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SdG 08 - Kinder des Schattens

SdG 08 - Kinder des Schattens

Titel: SdG 08 - Kinder des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Ericson
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lauter.
    Gerun lehnte sich auf die Brüstung, sog tief die Luft zwischen den Zähnen hindurch ein und gab dabei das mittlerweile berüchtigte, pfeifende Geräusch von sich. »Die meisten Mischlinge mit Tarthenal-Blut in den Adern bekommen die miesesten Charakterzüge ab«, murmelte er und grinste dann plötzlich. »Aber bei Ublala Pung ist das anders.«
    Ein Aufschrei der Menge, die den Laufgang und die Stufen säumte, wie auch vom gegenüberliegenden Kanalufer. Die Wachen führten den Verbrecher die Rampe entlang. Ublala ging vornübergebeugt, er mühte sich unter dem Gewicht des Sacks. An der Wasserlinie stieß er die Wachen beiseite und drehte sich um.
    Er zog seinen Lendenschurz herunter. Und urinierte in hohem Bogen.
    Irgendwo schrie eine Frau auf.
    »Sie werden den Leichnam rausfischen«, sagte ein Händler ehrfürchtig, »unten bei den Wirbeln. Ich habe gehört, es gibt Ärzte, die können …«
    »Und dafür würdest du doch glatt eine Spitze zahlen, was, Zöllchen«, unterbrach ihn sein Begleiter.
    »Mir fehlt nichts, Hulbat – kümmere dich lieber um dich! Ich habe nur gesagt …«
    »Und zehntausend Frauen träumen jetzt!«
    Es wurde schlagartig still, als Ublala Pung sich zum Kanal umdrehte.
    Und dann vorwärts ins Wasser schritt. Bis zu den Hüften, der Brust, den Schultern.
    Einen Augenblick später verschwand sein Kopf im trüben, fauligen Wasser.
    Kein Fuchteln, kein Zappeln. Diejenigen, die auf Untergehen gesetzt hatten, jubelten triumphierend. Die Menge begann sich zu zerstreuen, einzelne Gestalten umringten die Buchmacher.
    »Brys Beddict, wie weit ist es bis zur anderen Seite?«
    »Einhundert Schritt.«
    »Stimmt.«
    Sie lehnten sich immer noch auf die Brüstung. Nach einem kurzen Moment warf Brys dem Finadd einen spöttischen Blick zu. Gerun nickte in Richtung der Rampe. »Seht Euch die Leine an, mein Junge.«
    Um die Rückholleine herum herrschte eine gewisse Unruhe, und Brys sah – ungefähr zum gleichen Zeitpunkt, da lauter werdende Stimmen darauf hindeuteten, dass auch andere es sahen –, dass die Rolle sich immer noch abwickelte. »Er geht am Grund entlang!«
    Brys stellte fest, dass er den Blick nicht von dem sich abwickelnden Seil lassen konnte. Ein Dutzend Herzschläge. Zwei Dutzend. Ein halbes Hundert. Und noch immer schlängelte sich das Seil ins Wasser.
    Die Rufe und Schreie erreichten eine ohrenbetäubende Lautstärke. Tauben flatterten von den nahe gelegenen Dächern in die Luft auf und stoben voller Panik auseinander. Wettende stritten sich mit Buchmachern um Zahlungsfliesen. Jemand fiel von der Dritten Stufe – und verfehlte dabei den Kanal unglücklicherweise um gerade mal zwei Schritt. Er prallte auf die Pflastersteine und rührte sich nicht mehr; ein Kreis von Schaulustigen drängte sich um seinen Körper.
    »Das war’s«, seufzte Eberict.
    Eine Gestalt tauchte auf der gegenüberliegenden Rampe auf. Schlamm strömte an ihr herunter.
    »Vier Lungenflügel, mein Junge.«
    Achthundert Stummel. Bei siebzig zu eins. »Ihr seid ein reicher Mann, der gerade eben noch reicher geworden ist, Finadd.«
    »Und Ublala Pung ist ein freier Mann. Ach übrigens, ich habe vorhin Euren Bruder gesehen. Tehol. Drüben, auf der anderen Kanalseite. Er hatte einen Rock an.«
    »Stellt Euch nicht so dicht neben mich, Shand – nein, etwas näher, damit Ihr verstehen könnt, was ich sage, aber nicht zu nah. Nicht so, dass es aussieht, als würden wir einander kennen.« »Ihr habt den Verstand verloren«, erwiderte sie.
    »Vielleicht. Aber egal. Seht Ihr den Mann? «
    »Welchen?«
    »Den Verbrecher natürlich. Das Halbblut, das Urums Pfandhaus zerlegt hat – der Wucherer hat es nebenbei bemerkt verdient …«
    »Tarthenal haben vier Lungenflügel.«
    »Er auch. Ich nehme an, Ihr habt nicht gewettet?«
    »Ich verachte Glücksspiele.«
    »Sehr witzig, Schätzchen.«
    »Was ist mit ihm?«
    »Heuert ihn an.«
    »Mit Vergnügen.«
    »Und dann kauft ihm etwas zum Anziehen.«
    »Muss ich das tatsächlich?«
    »Er wird nicht wegen seiner körperlichen Attribute eingestellt – nun, zumindest nicht wegen dieses Attributs. Ihr drei braucht einen Leibwächter.«
    »Er kann meinen Leib bewachen, wann immer er will.«
    »Das war’s für heute, Shand. Mehr habe ich Euch nicht zu sagen.«
    »Nein, das war’s noch nicht, Tehol. Heute Abend. In der Werkstatt. Und bringt Bagg mit.«
    »Alles läuft wie geplant. Es besteht kein Grund …«
    »Seid da.«
     
    Vor vier Jahren hatte Finadd Gerun Eberict ganz allein

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