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SdG 08 - Kinder des Schattens

SdG 08 - Kinder des Schattens

Titel: SdG 08 - Kinder des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Ericson
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tat, sah Brys etwas dahinter. Unwandelbare, klotzige, senkrechte Umrisse, die sich von der Ebene erhoben.
    Er ging auf sie zu.
    Dolmen.
    Es überstieg jegliches Begriffsvermögen. Es schien unmöglich, dass die Ebene vor ihm einst Luft, Sonnenlicht und trockene Winde gekannt hatte.
    Und dann sah er, dass die aufragenden Steine aus dem gleichen Fels bestanden wie die Ebene, dass sie tatsächlich ein Teil dieser Ebene waren, sich wie feste Vorsprünge erhoben. Und als Brys näher kam, entdeckte er, dass Zeichen in ihre Oberfläche geritzt waren, ein ununterbrochener Strang miteinander verbundener Schriftzeichen.
    Sechs Dolmen insgesamt, die eine Reihe bildeten, die diagonal von der Kante der Grabenmauer wegstrebte.
    Vor dem vordersten Stein blieb er stehen.
    Die Schriftzeichen bildeten ein silbernes Muster auf dem schwarzen Stein, und in der unebenen Oberfläche unter den Symbolen sah er die Andeutungen einer Gestalt. Mit vielen Gliedmaßen, einem kleinen, flachen Kopf, fliehender Stirn, einem mächtigen Brauenwulst, der über einer einzelnen Augenhöhle vorragte. Das breite Maul schien aus einer Reihe verlängerter Fühler zu bestehen, die am Ende mit langen, dünnen Fängen protzten; es war geschlossen und bildete eine ineinander verzahnte, stachlige Reihe. Sechs untergliederte Arme, zwei – möglicherweise vier – Beine, kaum sichtbar in dem gewellten schwarzen Stein.
    Die Schriftzeichen umhüllten die Gestalt, und Brys hatte den Verdacht, dass sie eine Art Gefängnis bildeten, eine Barriere, die das Auftauchen der Kreatur verhinderte.
    In den tief eingeritzten Furchen schien das Silber hin und her zu fließen.
    Brys ging um den Dolmen herum und sah andere Gestalten auf den anderen Seiten, von denen sich nicht zwei ähnelten, ein Haufen alptraumhafter, dämonischer Bestien. Nachdem er den ersten Dolmen noch einmal lange angeschaut hatte, ging er weiter zum nächsten stehenden Stein. Und fand noch mehr.
    Der vierte Dolmen war anders. Auf einer Seite waren die Schriftzeichen ausgefasert, das Silber ausgeschwemmt, und wo eine Gestalt hätte sein sollen, war eine vielsagende Einbuchtung, die eine massige, grobschlächtige Kreatur mit sich schlängelnden Tentakeln als Gliedmaßen zurückgelassen hatte.
    Die stumme leere Vertiefung machte ihn frösteln. Etwas war frei, und Brys glaubte nicht, dass es ein Gott war.
    Mael, wo bist du? Sind das hier deine Diener?
    Oder deine Trophäen?
    Er starrte die Einbuchtung an. Das, was nicht da war, war weitaus bedeutender als das, was vor ihm in die Höhe ragte. Sie sind verlassen worden, flüsterte seine Seele. Mael war fort. Diese Welt war den dunklen, reißenden Strömungen und den Herden aus Abfall überlassen worden.
    »Du bist gekommen, um noch einen zu holen, nicht wahr?«
    Brys wirbelte herum. Zehn Schritt entfernt stand eine große, von einer Rüstung umhüllte Gestalt. Schwarzes, patiniertes Eisen, das mit von Grünspan fleckigen Nieten beschlagen war. Ein großer Helm mit vollständigen Wangenschützern, die bis hinunter zur Kinnlinie reichten; die Brücke von der Nase bis zum Kinn war verstärkt. Die schmalen Augenschlitze waren von Gitternetzen umschlossen, die sich bis unter die Wangenschützer zogen und zerfetzt und steif auf Schultern und Brustpanzer hingen. Entenmuscheln verkrusteten die Gelenke an Armen und Beinen, und die Ausläufer hell gefärbter Pflanzen, die sich an Rissen in der Rüstung festhielten, bewegten sich in der Strömung. Panzerhandschuhe aus sich überlappenden Platten aus makellosem Silber hielten ein Zweihandschwert, dessen Klinge so breit war wie Brys’ Hände lang. Die stumpfe Spitze des Schwerts ruhte auf dem Boden. Von den metallumhüllten Händen strömte Blut, wie er jetzt sah.
    Der Letherii zog sein eigenes Langschwert. Plötzlich zerrten die brodelnden Strömungen an ihm, als wäre all das, was ihn bisher gegenüber den Verheerungen dieser Welt in der Tiefe immun gemacht hatte, auf einmal verschwunden. Bei jeder Woge zuckte und drehte sich die Klinge in seiner Hand. Um sich gegen eine Waffe zu behaupten, wie sie der Krieger schwang, würde er Schnelligkeit brauchen, und seine wichtigste Taktik würde darin bestehen auszuweichen. Der Letheriistahl seines Langschwerts würde bei einer Parade nicht brechen, seine Arme möglicherweise schon.
    Und jetzt stießen ihn die Strömungen herum, kämpften mit dem Schwert in seiner Hand. Es bestand keine Hoffnung, diese Kreatur bekämpfen zu können.
    Der Krieger hatte eine Sprache gesprochen, die

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