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SdG 07 - Das Haus der Ketten

SdG 07 - Das Haus der Ketten

Titel: SdG 07 - Das Haus der Ketten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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vollständig gerüstet, ihr Helm glänzte rot im Licht der untergehenden Sonne.
    Sha’iks Blick zuckte zurück zu Korbolo Doms Position. »Kamist Reloe ist angekommen … er öffnet sein Gewirr und tastet nun in Richtung des Feinds. Aber Tavores Otataral-Schwert wehrt seine Versuche ab … daher streckt er seine Fühler um sie herum aus, in die Armee selbst. Er sucht nach Hohemagiern … unvermuteten Verbündeten …« Einen Augenblick später seufzte sie. »Und findet nichts weiter als ein paar Schamanen und Truppmagier.«
    »Diese beiden Wickaner bei der Mandata«, brummte Mathok. »Sie sind diejenigen, die als Nil und Neder bekannt sind.«
    »Ja. Es heißt, dass ihr Geist gebrochen ist – sie verfügen nicht mehr über die Macht, die ihre Clans ihnen einst verliehen haben, denn jene Clans wurden ausgelöscht.«
    »Mag sein, Erwählte«, murmelte Mathok. »Doch dass sie sie so dicht bei sich behält – im Dunstkreis des Otataral –, deutet darauf hin, dass sie nicht so schwach sind, wie wir gern glauben wollen.«
    »Oder dass Tavore nicht will, dass ihre Schwäche erkennbar wird.«
    »Warum sich damit abgeben, wenn uns diese Schwäche bereits bekannt ist?«
    »Um unsere Zweifel zu vertiefen, Mathok«, erwiderte sie.
    Er gestikulierte kurz, fügte ein wütendes Brummen hinzu. »Dieser Sumpf hat keine Oberfläche, Erwählte – «
    »Warte!« Sha’ik starrte wieder zu Tavore hinüber. »Sie hat ihre Waffe weggegeben – Kamist Reloe hat seine magischen Erkundungen beendet – und nun … ah!« Das letzte Wort war ein überraschter Aufschrei, als sie die gedämpfte Macht von Nil und Neder spürte – eine Macht, die weit größer war, als sie es eigentlich hätte sein dürfen.
    Sha’ik keuchte, als die Göttin in ihrem Innern zurückzuckte – als wäre sie gestochen worden – und einen Schrei ausstieß, der ihren ganzen Schädel erfüllte.
    Denn die Raraku antwortete auf die Beschwörungen, mit einer Vielzahl von Stimmen, die sich zu einem Chor erhoben, sich mit rauem, unerbittlichem Verlangen erhoben – es war, wie Sha’ik begriff, das Geräusch zahlloser Seelen, die an den Ketten zerrten, die sie banden.
    Ketten aus Schatten. Ketten wie Wurzeln. Aus diesem zerrissenen, fremden Bruchstück eines Gewirrs. Dieses Stück Schatten, das sich erhoben hat, um ihre Seelen zu binden, und sich von ihrer Lebenskraft ernährt. »Mathok, wo ist Leoman?« Wir brauchen Leoman von den Dreschflegeln.
    »Ich weiß es nicht, Erwählte.«
    Sie drehte sich erneut um und starrte zu Korbolo Dom hinüber. Er stand ganz vorne an der Rampe, breitbeinig, die Daumen in den Schwertgürtel geschoben, und musterte den Feind mit einer Miene so voller Selbstvertrauen, dass Sha’ik beinahe aufgeschrien hätte.
    Nichts – nichts war, wie es schien.
    Im Westen hatte die Sonne den Horizont in ein rotes Flammenmeer getaucht. Der Tag ertrank in einem Meer aus Feuer, und sie schaute zu, wie Schatten über das Land strömten. Ihr Herz wurde kalt.
     
    Die Gasse vor Heborics Zelt war in beide Richtungen leer. Der rasche Sonnenuntergang schien – zusammen mit der Düsternis – eine merkwürdige Stille mit sich zu bringen. Staub hing reglos in der Luft.
    Treach’s Destriant blieb in dem Durchgang stehen.
    Hinter ihm sagte Scillara: »Wo sind denn alle?«
    Das hatte er sich auch gefragt. Und dann richteten sich die Härchen in seinem Nacken langsam auf. »Kannst du das hören, Schätzchen?«
    »Nur den Wind …«
    Aber es gab keinen Wind.
    »Nein, das ist kein Wind«, murmelte Scillara. »Ein Lied. Von ganz weit her – glaubt Ihr, es ist die malazanische Armee?«
    Er schüttelte den Kopf, sagte aber nichts.
    Nach ein paar Herzschlägen winkte Heboric Scillara, ihm zu folgen, und setzte sich das Gässchen hinunter in Bewegung. Das Lied schien in der Luft zu schweben, einen Staubschleier aufsteigen zu lassen, der vor seinen Augen zu zittern schien. Schweiß rann ihm an Armen und Beinen hinunter. Furcht. Furcht hat sämtliche Bewohner dieser Stadt aus den Straßen vertrieben. Diese Stimmen sind der Klang des Krieges.
    »Es sollten Kinder hier sein«, sagte Scillara. »Mädchen …«
    »Warum sollten Mädchen da sein, wenn sonst niemand hier ist, Schätzchen?«
    »Weil sie für Bidithal spionieren. Sie sind seine erwählten Dienerinnen.«
    Er warf einen Blick zu ihr zurück. »Diejenigen, die er … verstümmelt?«
    »Ja. Sie sollten … überall sein. Ohne sie – «
    »Ist Bidithal blind. Es kann gut sein, dass er sie woanders hingeschickt oder

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