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SdG 08 - Kinder des Schattens

SdG 08 - Kinder des Schattens

Titel: SdG 08 - Kinder des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Ericson
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linken Arms der meines rechten ziemlich ähnlich – wenn nicht sogar gleich – ist. Warum machst du mit dieser Farce weiter? Du hast keine Begabung, die der Rede wert wäre, eigentlich für nichts, wenn man es genauer bedenkt. Wahrscheinlich habe ich dich deshalb so gern, Bagg.«
    »Nicht halb so sehr, wie Ihr Euch selbst gern habt«, erwiderte der alte Mann und strickte weiter.
    »Nun, ich sehe keinen Sinn darin, das zu bestreiten.« Tehol Beddict seufzte, wackelte unter der fadenscheinigen Decke mit den Zehen. Der Wind war erfrischend; er war angenehm kühl und roch nur schwach nach den Stinkenden Niederungen am linken Ufer. Das Bett und der Schemel waren die einzigen Möbelstücke auf dem Dach von Tehols Haus. Bagg schlief trotz der drückenden Hitze noch immer unten und kam nur hier herauf, wenn er etwas tat, wozu er Licht brauchte. Es spart Lampenöl, sagte sich Tehol. Schließlich war Öl schrecklich teuer geworden, seit es immer weniger Wale gab.
    Er griff nach einer von dem halben Dutzend getrockneter Feigen auf dem angelaufenen Tablett, das Bagg neben ihm abgestellt hatte. »Oh, noch mehr Feigen. Dann erwartet mich also wieder ein demütigender Marsch zu den öffentlichen Aborten.« Er kaute abwesend, während er die Arbeiter beobachtete, die affengleich auf der Kuppel des Ewigen Domizils herumkletterten. Dieser hervorragende, ungehinderte Blick auf den in einiger Entfernung gelegenen Palast, der sich im Herzen Letheras’ erhob, ergab sich rein zufällig und war dadurch umso befriedigender, besonders die Art, wie die nahe gelegenen Türme und Brücken der Dritten Anhöhe König Ezgara Diskanars Dünkel so trefflich umrahmten. »Das Ewige Domizil, in der Tat. Ewig unvollendet.«
    Die Kuppel hatte sich als eine solche Herausforderung für die königlichen Architekten erwiesen, dass vier von ihnen während des Baus Selbstmord begangen hatten, und ein weiterer auf tragische, wenn auch irgendwie rätselhafte Weise in einem Abflussrohr umgekommen war. »Siebzehn Jahre und immer noch nicht fertig. Sieht ganz so aus, als ob sie das mit dem fünften Flügel endgültig sein lassen. Was glaubst du, Bagg? Ich schätze deine fachmännische Meinung.«
    Baggs Fachkenntnis belief sich darauf, den Herd in der Küche unter ihnen neu aufzubauen. Zweiundzwanzig gebrannte Ziegel, annähernd würfelförmig aufeinander geschichtet; tatsächlich wäre das Ding richtig würfelförmig gewesen, hätten nicht drei der Ziegel vom örtlichen Friedhof – genauer gesagt von einem eingestürzten Mausoleum – gestammt. Steinmetze, die Grabsteine anfertigten, klammerten sich an absonderliche Ideen, welche Abmessungen ein Ziegel haben sollte, fromme Bastarde, die sie nun einmal waren.
    Als Antwort auf Tehols Frage blickte Bagg auf und blinzelte mit beiden Augen.
    Fünf Flügel hatte der Palast, und in der Mitte erhob sich die Kuppel. Jeder Flügel hatte vier Ebenen, außer dem an der Uferseite, wo nur zwei Ebenen gebaut worden waren. Die Arbeit war unterbrochen worden, als man entdeckt hatte, dass der Lehm unter dem Fundament dazu neigte, nach den Seiten wegzuglitschen – etwa so, wie wenn man die Faust um einen Butterbarren schloss. Der fünfte Flügel sackte ab.
    »Kies«, sagte Bagg und machte sich wieder ans Stricken.
    »Was?«
    »Kies«, wiederholte der alte Mann. »Man muss tiefe Löcher in den Lehm bohren, alle paar Schritte oder so, und sie mit Kies füllen und das Ganze mit Rammen verdichten. Obendrauf kommt ein Deckel, und darauf kann man dann die Säulen des Fundaments bauen. Wenn kein Gewicht auf dem Lehm lastet, hat er auch keinen Grund, sich davonzumachen.«
    Tehol starrte auf seinen Diener hinunter. »In Ordnung. Wie im Namen des Abtrünnigen bist du darauf gekommen? Und erzähl mir jetzt bloß nicht, du bist darüber gestolpert, als du versucht hast, unseren Herd vom Umherwandern abzuhalten.«
    Bagg schüttelte den Kopf. »Nein, so schwer ist er nicht. Aber wenn er es wäre, hätte ich genau das getan.«
    »Ein Loch gebohrt? Wie tief?«
    »Bis zum Grundgestein natürlich. Anders klappt es nicht.«
    »Und es mit Kies gefüllt.«
    »Der gut festgestampft wird, ja.«
    Tehol nahm sich eine weitere Feige von dem Tablett, wischte den Staub ab – Bagg hatte wieder einmal Überreste vom Markt ergattert. Und dabei die Ratten und Hunde ausgetrickst. »Das würde eine wirklich beeindruckende Kochstelle abgeben.«
    »Das würde es.«
    »Man könnte sicher und zufrieden kochen, in dem Wissen, dass die flache Steinplatte sich niemals

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