mann ganz zum Schluss seine müde, treue Stute gezügelt – die Stute, die nun Temul ritt – und zugesehen, wie man den Letzten seiner Schützlinge durch das Tor half.
    Wonach er, wie es hieß, schließlich selbst in die Stadt geritten war.
    Gamet fragte sich, was dem Mann wohl in jenem Augenblick durch den Kopf gegangen sein mochte. In dem Bewusstsein, dass Coltaine und die letzten Überreste der Siebten noch immer da draußen waren, ihr verzweifeltes Rückzugsgefecht fochten. In dem Bewusstsein, dass sie das Unmögliche geschafft hatten.
    Duiker hatte die Flüchtlinge heil nach Aren gebracht.
    Nur, um an einen Baum genagelt zu werden und dort sein Ende zu finden. Gamet wurde

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