Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
SdG 08 - Kinder des Schattens

SdG 08 - Kinder des Schattens

Titel: SdG 08 - Kinder des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Ericson
Vom Netzwerk:
»Gute Güte.«
    »Oh, das ist mal eine beißende Entgegnung, was? Nur zu wahr, da sieht man, was passiert, wenn ein anständiger Mann keinen Schlaf bekommt!«
    Ein kleiner Tontopf zerbarst auf den Pflastersteinen zwischen ihnen, gefolgt von einem wütenden Schrei aus einem der Fenster im gegenüberliegenden Gebäude.
    »Da!«, rief Padderunt und hielt sich mit einer Hand den Kopf, während er im Kreis herumstolperte. »Ihr macht aus unseren Nachbarn gewalttätige Feinde! Aber Ihr lebt ja auch nicht hier, nicht wahr?«
    »Beruhige dich«, sagte Tehol. »Und für den Fall, dass du es vergessen hast: Ich hatte dich einfach nur gefragt, wie es dir heute Morgen geht. Deine Antwort hätte eigentlich genauso geistlos und unbestimmt ausfallen müssen. Wenn ich eine Liste deiner Unpässlichkeiten hätte haben wollen … nun, das wollte ich aber nicht. Wer würde so was schon wollen? Ich hatte eine harmlose, höfliche Antwort erwartet, Padderunt, keine üblen Beschimpfungen.«
    »Ach, tatsächlich? Nun, woher hätte ich das wissen sollen? Kommt, hier ganz in der Nähe gibt es einen Ort, an dem es tolle Getreidekuchen gibt. Und Rostlaubtee, der Tote aufwecken kann.«
    Die beiden gingen nebeneinander die Straße entlang.
    »Hast du es versucht?«, fragte Tehol.
    »Was versucht?«
    »Tote mit Rostlaubtee aufzuwecken.«
    »Es hätte eigentlich klappen müssen.«
    »Aber es hat leider nicht geklappt.«
    »Es hätte aber klappen müssen. Das Zeug lässt das Herz doppelt so schnell schlagen und sorgt dafür, dass man alles wieder hochbringt, was man im Magen hat.«
    »Ich kann es kaum erwarten.«
    »Nur bis Ihr Euch daran gewöhnt habt. Außerdem ist es auch ein gutes Mittel gegen Insekten. Spritzt es einfach auf den Fußboden und in Risse und Spalten und so. Ich kann es gar nicht genug empfehlen.«
    »Die meisten Menschen rauchen Rostlaub und kochen keinen Tee daraus.«
    »Barbaren. Wir sind da. Ihr bezahlt, in Ordnung?«
    »Und womit?«
    »Dann lass ich es auf Selush anschreiben, was bedeutet, dass Ihr es einfach nur später bezahlen müsst.«
    »Gut.«
     
    Shurq Elalle stand vor dem langen, silbernen Spiegel. Instinktiv schätzte sie den Wert des ganzen Silbers, bevor sie sich schließlich auf ihr Spiegelbild konzentrierte. Ihre Haut hatte eine gesunde Blässe, ihre Wangen glühten vor Vitalität. Ihre Haare waren sauber und zum ersten Mal seit vielen Jahren geschnitten worden, und sie dufteten nach einem Hauch von Patschuli. Das Weiße ihrer Augen war klar, und in ihren Pupillen spiegelte sich ein feuchter Schimmer. Ihre aus verfaultem Leder und Leinen bestehende alte Kleidung war durch schwarze Seide unter einer kurzen, schwarzen Kalbslederjacke ersetzt worden. Ein neuer Waffengürtel, braune Beinlinge und hochschäftige Stiefel. Enge Lederhandschuhe. »Ich sehe aus wie eine Hure.«
    »Aber nicht unbedingt wie eine alte Hure, stimmt’s?«, sagte Selush.
    »Stimmt. Ich werde dein Geld nehmen und dich dann umbringen – so sehe ich aus.«
    »Da draußen gibt es eine Menge Männer, die auf so was stehen, müsst Ihr wissen.«
    »Umgebracht zu werden?«
    »Absolut. Jedenfalls hat er mir überzeugend dargelegt, dass das nicht Euer Beruf war. Obwohl ich vermute, dass Ihr geneigt sein könntet, mal etwas Neues auszuprobieren. Aber mal ganz nebenbei – wie fühlt sich eigentlich die Uhtuhluh an?«
    »Hungrig. Kann ich sie nicht mit … äh … etwas anderem füttern?«
    Selushs Augen schienen Funken zu sprühen. »Experimentieren, das ist der wahre Geist!«
    Manche Kommentare, dachte die untote Frau, verdienten keine Antwort.
    Shurq Elalle spannte die Muskeln an, die es ihr erlauben würden, Luft zu holen – sie waren lange nicht benutzt worden, und es war ein merkwürdiges Gefühl, ganz schwach und entfernt zu spüren, wie die Luft durch ihre Kehle strich und ihre Brust ausfüllte. Nach der Pumpe hatte es Infusionen gegeben. Die Luft, die sie ausatmete, roch nach Zimt und Myrrhe. Besser als jeden Tag Flussschlamm.
    »Eure Arbeit ist annehmbar«, sagte sie.
    »Nun, das ist aber eine Erleichterung! Es dämmert gleich, und ich habe Hunger. Sollen wir gleich einmal ausprobieren, wie Ihr Euch macht, meine Liebe? Ich nehme an, Tehol und mein Gehilfe sind in der nächsten Taverne und frühstücken. Lasst uns zu ihnen gehen.«
    »Ich dachte, ich sollte nichts essen und trinken?«
    »Nein, aber Ihr könnt Eindruck machen und liebäugeln, oder?«
    Shurq starrte die Frau an.
    Selush lächelte. Dann klimperte sie mit den Wimpern und drehte

Weitere Kostenlose Bücher