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SdG 07 - Das Haus der Ketten

SdG 07 - Das Haus der Ketten

Titel: SdG 07 - Das Haus der Ketten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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schätzen.
    Obwohl sie keine Ahnung davon gehabt hatte, dass Toblakais ehemaliger Sklavenmeister an der Verschwörung beteiligt war. »Der versunkene Tempel?«
    »Ja, da drüben. Sieh doch, hier ist dein demütiger Diener. Geh. Er wartet.«
    Sie ging quer über den gepflasterten Platz. Die Armen des Lagers hatten sich hier zu Hunderten unter Schutzhütten aus Palmwedeln niedergelassen, ohne sich um mehr als dieses Dach über dem Kopf zu kümmern – der Platz stank nach Urin und Fäkalien, ganze Ströme aus stinkendem Dreck flossen zwischen den Steinen dahin. Abgehacktes Husten, gemurmelte Bitten und Segensworte folgten ihr, während sie sich auf die Ruine zubewegte.
    Die Grundmauern des Tempels waren hüfthoch; im Innern führte eine steile steinerne Treppe ins Untergeschoss. Die Sonne stand schon so tief, dass die Fläche dort unten im Dunkeln lag.
    Felisin blieb am oberen Ende der Treppe stehen und schaute hinunter, versuchte die Düsternis mit ihren Blicken zu durchdringen. »Bist du da unten?«, rief sie.
    Ein schwaches Geräusch vom hinteren Ende. Die Andeutung einer Bewegung.
    Sie stieg hinunter.
    Der mit Sand bedeckte Fußboden war noch immer warm. Tastend bewegte sie sich vorwärts.
    Sie war keine zehn Schritt mehr von der hinteren Mauer entfernt, als sie ihn schließlich ausmachen konnte. Er saß mit dem Rücken an den Stein gelehnt. Das Schimmern eines Helms, ein Schuppenpanzer auf seiner Brust.
    »Wir sollten warten, bis es Nacht wird«, sagte Felisin, während sie näher trat. »Dann werden wir uns zu Geisterhands Zelt begeben. Die Zeit ist gekommen – er kann sich nicht länger verstecken. Wie heißt du?«
    Es kam keine Antwort.
    Etwas Schwarzes und Beklemmendes stieg auf, legte sich über ihren Mund und hob sie von den Füßen. Die Schwärze floss wie Schlangen um sie herum, drückte ihr die Arme an den Körper und fesselte ihre zuckenden Beine. Einen Augenblick später hing sie reglos schwebend knapp über dem sandbedeckten Fußboden.
    Eine knorrige Fingerspitze strich über ihre Wange, und ihre Augen weiteten sich, als eine Stimme ihr ins Ohr flüsterte. »Süßes Kind. Mathoks wilder Krieger hat leider schon vor einiger Zeit Rashans zärtliche Liebkosung gespürt. Jetzt bin nur noch ich hier. Nur der bescheidene Bidithal ist hier, um dich zu begrüßen. Er ist hier, um alle Lust aus deinem kostbaren Körper zu trinken und nichts als Bitterkeit, nichts als Ödnis darin zurückzulassen. Es muss sein, das verstehst du doch.« Seine runzligen Hände streichelten, zwickten, drückten und begrapschten sie. »Ich empfinde keine schmutzige Lust bei dem, was ich tun muss. Die Kinder des Wirbelwinds müssen auf schmerzhafte Weise unfruchtbar gemacht werden, Kind, um sie zu vollkommenen Spiegelbildern der Göttin zu machen – oh, das hast du nicht gewusst, nicht wahr? Die Göttin kann nicht erschaffen. Nur zerstören. Darauf gründet sich zweifellos ihre rasende Wut. Und genauso muss es auch bei ihren Kindern sein. Das ist meine Pflicht. Meine Aufgabe. Dir bleibt nichts anderes, als dich zu ergeben.«
    Sich ergeben. Es war lange her, seit sie sich das letzte Mal hatte ergeben müssen, dass sie alles hatte aufgeben müssen, was in ihr war. Viel Zeit war vergangen, seit sie ihr Innerstes von der Dunkelheit hatte verschlingen lassen. Vor Jahren hatte sie die Größe des Verlusts noch nicht begriffen, denn es hatte nichts gegeben, was einen Gegensatz zu Elend, Hunger und Missbrauch hätte darstellen können.
    Doch all das hatte sich geändert. Unter den schützenden Fittichen von Sha’ik hatte sie die Vorstellung der Unversehrtheit entdeckt.
    Und es war diese Vorstellung, die Bidithal nun zu zerstören begann.
     
    Die Kreatur auf dem obersten Treppenabsatz, die einst ein Sklavenmeister in Genabackis gewesen war, lächelte bei Bidithals Worten; als die ersten erstickten Schreie aus dem Untergeschoss drangen, wurde das Lächeln noch breiter.
    Karsa Orlongs liebstes Kind war in den Händen des kranken alten Mannes. Und nichts von alldem, was ihr angetan wurde, könnte ungeschehen gemacht werden.
    Der kranke alte Mann war freundlich zu ihm gewesen, hatte ihm Geschenke geboten. Nicht nur die Aussicht, schon bald seine Hände und Füße zurückzubekommen, sondern auch Rache an dem Teblor nehmen zu können. Er würde seinen Namen wiederfinden. Er wusste, dass er es würde. Und damit würde die Verwirrung verschwinden, das blinde Entsetzen, das ihn immer wieder plagte; und die anderen auf diesem Platz würden

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