Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
SdG 07 - Das Haus der Ketten

SdG 07 - Das Haus der Ketten

Titel: SdG 07 - Das Haus der Ketten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
Vom Netzwerk:
zusammengeschrumpft. Er bemühte sich, sie unter Kontrolle zu halten, wobei seine Entschlossenheit gelegentlich von Zweifeln an der Richtigkeit seines Tuns geschwächt wurde. Das hier war … ungeheuerlich. Es würde eine Antwort darauf geben. Es würde eine Antwort darauf geben müssen.
    Und es war noch ungeheuerlicher, wurde ihm plötzlich klar – und die Erkenntnis jagte ihm einen kalten Schauer über den Rücken –, dass sie alle die Gefahr gekannt hatten. Wir haben gewusst, dass er sie wollte. Und doch haben wir nichts getan.
     
    Heboric lag reglos in der Dunkelheit. Er hatte das schwache Gefühl, hungrig zu sein – und durstig –, doch es blieb vage. Hen’bara-Tee in ausreichenden Mengen schob die Bedürfnisse der Außenwelt beiseite. Das hatte er inzwischen herausgefunden.
    Seine Gedanken trieben auf einem wirbelnden Meer umher, das unendlich zu sein schien. Er wartete, wartete immer noch. Sha’ik wollte Wahrheiten. Sie würde sie bekommen. Und dann würde er fertig sein – fertig mit ihr sein.
    Und möglicherweise auch mit seinem Leben.
    So sei es denn. Er war älter geworden, als er jemals erwartet hatte, und diese zusätzlichen Wochen und Monate hatten sich als der Mühe nicht wert erwiesen. Er hatte seinen eigenen Gott zum Tode verurteilt, und jetzt würde Fener nicht da sein, um ihn zu begrüßen, wenn er schließlich seinen Körper hinter sich ließ. Und auch der Vermummte nicht.
    Es hatte nicht den Anschein, als würde er jemals aus diesem Zustand wieder erwachen – er hatte weitaus mehr von dem Tee getrunken als je zuvor, und er hatte ihn glühend heiß getrunken, wie er am wirkungsvollsten war. Und jetzt trieb er auf einem dunklen Meer dahin, auf einer unsichtbaren Flüssigkeit, die sich auf seiner Haut warm anfühlte, über seine Glieder und seine Brust und um sein Gesicht herum floss und ihn kaum trug.
    Der Riese aus Jade war ihm willkommen. Seiner Seele und all dem, was noch von seinen Tagen als sterblicher Mensch übrig war. Das alte Geschenk übernatürlicher Sehkraft war längst wieder verschwunden, die Visionen von Geheimnissen, die den meisten Augen verborgen waren – uralten Geheimnissen aus lange zurückliegenden Zeiten, aus der Geschichte –, waren längst dahin. Er war alt. Er war blind.
    Das Wasser schwappte über sein Gesicht.
    Und er spürte, wie er nach unten sank – mitten in ein Meer von Sternen hinein, die in der Schwärze herumwirbelten, doch plötzlich klar und deutlich zu erkennen waren. Irgendwo in unermesslich weiter Entfernung schwammen mattere kugelförmige Gebilde, sammelten sich um die glühenden Sterne – und die Erkenntnis traf ihn wie ein Hammerschlag. Die Sterne, sie sind wie die Sonne. Jeder Einzelne. Alle. Und diese kugelförmigen Gebilde – das sind Welten, Sphären, jede anders und doch alle gleich.
    Der Abgrund war nicht so leer, wie er immer geglaubt hatte. Aber … wo hausen dann die Götter? Diese Welten – sind das Gewirre? Oder sind die Gewirre einfach nur Durchgänge, die sie miteinander verbinden?
    Ein neues Objekt tauchte in seinem Blickfeld auf, wurde größer, während es näher kam. Es schimmerte in düsterem Grün, die Glieder steif, doch merkwürdig verzerrt, der Oberkörper verdreht, als wäre er im Augenblick des Umdrehens erstarrt. Nackt, sich überschlagend drehte es sich um die eigene Achse, das Sternenlicht perlte wie Regentropfen über seine Jade-Oberfläche.
    Und dahinter – ein zweiter Körper. Dieser war zerstört, ein Bein und ein Arm glatt abgerissen, doch begleiteten die Glieder den Rest, während er still, beinahe friedlich durch die Leere segelte.
    Dann noch einer.
    Der erste Riese wirbelte an Heboric vorbei, und er hatte das Gefühl, als könnte er einfach die Hand ausstrecken, um die glatte Oberfläche zu berühren, doch er wusste, dass die Entfernung für so etwas in Wirklichkeit viel zu groß war. Das Gesicht des Riesen kam in sein Blickfeld. Zu perfekt, um menschlich zu sein, die Augen geöffnet, ein Gesichtsausdruck, der zu unklar war, um lesbar zu sein, obwohl Heboric den vagen Eindruck hatte, Resignation darin zu erkennen.
    Mittlerweile waren es Dutzende, die alle von einem einzigen Punkt in der tintigen Schwärze zu kommen schienen. Jeder wies eine andere Körperhaltung auf; einige waren so zerschlagen, dass sie kaum mehr als ein Haufen Bruchstücke und Scherben waren, andere hatten nicht einmal den kleinsten Kratzer. Sie kamen aus der Dunkelheit gesegelt. Eine Armee.
    Aber unbewaffnet. Nackt – und anscheinend

Weitere Kostenlose Bücher