SdG 07 - Das Haus der Ketten
aufhören, ihn zu schlagen. Sie würden damit aufhören müssen, denn er würde ihr Herr sein.
Und dann würden sie bezahlen für das, was sie getan hatten. Alle würden bezahlen. Sobald er seinen Namen wiedergefunden hatte.
Jetzt war Weinen zu hören. Diese erstickten Schluchzer – das Lachen der Verzweiflung.
Dieses Mädchen würde ihn in Zukunft nicht mehr voller Abscheu ansehen. Wie könnte sie auch? Sie war jetzt wie er. Es war eine gute Lektion. Voller Bosheit erteilt – selbst der Sklavenmeister konnte das erkennen, konnte es sich zumindest vorstellen, und angesichts der Bilder, die er in seinem Innern heraufbeschwor, zuckte er zusammen. Doch es blieb dennoch eine gute Lektion.
Es war Zeit zu verschwinden – von unten näherten sich Schritte. Er rutschte zurück ins Tageslicht, und das Geräusch, das er dabei auf dem mit Kies, Tonscherben und Sand gesprenkelten Boden machte, erinnerte auf merkwürdige Weise an Ketten. Ketten, die er hinter sich herzog.
Ein merkwürdiger Glanz hatte L’orics Zelt kurz nach Mittag ausgefüllt – etwas, das allerdings niemand mitbekommen hatte. Es hatte auch nur einen Augenblick gedauert, dann war wieder alles ganz normal gewesen.
Nun, da allmählich der Abend hereinbrach, erglühte für kurze Zeit erneut ein helles Licht, das anschließend – auch dieses Mal völlig unbemerkt – wieder erstarb.
Der Hohemagier stolperte durch das improvisierte, kurzzeitig geöffnete Tor des Gewirrs. Blut bedeckte ihn von Kopf bis Fuß. Er stolperte mit seiner Last über den mit Fellen bedeckten Fußboden, sank dann auf die Knie, zog das missgestaltete Tier in seine Arme und machte eine blutige Hand frei, um ihm über die dichten, verfilzten Haare zu streichen.
Das schmerzerfüllte Wimmern war verstummt. Zum Glück, denn jeder leise Schrei hatte von neuem L’orics Herz gebrochen.
Der Hohemagier senkte langsam den Kopf, schließlich doch von dem Schmerz übermannt, den er während seiner langen, nutzlosen Versuche, den alten Dämonen zu retten, hatte unterdrücken müssen. Er verabscheute sich und verfluchte seine Selbstgefälligkeit. Sie waren zu lange getrennt gewesen, hatten zu lange so getan, als würden in anderen Sphären keine Gefahren auf sie lauern.
Und jetzt war sein Schutzgeist tot, und die in seinem Innern widerhallende Leere schien gewaltig. Und sie wuchs, zehrte an seiner Seele, wie Krankheit an einem gesunden Körper zehrt. Er fühlte sich kraftlos, denn die Wut hatte sich gelegt.
Er strich dem Tier über das blutverkrustete Gesicht und fragte sich dabei von neuem, wie dieses hässliche Antlitz – das jetzt so reglos und frei von Schmerz war – solch ein tiefes Gefühl von Zuneigung in ihm aufleben lassen konnte. »Ach, mein Freund, wir waren uns ähnlicher, als wir beide geahnt haben. Nein … du hast es gewusst, nicht wahr? Daher diese unendliche Trauer in deinen Augen, die ich bei jedem meiner Besuche gesehen – und absichtlich ignoriert habe. Ich war mir meiner Sache so sicher, verstehst du? So überzeugt davon, dass wir immer so weitermachen könnten, dass niemand die Täuschung entdecken würde … dass wir die Illusion aufrechterhalten könnten, dass unser Vater noch bei uns wäre. Ich war …«Er sank in sich zusammen und konnte eine Zeit lang nicht weitersprechen.
Es war sein Fehler gewesen, ganz allein seiner. Er war hier, verstrickte sich in diese schäbigen Spielchen, während er stattdessen seinem Schutzgeist den Rücken hätte decken sollen – wie jener es für ihn getan hatte, Jahrhundert um Jahrhundert.
Oh, es war auf jeden Fall knapp gewesen – ein T’lan Imass weniger, und alles hätte möglicherweise ganz anders ausgesehen – nein, jetzt belügst du dich selbst, L’oric. Schon der erste Axthieb hatte den Schaden angerichtet, die letzten Endes tödliche Wunde geschlagen. Alles, was sich danach ereignet hat, ist nur der Wut eines Sterbenden entsprungen. Oh, mein Geliebter war kein Schwächling, und der Krieger, der jene Steinaxt geschwungen hat, hat für seinen hinterhältigen Angriff bezahlt. Und dies solltest du wissen, mein Freund: Ich habe den zweiten verstreut in den Feuern zurückgelassen. Nur der Clanführer ist mir entkommen. Aber ich werde ihn jagen. Das schwöre ich.
Aber jetzt noch nicht. Er zwang sich, klar zu denken, während die Substanz seines Schutzgeists sich allmählich auflöste und das Gewicht auf seinen Oberschenkeln abnahm. Kurald Thyrllan war jetzt ungeschützt. Wie es den T’lan Imass gelungen war, in das Gewirr
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