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SdG 06 - Der Krieg der Schwestern

SdG 06 - Der Krieg der Schwestern

Titel: SdG 06 - Der Krieg der Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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seine Soldaten angeht, so gehen wir im Moment getrennte Wege. Sie überqueren die Malynsee auf einem anderen Schiff. Ach, ganz nebenbei – wer ist Dayliss? Nein, sag es mir lieber nicht. Du hast eine Liste mit ziemlich schrecklichen Dingen gemacht, die du mit diesem oder mit dieser Dayliss anstellen willst – wer auch immer das sein mag. Sei’s drum, du solltest Matrosenbeine haben, wenn wir in Malyntaeas anlegen, was dich ein bisschen auf die Schrecken des meningallischen Ozeans vorbereiten müsste. Hoffe ich jedenfalls.
    Hast du Hunger?«
    Die Mannschaft, hauptsächlich Malazaner, machte einen großen Bogen um Karsa. Die anderen Gefangenen waren unter Deck angekettet, doch das Wagenbett hatte sich als zu groß für die Ladeluke erwiesen, und Hauptmann Gütigs Instruktionen waren eindeutig gewesen: Karsa sollte unter keinen Umständen von seinen Ketten befreit werden, auch wenn er anscheinend keinen klaren Gedanken mehr fassen konnte. Das war kein Zeichen von Misstrauen, hatte Torvald im Flüsterton erklärt, sondern der bereits legendäre Sinn des Hauptmanns für Sicherheit, der angeblich selbst für einen Soldaten übermäßig ausgeprägt war. Die Täuschung schien tatsächlich erfolgreich gewesen zu sein – Karsa war zu einem harmlosen Ochsen ohne einen Schimmer von Intelligenz in den trüben Augen geknüppelt worden, sein unaufhörliches, schreckliches Grinsen bewies eindeutig, dass er absolut nichts begriff. Ein Riese, der einst ein Krieger gewesen und nun weniger als ein Kind war und dessen einziger Trost in dem gefesselten Banditen Torvald Nom und seinem pausenlosen Geplapper bestand.
    »Irgendwann werden sie dich von dem Wagenbett losmachen müssen«, murmelte der Daru einmal in der Dunkelheit, während das Schiff auf den Wellen in Richtung Malyntaeas rollte. »Aber vielleicht erst, wenn wir in den Minen ankommen. Du musst einfach nur durchhalten, Karsa Orlong – vorausgesetzt, du tust nur so, als hättest du den Verstand verloren. In den letzten Tagen hast du selbst mich fast überzeugt, wie ich zugeben muss. Du bist doch noch geistig gesund, oder?«
    Karsa gab ein leises Brummen von sich, obwohl er sich manchmal selbst nicht mehr ganz sicher war. Manche Tage waren vollständig verloren, einfach nur leere Flecken in seiner Erinnerung – und das war erschreckender als alles, was ihm bisher widerfahren war. Durchhalten? Er wusste nicht, ob er das konnte.
    Die Stadt Malyntaeas erweckte den Eindruck, als wäre sie drei verschiedene Städte gleichzeitig. Es war Mittag, als das Schiff in den Hafen einlief, und von seiner Position am Hauptmast aus hatte Karsa einen fast ungehinderten Ausblick. Drei gewaltige steinerne Befestigungsanlagen beherrschten drei ausgeprägte Erhebungen; die in der Mitte war weiter vom Ufer entfernt als die anderen beiden. Jede besaß ihren eigenen, besonderen architektonischen Stil. Die Festung zur Linken war gedrungen, robust und fantasielos, aus einem goldenen, fast schon orangefarbenen Kalkstein erbaut, der im Sonnenlicht verkratzt und fleckig aussah. Die Festung in der Mitte war durch den Holzrauch, der von dem Labyrinth aus Straßen und Häusern in den tiefer gelegenen Gebieten zwischen den Hügeln aufstieg, nur verschwommen zu erkennen; sie wirkte älter, baufälliger; die Mauern, Kuppeln und Türme waren mit einer mittlerweile verblassten roten Farbe gestrichen. Die Festung zur Rechten lag direkt am Rand der Küstenklippe, und unter ihr brandete das Wasser an die Felsen; die Klippe selbst war verwittert, pockennarbig und von Kämpfen gezeichnet. Irgendwann in der Vergangenheit waren von Schiffen abgefeuerte Geschosse in den angeschrägten Mauern der Festung eingeschlagen; von diesen Wunden gingen tiefe Risse aus. Einer der quadratischen Türme war bereits in sich zusammengesackt und verrutscht und neigte sich nun bedenklich nach außen, doch hinter der Mauer flatterte eine Reihe von Flaggen.
    Um die Festungen herum drängten sich Gebäude – auf den Hängen ebenso wie auf den tiefer gelegenen, ebenen Streifen Land; jede verfügbare Fläche war genutzt worden; der Baustil dieser Gebäude glich dem der jeweiligen Festung. Breite, sich landeinwärts windende Straßen, die rechts und links von in unterschiedlichen Baustilen errichteten Häusern gesäumt wurden, kennzeichneten die Grenzen der jeweiligen Bezirke.
    Hier hatten sich drei Stämme angesiedelt, schloss Karsa, während das Schiff vorsichtig zwischen den Fischerbooten und Kauffahrern hindurch in der Bucht

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