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SdG 08 - Kinder des Schattens

SdG 08 - Kinder des Schattens

Titel: SdG 08 - Kinder des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Ericson
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behauptet, unsere Bemühungen seien ein Fehlschlag gewesen. Was noch schlimmer ist – er glaubt, wir hätten ihn verraten. Er verbirgt diesen Verdacht gut, aber ich kann es doch erkennen.«
    Trull schwieg einen Augenblick; dann murmelte er: »Ich frage mich, wann der Verrat begonnen hat. Und mit wem.«
    »Du hast von Anfang an deine Zweifel gehabt, was dieses ›Geschenk‹ angeht.«
    »Jetzt habe ich sogar noch mehr Zweifel. Ein Schwert, das seinen Zugriff auf einen toten Krieger nicht aufgibt. Was ist das für eine Waffe, Forcht? Welche Art von Zauberei tobt in ihrem Innern?« Er blickte seinen Bruder an. »Hast du dir die Klinge einmal genau angesehen? Oh, sie ist mit großem Können gemacht, aber im Stahl sind … Bruchstücke eingeschlossen. Stücke irgendeines anderen Metalls, das dem Schmieden widerstanden hat. Jeder Lehrling eines Schwertschmieds könnte dir sagen, dass so eine Klinge beim ersten Hieb zerspringen wird.«
    »Das hätte die Zauberei, mit der die Klinge ausgestattet ist, zweifellos verhindert«, erwiderte Forcht.
    »Nun«, seufzte Trull Sengar, »dann wird Rhulads Leichnam also gerade vorbereitet.«
    »Ja, es hat angefangen. Der Hexenkönig hat sich mit unseren Eltern in sein Langhaus zurückgezogen. Allen anderen ist es verboten, dort einzutreten. Es werden … Verhandlungen stattfinden.«
    »Mit dem Ziel, dass unsere Eltern einwilligen, ihrem jüngsten Sohn die Hände abtrennen zu lassen – was wird er ihnen als Gegenleistung anbieten?«
    »Ich weiß es nicht. Die Entscheidung wird natürlich öffentlich verkündet werden. In der Zwischenzeit sind wir auf uns gestellt.«
    »Wo ist Binadas?«
    Forcht zuckte die Schultern. »Die Heiler haben ihn mitgenommen. Es wird Tage dauern, bis wir ihn wiedersehen. Magier sind nicht leicht zu heilen, besonders, wenn es um gebrochene Knochen geht. Die Arapay, die sich um ihn gekümmert haben, haben gesagt, dass mehr als zwanzig Knochenstücke lose in seinem Fleisch liegen. Und die müssen alle zurück an den richtigen Platz gebracht und geheilt werden. Muskeln und Sehnen müssen wieder miteinander verbunden, Blutgefäße versiegelt und geronnenes Blut entfernt werden.«
    Trull ging zu einer Bank an der Wand, setzte sich und barg den Kopf in den Händen. Die ganze Reise erschien ihm jetzt unwirklich, abgesehen von den Wunden an seinem Körper und den Schäden an seiner Rüstung – und der schrecklichen Tatsache, dass im Haus der Toten eine Leiche lag, die nun für die Bestattung gekleidet wurde.
    Die Jheck waren Wechselgänger gewesen. Das hatte er nicht erfasst. Die Wölfe …
    Wechselgänger zu sein war ein Geschenk, das Vater Schatten und den Seinen gehörte. Es gehörte zum Himmel, zu Kreaturen von gewaltiger Macht. Dass primitive, unwissende Barbaren eine Gabe von solch wunderbarer, heiliger Macht besitzen sollten, ergab keinen Sinn.
    Wechselgänger. Es schien jetzt … schmutzig. Eine Waffe, die so wild und weltlich war wie eine Axt mit schartiger Klinge. Er konnte nicht verstehen, wie so etwas möglich war.
    »Eine schwere Prüfung erwartet uns, Bruder.«
    Trull blinzelte zu Forcht hoch. »Du spürst es auch. Etwas kommt, stimmt’s?«
    »Ich bin dieses … dieses Gefühl nicht gewohnt. Dieses Gefühl von Hilflosigkeit. Keine Ahnung zu haben.« Er rieb sich das Gesicht, als wollte er versuchen, Muskeln, Blut und Knochen die richtigen Worte zu entlocken. Als kämpfte all das, was in ihm wartete, ständig vergeblich und verzweifelt darum, eine Stimme zu finden, die andere hören konnten.
    Eine Woge aus Mitgefühl schwappte durch Trull hindurch, und er senkte den Blick, wollte nicht länger mit ansehen, wie unbehaglich sein Bruder sich fühlte. »Mir geht es genauso«, sagte er, obwohl diese Aussage nicht ganz stimmte. Für ihn war das Gefühl der Hilflosigkeit nichts Ungewohntes; doch mit manchen Gefühlen lernte man zu leben. Er hatte keine von Forchts natürlichen, körperlichen Fähigkeiten, nichts von der Leichtigkeit seines Bruders. Es schien, als bestünde sein einziges echtes Talent darin, schonungslos zu beobachten – und das in Verbindung mit einer düsteren Vorstellungskraft. »Wir sollten dafür sorgen, dass wir ein bisschen Schlaf bekommen«, fügte er hinzu. »In Augenblicken wie diesen kann man es sich nicht erlauben, erschöpft zu sein. Es wird nichts angekündigt werden, ohne dass wir dabei sind.«
    »Das stimmt, Bruder.« Forcht zögerte, dann streckte er einen Arm aus und legte Trull eine Hand auf die Schulter. »Ich wollte, du

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