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SdG 08 - Kinder des Schattens

SdG 08 - Kinder des Schattens

Titel: SdG 08 - Kinder des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Ericson
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musterte das Gelände. »Ich sehe nichts.«
    »Grabe. Nein, zu deiner Linken – die Felsen da, roll sie zur Seite. Den da. Und jetzt tiefer. Da, zieh es heraus.«
    Ein missgestalteter Klumpen, der schwer in seiner Hand lag. Das metallische Objekt in seinem Innern war fingerlang und lief an einem Ende spitz zu und war vollständig von dicken Kalkablagerungen überkrustet. »Was ist das?«
    »Eine Pfeilspitze, Sklave. Hunderttausende von Jahren an diesen Strand gekrochen. Das Vergehen der Zeitalter wird durch den Zufall gemessen. Das tiefe Heranrollen der Wogen, die Abfolge von unberechenbaren Stürmen. So bewegt sich die Welt …«
    »Hunderttausende von Jahren? Da dürfte überhaupt nichts mehr übrig sein …«
    »Eine Klinge aus einfachem Eisen ohne eingewobene Zauberei wäre in der Tat verschwunden. Die Pfeilspitze gibt es noch, Sklave, weil sie nicht aufgeben wird. Du musst alles entfernen, was sie umgibt. Du musst sie wieder zum Leben erwecken.«
    »Warum?«
    »Ich habe meine Gründe, Sklave.«
    In dieser Antwort lag nichts Angenehmes, doch Udinaas richtete sich wieder auf und stopfte den Klumpen in seine Gürteltasche. Er kehrte zu seinen Netzen zurück. »Ich werde nicht die Hand deiner Rache sein«, murmelte er.
    Verblicheners Lachen folgte ihm, während unter seinen Schritten die Steine knirschten.
     
    Rauch hing über den Niederungen, wie heruntergezogene Wolken, die jetzt von den Baumwipfeln zerfetzt wurden.
    »Eine Bestattung«, sagte Binadas.
    Seren Pedac nickte. Es hatte keine Stürme gegeben, und außerdem war der Wald zu feucht, um einem Waldbrand Nahrung zu bieten. Zu den Bestattungsbräuchen der Edur gehörte auch der Bau eines Grabhügels, der dann ummantelt wurde, um einen Scheiterhaufen zu bilden. Die enorme Hitze buk den mit Münzen verkleideten Leichnam, als wäre er aus Ton, und fleckte die Steine des Grabhügels rot. Schattengespenster tanzten inmitten der Flammen, wanden sich mit dem Rauch himmelwärts; auch lange nachdem die Trauernden gegangen waren, würden sie immer noch dort sein.
    Seren zog ihr Messer und bückte sich, um sich den Schlamm von den Stiefeln zu kratzen. Auf dieser Seite der Berge kroch das Wetter täglich vom Meer heran und warf in bösartigen Wogen Regen und Nebel ab. Ihre Kleider waren durchnässt. Seit dem Morgen waren die schwer beladenen Wagen dreimal vom Weg gerutscht; einmal war dabei einer der Nerek unter den wuchtigen, eisenbeschlagenen Rädern zermalmt worden.
    Sie richtete sich wieder auf, wischte das Messer zwischen zwei in Handschuhen steckenden Fingern ab und schob es wieder in die Scheide an ihrer Seite.
    Die Stimmung war schlecht. Buruk der Bleiche hatte seinen Wagen seit zwei Tagen nicht mehr verlassen, genauso wenig wie seine drei Konkubinen. Doch der Abstieg war jetzt endlich geschafft, und vor ihnen lag ein breiter, größtenteils eben verlaufender Pfad, der zu Hannan Mosags Dorf führte.
    Binadas stand am Wegesrand und schaute zu, wie der letzte Wagen den Hang herunterschaukelte, und Seren spürte die Ungeduld des Edur. Das war verständlich – schließlich war in seinem Dorf jemand gestorben. Sie warf Hull Beddict einen Blick zu, konnte jedoch nichts spüren. Er hatte sich tief in sich selbst zurückgezogen, als sammelte er in Erwartung dessen, was kommen würde, innerlich seine Kräfte. Oder – was ebenso wahrscheinlich war – als bemühte er sich, seine nachlassende Entschlossenheit künstlich aufrechtzuerhalten. Sie schien ihre Fähigkeit verloren zu haben, in ihn hineinzusehen. Ein ununterbrochen und lange vor sich hergetragener Schmerz konnte selbst zur Maske werden.
    »Binadas«, sagte Seren, »die Nerek müssen sich ausruhen. Der Weg vor uns ist frei. Ihr müsst uns nicht unbedingt noch weiter Geleit geben. Geht zu Eurem Volk.«
    Er blickte sie aus zusammengekniffenen Augen an, offensichtlich misstraute er ihrem Vorschlag.
    Sie fügte nichts mehr hinzu. Letztlich würde er glauben, was er glauben wollte, unabhängig davon, wie aufrichtig ihr Angebot war.
    »Sie sagt die Wahrheit«, mischte Hull sich ein. »Wir möchten dich nicht festhalten, Binadas.«
    »Also gut. Ich werde Hannan Mosag von Eurer bevorstehenden Ankunft unterrichten.«
    Sie schauten dem Edur nach, als er den Pfad entlangging. Binnen weniger Augenblicke hatte der Wald ihn verschluckt.
    »Hast du es gesehen?«, fragte Hull sie.
    »Ich habe nur einander widerstreitende Wünsche und Pflichten gesehen«, erwiderte Seren und wandte sich ab.
    »Also nur das, was du sehen

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