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SdG 08 - Kinder des Schattens

SdG 08 - Kinder des Schattens

Titel: SdG 08 - Kinder des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Ericson
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geht am schnellsten, und ich mag das Blut.«
    »Warum magst du das Blut?«
    »Wegen meiner Haare, um sie mir aus dem Gesicht zu halten. Und es riecht nach Leben, nicht wahr? Ich mag den Geruch.«
    »Wie viele tötest du?«
    »Viele. Der Boden braucht sie.«
    »Warum braucht der Boden sie?«
    »Weil er stirbt.«
    »Weil er stirbt? Und was wird geschehen, wenn er stirbt, Kessel?«
    »Alle werden herauskommen.«
    »Oh.«
    »Mir gefällt es hier.«
    »Kessel, von jetzt an werde ich dir sagen, wen du töten sollst«, sagte Shurq. »Mach dir keine Sorgen, es sollten genug sein.«
    »In Ordnung. Das ist nett von dir.«
    Von den Hunderten von Kreaturen, die im Boden des Azath begraben waren, war nur eine in der Lage, dem Gespräch der beiden Untoten oben an der Oberfläche zu lauschen. Der Azath verzichtete auf seinen Griff um diesen Bewohner, nicht aus Schwäche, sondern aus Notwendigkeit. Der Wächter war alles andere als bereit. Ja, möglicherweise, war er niemals bereit gewesen. Die Entscheidung an sich war ein Fehler gewesen, ein weiteres Zeichen nachlassender Macht, des Alters, das herankroch, um Anspruch auf das älteste steinerne Bauwerk in dieser Sphäre zu erheben.
    Der Azath-Turm starb in der Tat. Und Verzweiflung drängte dazu, auf noch nie da gewesenen Pfaden herumzustreunen.
    Unter allen Gefangenen war eine Entscheidung getroffen worden. Und Vorbereitungen waren im Gange, langsam, wie das Vordringen von Wurzeln in Stein, aber ebenso unerbittlich. Doch es war nur noch so wenig Zeit.
    Die drängende Not war ein stummer Schrei, der Blut aus dem Azath-Turm herausdrückte. Fünf miteinander verwandte Kreaturen, die in der Zeit der K’Chain Che’Malle gefangen und seither festgehalten worden waren, waren fast schon in Reichweite der Oberfläche.
    Und das war nicht gut, denn es waren Toblakai.

Kapitel Fünf
     
    Wie Donner gegen die Vertiefung
    Wo das Selbst zwischen den Augen haust,
    Unter dem Schlag zerbarst der Knochen
    Und die Seele wurde hervorgezerrt
    Um sich im Griff unerlöster
    Rache zu winden …
     
    Blutauges Letzte Nacht
    Autor unbekannt
    (zusammengetragen von Gelehrten der
    Tiste Andii aus Schwarz-Korall)
     
    D
    as Lachen des Schattens war leise – ein Geräusch, das allen, die es vernahmen, Wahnsinn versprach. Udinaas ließ das Netz aus den Fingern gleiten und lehnte sich gegen den von der Sonne erwärmten Felsen. Er blinzelte zum strahlenden Himmel hoch. Er war allein am Strand, vor ihm erstreckten sich die kabbeligen Wellen der Bucht. Allein – abgesehen von dem Gespenst, das ihn nun in jedem wachen Augenblick heimsuchte.
    Beschworen – und dann vergessen. Es wanderte herum, ewig auf der Flucht vor der Sonne, doch es gab immer Orte, an denen es sich verstecken konnte.
    »Hör auf damit«, sagte Udinaas und schloss die Augen.
    »Aber warum denn? Ich rieche dein Blut, Sklave. Es wird kälter. Einst kannte ich eine Welt aus Eis. Nachdem ich getötet wurde, ja, hinterher. Seihst die Dunkelheit hat Schwachstellen, und so haben sie mich gestohlen. Aber ich habe Träume.«
    »Das sagst du andauernd. Dann folge ihnen, Gespenst, und lass mich in Ruhe.«
    »Ich habe Träume, und du begreifst nichts, Sklave. War ich glücklich damit, zu dienen? Niemals. Nie, nie, niemals. Ich folge dir.«
    Udinaas öffnete die Augen und starrte nach unten auf den schmalen Schattenstreifen zwischen zwei Felsen, von dem die Stimme ausging. Sandflöhe hüpften und sprangen auf dem angrenzenden Stein herum, aber von dem Gespenst selbst war nichts zu sehen. »Warum?«
    »Warum ständig ›warum‹? Der Schatten, den du wirfst, lockt mich, Sklave. Du weckst in mir die Hoffnung auf eine würdige Reise – träumst du von Gärten, Sklave? Ich weiß, dass du es tust – ich kann es riechen. Halb tot und überwuchert, warum auch nicht? Es gibt keine Flucht. Und so, was meine Träume betrifft, hilft es mir zu helfen. Es hilft zu helfen. War ich nicht einst ein Tiste Andii? Ich glaube, das war ich. Ich wurde getötet und in den Schlamm geworfen, bis das Eis kam. Und dann, nach so langer Zeit, losgerissen, um meinen Schlächtern zu dienen. Meinen Sklavenhaltern, deren Eifer dann ins Wanken kam. Sollen wir von Verrätern sprechen, Sklave?«
    »Bietest du mir einen Handel an?«
    »Wenn du mich rufst, Diesseitiger, dann ruf Verblichener. Ich habe Träume. Gib mir das, was du wirfst. Gib mir deinen Schatten, und ich werde dein Schatten werden. Deine Augen hinter dir, die niemand sehen oder hören kann, außer sie haben eine Vermutung und

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