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SdG 08 - Kinder des Schattens

SdG 08 - Kinder des Schattens

Titel: SdG 08 - Kinder des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Ericson
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sich, bis er sich befreit hatte, und riss dem Wolf das Schwert aus dem Maul. Blut schoss heraus, und eine Zunge fiel auf das verkrustete Eis vor ihm; die Muskeln zuckten, als wäre das Ding lebendig. Er ging in die Hocke und machte dann einen Satz auf das zappelnde Tier zu. Rammte ihm die Schwertspitze in den Hals.
    Der Wolf keuchte, trat um sich, als versuchte er zu entkommen, und sackte dann reglos auf dem blutroten Schnee zusammen.
    Trull taumelte zurück. Er sah das erste Tier, das noch immer da lag, wo der Speer ihm das Leben geraubt hatte, ehe er zerbrochen war. Hinter dem Kadaver standen drei Jheck-Jäger – die wieder mit dem alles umhüllenden Weiß verschmolzen.
    Blut strömte Trulls linken Unterarm hinunter und sammelte sich in seinem Handschuh. Er hob den Arm und drückte ihn sich gegen den Bauch. Die Splitter herauszuziehen würde warten müssen. Keuchend legte er das Schwert aus der Hand und schob seinen linken Unterarm unter den Speergurt. Dann hob er sein Schwert wieder auf und ging weiter.
    Nichts als Vergessen auf allen Seiten. Ein Vergessen, in dem Alpträume erblühen konnten, plötzlich und ungehindert, die auf ihn zurasten, so schnell sein von Entsetzen beherrschter Verstand sie zum Leben erwecken vermochte … einen nach dem anderen, in endloser Folge, bis der Tod ihn holte – bis das Weiß hinter seine Augen glitt.
    Er torkelte weiter, fragte sich, ob der Kampf tatsächlich stattgefunden hatte, nicht willens, nach unten zu sehen, um sich der Wunden an seinem Arm zu vergewissern – denn er fürchtete, nichts zu sehen. Er konnte unmöglich zwei Wölfe getötet haben. Er konnte sich unmöglich dafür entschieden haben, einfach in die eine Richtung und nicht in eine andere zu schauen, um dem Angriff frontal entgegenzutreten. Er konnte unmöglich sein Schwert genau die richtige Anzahl von Schritten hinter sich in den Schnee gerammt haben, als hätte er vorher gewusst, wie weit der Aufprall ihn nach hinten schleudern würde. Nein, er hatte sich den ganzen Kampf nur eingebildet. Jede andere Erklärung ergab keinerlei Sinn.
    Und daher schaute er nach unten.
    Unmengen von Splittern ragten wie verdrehte Dornen aus seinem Unterarm. Ein sich schwarz verfärbendes Schwert in seiner rechten Hand; an dem geronnenen Blut in der Nähe der Parierstange klebte ein weißes Fellbüschel. Sein Speer war fort.
    Ich habe Fieber. Die Willenskraft meiner Gedanken ist durch meine Augen herausgesickert und verdreht alles, was ich sehe. Selbst die Schmerzen in meiner Schulter sind nichts als Einbildung.
    Rasche Schritte hinter ihm.
    Mit einem Aufschei wirbelte Trull herum – sein Schwert zischte durch die Luft.
    Die Klinge grub sich knapp über dem Ohr seitlich in den Schädel eines Wilden. Knochen brachen, Blut spritzte aus dem Auge und dem Ohr auf dieser Seite. Die Gestalt brach zusammen.
    Ein anderer schoss tief gebückt von rechts heran. Trull machte einen Satz rückwärts, wobei er gleichzeitig seine Klinge nach vorn stieß. Er beobachtete – und die Bewegung erschien ihm erschreckend langsam – wie der Jheck seinen Speer drehte, um zu parieren. Beobachtete, wie das Schwert unter dem Hindernis hindurchtauchte, sich dann erneut streckte, um schließlich mit der Spitze voran unter das linke Schlüsselbein des Mannes zu gleiten.
    Ein dritter Angreifer zu seiner Linken, der mit der Speerspitze auf Trulls Augen zielte. Er beugte sich nach hinten, drehte sich auf seinem rechten Fuß einmal im Kreis, und führte die Klinge seines Schwerts sanft über die Kehle des Wilden. Eine rote Flut ergoss sich über die Brust des Jheck.
    Trull vollendete seine Drehung und nahm seinen Dauerlauf wieder auf; der Schnee stach ihm in die Augen.
    Nichts als Alpträume.
    In Wirklichkeit lag er reglos am Boden, und der Schnee deckte ihn langsam zu, während sein Geist immer weiterrannte, vor dieser Lüge floh, dieser leeren Welt, die gar nicht leer war, diesem dichten Weiß, das sich wieder und wieder unvermittelt in Farbe und Bewegung verwandelte.
    Angreifer, die aus der Dunkelheit und dem Schneegestöber auftauchten. Augenblicke fiebrigen Kampfes, Funken und das Zischen von Stahl und das Krachen von Holz und Stein. Eine Folge von Überfällen, die kein Ende zu nehmen schien, was Trull davon überzeugte, dass er tatsächlich in einem Alptraum gefangen war, der sich immer weiter in sich zusammenfaltete. Jedesmal tauchten die Jheck zu dritt auf; es waren niemals mehr, und der Hiroth-Krieger begann zu glauben, dass es immer dieselben drei

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