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SdG 08 - Kinder des Schattens

SdG 08 - Kinder des Schattens

Titel: SdG 08 - Kinder des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Ericson
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geklungen hatten; erinnerte sich an die Windböen, die zehrende Kälte. Und die entsetzlichen Jheck, stumme Jäger, die eine gefrorene Welt für sich beanspruchten. Sie hatten das Schwert gewollt. Warum?
    Wie viele Jheck konnten die Eisfelder ernähren? Wie viele hatten sie getötet? Wie viele Frauen und Kinder würden jetzt trauern? Und hungern?
    Wir hätten fünfhundert Mann sein müssen. Dann hätten sie uns einfach in Ruhe gelassen.
    »Seht mal, da drüben!«
    Bei Midiks Ruf drehte Trull sich um, schaute in die Richtung, in die Midik zeigte. Nach Norden, wo ein Dutzend großer Tiere vom Eis herabkam; sie waren vierbeinig und braun bepelzt, und trugen lange, geschwungene Stoßzähne beiderseits einer dicken, gekrümmten Schnauze.
    Gewichtig und majestätisch stapften die Kreaturen auf den See zu.
    Dies ist nicht unsere Welt.
    Ein Schwert wartete im nicht nachlassenden Griff einer Leiche, die von gewachster Leinwand umhüllt und mit Eis umgeben war. Eine Waffe, die mit der unerbittlichen Umarmung der Kälte vertraut war. Sie gehörte nicht in Hannan Mosags Hände.
    Es sei denn, der Hexenkönig hatte sich verändert.
    Und vielleicht hat er das auch.
    »Komm und iss etwas, Trull Sengar«, rief sein Bruder hinter ihm.
    Schwestern, habt Erbarmen mit uns, mit der Art und Weise, wie wir einfach immer weiter und weiter machen. Ich wünschte, wir wären alle dort hinten, in der Eisöde gestorben. Ich wünschte, wir hätten versagt.

Kapitel Neun
     
    Du magst auf diese Art geschrieben sein
    in Stränge gesponnen, in Fäden genäht
    Blut gewoben zu dem Kind, das du einst warst
    hingekauert im Schoß der Nacht
    Und die Dämonen außerhalb deines Augenwinkels
    strömen herab
    in einem Wirbel spinnenartiger Glieder,
    und sie verschnüren dich eng
    um dich später zu fressen.
    Du magst auf diese Art geschrieben sein
    sinnlos niedergestochen am Straßenrand
    aufgelauert auf dem dunklen Pfad
    und die Erinnerungen außerhalb deines Augenwinkels
    nähren sich am Schlamm
    grässliche Flüssigkeiten rinnen
    aus unglaubwürdiger Vergangenheit
    und all dem, was gewesen sein mag.
    Du würdest auf diese Weise geschrieben sein
    könntest du den Kadaver zerbrechen
    und einmal mehr das Kind entfalten
    das du einst warst.
     
    Aufgelauert
    Wrathen Urut
     
    A
    n den Strand gespült, nackt und grau, lag der junge Mann reglos im Sand. Seine braunen Haare waren ein wirres Durcheinander, in das auch Zweige und Tangfäden verwoben waren. Schuppige Vögel stolzierten um den Körper herum.
    Sie stoben auseinander, als Withal näher kam und erhoben sich flügelschlagend in die Luft. Als kurz darauf drei schwarze Naechts vom Grasstreifen heruntersprangen, kreischten die Vögel auf und wirbelten aufs Wasser hinaus.
    Withal ging neben der Gestalt in die Hocke und musterte sie einen Moment lang, dann streckte er einen Arm aus und rollte sie auf den Rücken.
    »Wach auf, Junge.«
    Augen wurden aufgerissen, Augen, in denen überraschtes Entsetzen und Schmerz zu lesen waren. Der Mund öffnete sich, der Nacken reckte sich, und durchdringende Schreie stiegen in die Luft. Der junge Mann wand sich in Krämpfen, seine Beine bewegten sich zuckend über den Sand, und er riss sich mit den Händen an den Haaren.
    Withal blieb einfach hocken und wartete.
    Die Schreie wurden heiser, wurden allmählich von Schluchzern abgelöst. Die Krämpfe ließen nach, wurden zu Wogen des Erschauerns, und schließlich rollte sich der junge Mann langsam im Sand zusammen.
    »Es wird leichter, so hofft man«, murmelte Withal.
    Der Kopf wandte sich ihm zu; große, feuchte Augen richteten sich auf Withal. »Was … Wo …«
    »Das sind die beiden Fragen, die ich am wenigsten beantworten kann, mein Junge. Lass es uns daher mit den leichteren versuchen. Ich heiße Withal und stamme aus der Dritten Stadt der Meckros. Du bist hier – wo immer hier auch sein mag –, weil mein Herr es so will.« Er richtete sich ächzend auf. »Kannst du aufstehen? Er erwartet dich im Landesinnern – es ist nicht weit.«
    Der Blick wanderte von ihm weg zu den drei Naechts am Rand des Grasstreifens. »Was sind das für Dinger? Was macht der eine da?«
    »Das sind Bhoka’ral. Naechts. Nenne sie, wie du willst. So wie ich. Derjenige, der das Nest baut, ist Pule, ein junges Männchen. Für das Nest da hat er fast eine Woche gebraucht – sieh nur, wie besessen er davon ist, wie er hier und da Zweige zurechtrückt, Tang hineinflicht, immer wieder mit kritischem Blick darum herumgeht. Das ältere Männchen, das

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