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SdG 08 - Kinder des Schattens

SdG 08 - Kinder des Schattens

Titel: SdG 08 - Kinder des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Ericson
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allzu leicht von den dämonischen Kräften zerquetscht wurden, die von weit unten heraufsteigen konnten, um sich zu schütteln und damit die ganze Welt auf den Kopf zu stellen.
    Opfer waren Beschwichtigungsversuche, ein Flehen, unbemerkt vorüberziehen, ungehindert fliehen zu dürfen. Blut vor dem Bug, tanzende Delphine an steuerbord und ein Mund voll Spucke, um gesegnete Winde zu nutzen. Die linke Hand schrubbt, die rechte trocknet. Wind weht verkehrt herum um die Klampen, zerrt an den sonnengebleichten Fetzen, die an die Ankerkette gebunden sind. Ein gutes Dutzend Gesten, eingebunden in Traditionen und niemals in Frage gestellt – und das alles, um in Frieden durch die Meere zu gleiten.
    Niemand begehrte danach, die verwirrten Geister aus jenen vom Wasser zermalmten Tälern emporzurufen, die niemals Licht sahen. Das war schließlich nichts, was man binden konnte. Oder mit dem man einen Handel abschließen konnte. Ihre Herzen schlugen im Gleichklang mit den Mondzyklen, ihre Stimme war der wogende Sturm, und sie konnten ihre Schwingen von Horizont zu Horizont ausbreiten, weiß geäderte Wasserstreifen auftürmen, die alles vor ihnen beiseite wischten.
    Unter den Wellen im Hafen von Trate wälzte sich der gebundene Geist mit drei toten Schiffen auf dem Rücken in einem Schwall kalter Strömungen auf das Ufer zu. Die letzten Speere aus Sonnenlicht stachen schräg in sein von Strudeln umwirbeltes Fleisch, und da der gewaltige Druck nachließ, schwoll die Kreatur an, so dass die warmen Wassermassen der Bucht gegen die felsige Küste gedrückt wurden. Fische und Krustentiere der Untiefen wurden zerfetzt und zerschmettert aus dem Wasser geschleudert, was den Möwen und Landkrabben ein unerwartetes Festmahl bescherte.
    Der Geist hob die wild dahinrasenden Schiffe auf eine einzige Woge, die sich immer höher auftürmte, während sie auf das Ufer zustürzte. Die Docks, die noch wenige Augenblicke zuvor von stummen Zuschauern gewimmelt hatten, verwandelten sich in einen Haufen fliehender Gestalten, die Straßen ins Landesinnere waren voll mit in panischer Angst rennenden Männern und Frauen, die schließlich immer langsamer und zu einer keuchenden, alles zermalmenden Menschenmasse wurden. Die Woge torkelte näher und brach dann plötzlich in sich zusammen. Schiffsrümpfe dröhnten im rasenden Herabstürzen, Spieren brachen, und auf dem dritten Schiff barst der Hauptmast in einer Wolke aus Holzsplittern. Schaukelnd und mit Wrackteilen im Schlepptau schossen die Ernteschiffe zwischen die Piers.
    Der Geist sammelte den Druck in seinem Innern, baute ihn erneut auf und zog sich aus der Bucht zurück. In seinem Kielwasser blieb nichts als Verwüstung.
    Glänzend in seiner Obsidian-Welt, rutschte das erste Schiff krachend gegen einen Pier und kam dann zur Ruhe. Die als weiße Flecken erkennbaren Möwen stürzten sich auf das Deck, um sich endlich über das Festmahl herzumachen. Der Tarancede-Turm hatte alles gesehen, die glatten Fliesen knapp unterhalb seiner Spitze saugten trotz des schwächer werdenden Lichts jede auch noch so winzige Einzelheit des Geschehens auf.
    Und in einem Zimmer unter dem alten Palast in der Stadt Letheras weit im Südosten, schaute Ceda Kuru Qan zu. Vor ihm lag eine Fliese, die denen glich, die sich an jenem weit entfernten Turm über dem Hafen von Trate befanden. Als der alte Zauberer auf den gewaltigen schwarzen Schatten starrte, der die Bucht und den größten Teil des Meeresarms ausgefüllt hatte und sich nun langsam zurückzuziehen begann, blinzelte er sich Schweißtropfen aus den Augen und zwang seinen Blick zurück auf die drei Ernteschiffe, die jetzt gegen die Piers rollten.
    Die Möwen und die hereinbrechende Dunkelheit machten es schwierig, über die an Deck verstreuten, verdrehten Leichen und die letzten paar davonflackernden Gespenster hinaus etwas zu erkennen.
    Doch Kuru Qan hatte genug gesehen.
     
    Fünf Flügel hatte das Ewige Domizil, von denen nur drei fertig waren. Jeder der Letztgenannten bestand aus breiten Gängen mit gewölbten Decken, die mit Blattgold überzogen waren. Zwischen den kunstfertig gearbeiteten Strebebogen zu beiden Seiten befanden sich auf der ganzen Länge Türen, die zu Zimmern führten, welche als Arbeits- und Wohnräume für die Mitglieder des Verwaltungs- und Instandhaltungspersonals des königlichen Haushalts dienen sollten. Die sich zum Zentrum hin erstreckenden Räume würden die Wachen und Rüstkammern beherbergen sowie Geheimtüren, die zu geheimen

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