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SdG 07 - Das Haus der Ketten

SdG 07 - Das Haus der Ketten

Titel: SdG 07 - Das Haus der Ketten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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Verwandten? Wen werde ich dort finden?«
    »Das Lied wandert, Brückenverbrenner. Es sucht ein Heim. Kehre nicht um.«
    Plötzlich verschwand die Präsenz. Die Schmetterlinge flatterten himmelwärts, tanzten ins Sonnenlicht. Höher, immer höher …
    Kleine Hände zerrten an ihm, und er sah nach unten. Neder starrte mit panikerfülltem Gesicht zu ihm auf. Zwei Schritte hinter ihr stand Nil, die Arme um den Oberkörper geschlungen; seine Augen füllten sich mit Tränen.
    Neder kreischte. »Warum du? Wir haben gerufen und gerufen! Warum du!?«
    Kopfschüttelnd stieß Saiten sie weg. »Ich … ich weiß es nicht!«
    »Was hat er gesagt? Erzähl es uns! Er hatte eine Nachricht für uns, ja? Was hat er gesagt?«
    »Was euch betrifft? – Nichts, Mädchen – was glaubt ihr denn, wer das war, im Namen des Vermummten?«
    »Sormo E’nath!«
    »Der Waerloga? Aber er – « Saiten stolperte einen weiteren Schritt rückwärts. »Hört endlich mit der verdammten Singerei auf!«
    Die Wickaner starrten ihn an.
    Und Saiten wurde klar, dass niemand von ihnen sang – es auch nicht getan haben konnte – denn der Gesang ging weiter und erfüllte seinen Kopf.
    »Was für ein Gesang, Soldat?«, fragte Neder.
    Er schüttelte erneut den Kopf, drehte sich um und machte sich auf den Weg zurück zum Lager. Sormo hatte ihnen nichts zu sagen. Und er auch nicht. Und er wollte auch ihre Gesichter nicht sehen – ihre Hoffnungslosigkeit und ihre Verzweiflung, ihre Sehnsucht nach einem Geist, der fort war – fort für immer. Das war nicht Sormo E’nath. Das war etwas anderes – der Vermummte mag wissen, was. »Wir sind erwacht.« Was soll das bedeuten? Und wer wartet in der Raraku auf mich? Mein Verwandter … aber ich habe keine, abgesehen von den Brückenverbrennern … bei den Göttern hienieden! Der Schnelle Ben? Kalam? Oder beide? Er wollte schreien, und wenn auch nur, um das Lied zum Verstummen zu bringen, das flüsternd in seinem Kopf widerhallte, die schreckliche, schmerzhafte unvollständige Musik, die an seiner geistigen Gesundheit nagte.
    Anscheinend war die Raraku noch nicht fertig mit ihm. Saiten fluchte lautlos. Verdammt soll das alles sein!
    Durch die vom Lager aufsteigenden Rauchschleier sah er, wie sich im Norden die Hügel von Vathar im goldenen Sonnenlicht entfalteten. Auf dem Kamm hinter ihm fingen die Wölfe an zu heulen.
     
    Gamet lehnte sich im Sattel weit zurück, als sein Pferd den Abstieg zum Fluss hinunter begann. Das Land hatte noch nicht genug Zeit gehabt, die Opfer des Gemetzels, das hier stattgefunden hatte, gänzlich zu verschlingen. Ausgebleichte Knochen glänzten im sandigen Schlamm am Ufer. Kleiderfetzen, Lederstücke und Eisenreste. Und die Furt selbst war kaum zu erkennen. Flussaufwärts hatten sich die Überreste einer schwimmenden Brücke gestaut, und an dieser Barriere war noch mehr Abfall hängen geblieben. Versunkene, mit Wasser voll gelaufene Wagen, Bäume, Grasbüschel und Schilf, jetzt im Schlamm verankert, eine klotzige, gebeugte Masse, die eine Art Brücke gebildet hatte. Der Faust kam es vor, als stünde das ganze Gebilde kurz davor, sich loszureißen.
    Kundschafter hatten es zu Fuß überquert. Gamet konnte ein gutes Dutzend schlammverschmierte Seti am gegenüberliegenden Ufer sehen, die sich die steile Böschung hinaufmühten.
    Der Wald auf beiden Seiten des Flusses war ein Meer aus Farben, die Zweige mit Stoffstreifen geschmückt, mit Zöpfen und bemalten menschlichen Knochen, die sich im Wind drehten.
    Mesh’arn tho’ledann. Der Tag des Reinen Blutes. Flussaufwärts waren – so weit das Auge reichte – an beiden Ufern Stangen so in den Schlamm getrieben worden, dass sie über das wirbelnde Wasser ragten. An ihnen hingen Kadaver von Schafen und Ziegen. Aus einigen rann noch immer Blut, während andere schon ziemlich verwest waren und von Fliegen, Kapmotten und Aasvögeln wimmelten. Kleine weiße Stückchen regneten von den Opfertieren herab, die sofort von ganzen Fischschwärmen gefressen wurden. Es dauerte einen Augenblick, bis Gamet klar wurde, worum es sich bei den kleinen weißen Brocken tatsächlich handelte – um Maden, die in den Fluss fielen.
    Hauptmann Keneb lenkte sein Pferd neben das von Gamet, als sie sich dem Ufer näherten. »Das Zeug, das das Treibgut zusammenhält, ist kein Schlamm, oder? Oh, ein bisschen Sand und Schlick sind auch dabei, aber zum größten Teil ist es – «
    »Blut. Stimmt«, murmelte Gamet.
    Sie ritten hinter der Mandata, die von Nil und Neder

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