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SdG 07 - Das Haus der Ketten

SdG 07 - Das Haus der Ketten

Titel: SdG 07 - Das Haus der Ketten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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ein Gefühl der Betäubung sich von ihren Lungen her aus. Scillara lehnte den Kopf zurück, weigerte sich auszuatmen und glaubte einen winzigen Augenblick lang, dass ihr Bedürfnis nach Atemluft verschwunden war. Dann fing sie an zu husten.
    »Sei still«, knurrte Korbolo Dom, rollte ihr über die Decken eine zugestöpselte Flasche zu. »Trink, Frau. Und dann mach die Vorhänge auf – mir tränen die Augen so stark, dass ich kaum etwas sehen kann.«
    Sie lauschte auf das Geräusch seiner Schritte auf den Binsen, als er sich in einen der hinteren Räume zurückzog. Der Hustenanfall war vorbei. Ihre Brust fühlte sich an, als wäre sie mit einer zähflüssigen, widerlichen Flüssigkeit gefüllt. In ihrem Kopf drehte sich alles, und sie versuchte verzweifelt sich zu erinnern, was kurz zuvor geschehen war. Febryl war angekommen. Aufgeregt, wie sie glaubte. Es hatte irgendetwas mit ihrem Herrn, mit Bidithal zu tun gehabt. Die Kulmination eines lang erwarteten Triumphs. Korbolo und Febryl hatten sich dann zusammen in die inneren Räume zurückgezogen.
    Einst hatte es eine Zeit gegeben, da waren ihre Gedanken klar gewesen; dessen war sie sich ziemlich sicher – obwohl, wie sie befürchtete, die meisten davon unangenehm gewesen waren. Daher hatte sie auch kaum einen Grund, jene Tage zu vermissen. Nur im Hinblick auf die Klarheit – die Schärfe, die es einfach ausmachte, sich zu erinnern. Sie wollte ihrem Herrn dienen, wollte ihm gut dienen. Wollte sich ausreichend hervortun, um eine neue Verpflichtung zu verdienen, neue Rollen anzunehmen – Rollen, bei denen es vielleicht nicht mehr notwendig war, sich Männern hinzugeben. Eines Tages würde Bidithal nicht mehr dazu in der Lage sein, sich um alle neuen Mädchen zu kümmern, wie er es jetzt tat – es würden zu viele sein, selbst für ihn. Sie war sich sicher, sie würde das Auskratzen hinbekommen, das Wegschneiden der Lust.
    Sie würden die Befreiung natürlich nicht zu schätzen wissen. Zumindest anfangs nicht. Aber sie könnte ihnen dabei helfen. Mit freundlichen Worten und jeder Menge Durhang, um die körperlichen Schmerzen zu lindern … und die Schmach.
    Hatte sie Schmach empfunden? Wo war das Wort hergekommen, das so plötzlich und unerwartet in ihren Gedanken aufgetaucht war?
    Sie setzte sich auf, stolperte von den Kissen weg, hin zu den schweren Stoffbahnen, die verhinderten, dass die Nachtluft von draußen hereindrang. Sie war nackt, doch sie spürte die Kälte nicht. Nur ein leichtes Unbehagen angesichts der Schwere ihrer ungebundenen Brüste. Sie war zweimal schwanger gewesen, Bidithal hatte sich darum gekümmert, hatte ihr bitteren Tee gegeben, der die Wurzeln des Samens zerrissen und ihn aus ihrem Körper ausgeschwemmt hatte. Damals war es die gleiche Schwere gewesen, und sie fragte sich, ob der Samen des Napanesen ein weiteres Mal in ihr ein Heim gefunden hatte.
    Scillara fummelte an den Bändern herum, bis eine der Bahnen nach unten fiel, dann sah sie hinaus auf die dunkle Straße.
    Die Wachen waren beide zu sehen; sie standen in der Nähe des Eingangs, der ein paar Schritt zu ihrer Linken lag. Sie blickten herüber, die Gesichter unter den Helmen und den Kapuzen ihrer Telabas verborgen. Und wie es schien, starrten sie weiter zu ihr herüber, obwohl sie ihr keinen Gruß boten und kein Wort sagten.
    Die Nachtluft wirkte merkwürdig trüb, als ob der Rauch, der das Zeltinnere erfüllte, eine dauerhafte Schicht über ihren Augen zurückgelassen hatte und alles undeutlich machte, was sie erblickte. Sie stand noch einen Augenblick länger schwankend da und ging dann hinüber zum Eingang.
    Febryl hatte die Zeltklappe nicht mehr verschlossen. Sie schob sie beiseite und trat nach draußen zwischen die beiden Wachen.
    »Na, hat er für heute Nacht genug von dir, Scillara?«, fragte einer der beiden Männer.
    »Ich will ein paar Schritte gehen. Mir fällt das Atmen schwer. Ich glaube, ich ertrinke.«
    »Du ertrinkst, mitten in der Wüste – na klar doch«, knurrte der andere. Dann lachte er.
    Sie wankte an ihnen vorbei, schlug irgendeine zufällig gewählte Richtung ein.
    Schwer. Voll. Ertrinken in der Wüste.
    »Heute Nacht nicht, Schätzchen.«
    Sie stolperte, als sie sich umdrehte, streckte beide Arme aus, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren, und blinzelte den Wächter an, der ihr gefolgt war. »Was ist?«
    »Febryl ist deines Spionierens müde, Scillara. Er will, dass Bidithal in diesem Lager blind und taub ist. Es tut mir Leid, Scillara. Wirklich. Das

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