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SdG 08 - Kinder des Schattens

SdG 08 - Kinder des Schattens

Titel: SdG 08 - Kinder des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Ericson
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Nachfrage. Warum wünscht der Kanzler mit mir zu sprechen?«
    Brizad zuckte die Schultern. »Ich bin niemand, der solche Fragen stellt. In dieser Angelegenheit bin ich nichts weiter als ein Bote, Finadd.«
    Brys musterte ihn einen Augenblick und nickte dann einfach. »Ich nehme Triban Gnolls Einladung an. In einem Glockenschlag?«
    »Das sollte genügen. Lasst uns um unser aller Heil willen hoffen, dass dies nicht eine Ausweitung der Fehde zwischen dem Kanzler und dem Ceda bedeutet.«
    Brys war überrascht. »Zwischen den beiden herrscht eine Fehde? Davon hatte ich noch gar nichts gehört. Ich meine, abgesehen von dem – nun, ja – dem üblichen Aufeinandertreffen gegensätzlicher Ansichten.« Er überlegte ein Weilchen und fügte dann hinzu: »Ich teile Eure Besorgnis, Galan.«
    »Kommt es Euch manchmal auch so vor, als würde Frieden zu einem Übermaß an Streitereien führen?«
    »Nein, denn Eure Feststellung ist absurd. Das Gegenteil von Frieden ist Krieg, und Krieg ist eine extreme Form von Streit. Eurer Behauptung zufolge besteht das Leben aus einem Hin und Her zwischen Streit in Friedenszeiten und Streit in Kriegszeiten.«
    »Nun, dann ist sie nicht vollkommen absurd«, sagte Turudal Brizad. »Wir leben in einem Zustand von anhaltendem Stress. Sowohl im Innern als auch in der Welt draußen.« Er zuckte die Schultern. »Wir mögen davon sprechen, dass wir uns nach Harmonie sehnen, doch in unseren Seelen brennt das Verlangen nach Missklang.«
    »Falls Eure Seele sich Sorgen macht, Galan«, sagte Brys, »dann verbergt Ihr das gut.«
    »An dieser Fähigkeit mangelt es niemandem hier, Finadd.«
    Brys legte den Kopf schief. »Ich bin nicht geneigt, Streitereien zu frönen. Ich stelle fest, dass ich noch immer nicht mir Eurer Prämisse übereinstimme. Wie auch immer, ich muss jetzt gehen, Galan.«
    Auf dem Weg in seine Gemächer dachte Brys über Turudal Brizads Worte nach. Es war gut möglich, dass eine Warnung darin verborgen war, doch abgesehen von dem offensichtlichen Hinweis darauf, dass nicht alles war, wie es schien – und im Palast wurde das als gegeben hingenommen –, konnte er die Feinheiten der Absichten des Galans nicht durchschauen.
    Stress war ein Teil des Bauplans des Geistes, nahm Brys an. Abhängig von der persönlichen Perspektive und dem Farbton, in dem man die Welt sah – Dinge, die sowohl durch die Natur als auch die Erziehung geformt wurden. Vielleicht erzeugte der Lebenskampf auf einer grundsätzlichen Ebene tatsächlich eine gewisse Art von Stress, doch das war nicht dasselbe wie ein Streit, den ein reger Geist heraufbeschwören konnte – mit seinen unzähligen Stürmen aus Wünschen, Gefühlen, Sorgen und Ängsten, seinem unbarmherzigen Zwiegespräch mit dem Tod.
    Brys war schon vor langer Zeit klar geworden, was ihn zur Kampfkunst hingezogen hatte. Die kriegerische Welt, vom Duell bis zur Kriegführung, war eine von Natur aus vereinfachte, das Zwiegespräch einfach und geradeheraus. Drohungen, Abkommen und Übereinkünfte wurden durch die Länge von Letherii-Stahl gebannt. Selbstdisziplin erlegte einem ein gewisses Maß an Kontrolle über das eigene Schicksal auf, was im Gegenzug dazu diente, die schädigenden Auswirkungen des Stress zu verringern. Dies umso mehr, wenn dem Ausübenden klar wurde, dass, wenn er kämpfte und alles andere fehlschlug, der Tod den blinden Zufall nutzte und man daher keine andere Möglichkeit hatte, als die Folgen hinzunehmen, wie brutal sie auch sein mochten. Einfache Ideen, über die man in seiner Freizeit nachdenken konnte, wenn man wollte – jedoch niemals, wenn man mit blanker, tanzender Klinge einem Feind gegenüber stand.
    Physikalische Gesetze brachten eindeutig definierte Einschränkungen mit sich und führten zu einer klaren Vorhersehbarkeit, mit der Brys sehr zufrieden war – sie vermochte ihm jene Struktur zu liefern, um die herum er sein Leben aufbauen konnte.
    Turudal Brizads Leben war weit weniger gewiss. Sein Körper und dessen Anziehungskraft auf andere war sein einziger Vorzug, und keine noch so große Sorgfalt konnte die Jahre aufhalten, die ihn bedrohten. Zugegeben, man konnte alchemistische und magische Mittel aufbieten, die aushalfen, doch die dunkle Flut ließ sich nur widerwillig auf einen Handel ein, denn sie folgte ihren eigenen Gesetzen, und diese Gesetze waren unabänderlich. Und, was noch schlimmer war, Brizads Erfolg wurde durch die Launen anderer bestimmt. So professionell er alles auch angehen mochte – jeder seiner Partner

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