SdG 07 - Das Haus der Ketten
flankiert wurde. Die drei erreichten das Ufer und zügelten ihre Pferde. Die vorderen Kompanien der Zehnten Legion befanden sich auf dem Abhang hinter Gamet und Keneb, so dass sie freien Blick auf den Fluss und die Überreste der Brücke hatten.
»Was glaubt Ihr, Faust – sind diese Tiere geopfert worden, um uns willkommen zu heißen? Ich kann mir nicht vorstellen, dass es immer so ist – die Herden wären in kürzester Zeit ausgelöscht.«
»Einige müssen schon länger da hängen«, bemerkte Gamet. »Aber wahrscheinlich habt Ihr Recht, Hauptmann.«
»Also werden wir einen Fluss aus Blut überqueren. Wenn die verdammten Stämme das für eine ehrenvolle Geste halten, dann hat die Königin ihnen den Verstand geraubt. Diese Neigung, die Welt metaphorisch zu sehen, hat mich schon immer schier in den Wahnsinn getrieben. Die Leute, die aus dem Reich der Sieben Städte stammen, sehen alles etwas anders. Für sie ist die Landschaft belebt – nicht einfach nur mit Geistern, wie man es sich früher vorgestellt hat, sondern auf eine andere, viel kompliziertere Weise.«
Gamet starrte ihn an. »Sollte man der Sache vielleicht nachgehen, Hauptmann?«
Keneb zuckte zusammen, dann lächelte er ein wenig und fügte mit einem merkwürdig verzagten Schulterzucken hinzu: »In diesem besonderen Gespräch ging es um die Rebellion – und nur um die Rebellion –, monatelang, bis es schließlich eingetreten ist. Wenn wir uns die Mühe gemacht hätten, die Zeichen zu lesen, wären wir besser vorbereitet gewesen.«
Sie hatten ihre Reittiere hinter der Mandata und den beiden Wickanern gezügelt. Bei Kenebs Worten wendete die Mandata ihr Pferd und blickte den Hauptmann an.
»Manchmal«, sagte sie, »reicht Wissen allein nicht aus.«
»Ich bitte um Entschuldigung, Mandata«, sagte Keneb.
Tavore richtete ihren ausdruckslosen Blick auf Gamet. »Lasst die Seesoldaten nach vorn kommen, Faust. Wir werden Sappeure und Moranth-Munition brauchen. Wir werden eine Furt überqueren, keine Brücke aus Treibgut, die von Blut an Ort und Stelle gehalten wird.«
»In Ordnung, Mandata. Hauptmann Keneb, wenn Ihr mitkommen wollt …«
Sie wendeten ihre Pferde und ritten den Hang wieder hinauf. Als Gamet dem Hauptmann einen Blick zuwarf, sah er, dass Keneb grinste. »Was erheitert Euch so, Hauptmann?«
»Die Mandata will Moranth-Munition einsetzen, Faust. Die Sappeure werden weinen.«
»Solange sie nicht die Furt selbst zerstören, werde ich sie gerne tröstend in die Arme nehmen.«
»Solch ein Versprechen würde ich sie lieber nicht hören lassen, Faust.«
»Vermutlich habt Ihr Recht.«
Sie erreichten die vorderen Reihen der Zehnten Legion, und Gamet winkte einen Boten heran. Als die Reiterin – denn der Bote war eine Frau – näher kam, gesellte sich Faust Tene Baralta zu ihr, und die beiden langten gemeinsam bei ihnen an.
»Braucht Ihr Sappeure?«, fragte der Anführer der Roten Klingen.
Gamet nickte. »Ja.«
Tene Baralta neigte zustimmend den Kopf und wandte sich an die Botin. »Gib den Leutnants der Seesoldaten Bescheid. Die Mandata braucht ein bisschen Zerstörungskraft. Sofort.«
»Jawohl, Faust«, erwiderte sie und riss ihr Pferd herum.
Sie schauten ihr hinterher, während sie an der Marschkolonne entlanggaloppierte, dann blickte die Rote Klinge Gamet an. »Die Stämme werden es als Beleidigung auffassen. Diese Brücke aus Blut ist so etwas wie eine Gedenkstätte.«
»Das weiß sie, Tene Baralta«, erwiderte Gamet. »Aber diese Brücke ist viel zu tückisch. Das sollte selbst für unsere unsichtbaren Beobachter offensichtlich sein.«
Der große Mann zuckte die Schultern, und seine Rüstung klirrte bei der Bewegung. »Vielleicht könnte man Gall ganz nebenbei bitten, einen Reiter auszuschicken, der die Beobachter aufsucht und sicherstellt, dass es nicht zu Missverständnissen kommt.«
»Das ist ein guter Vorschlag«, antwortete Gamet.
»Dann werde ich mich darum kümmern.«
Die Rote Klinge ritt davon.
»Vergebt mir, wenn ich vorlaut sein sollte, Faust«, murmelte Keneb, »aber was hier gerade geschehen ist, scheint mir genau das zu sein, was die Mandata am wenigsten leiden kann.«
»Ihr meint, sie kann es nicht leiden, wenn ihre Offiziere die Initiative ergreifen, Hauptmann?«
»Ich würde mir nicht anmaßen – «
»Ihr habt es gerade getan.«
»Oh. Nun, ich verstehe, was Ihr meint. Ich bitte um Entschuldigung, Faust.«
»Ihr solltet Euch niemals entschuldigen, wenn Ihr im Recht seid, Keneb. Wartet hier auf die
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