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SdG 09 - Gezeiten der Nacht

SdG 09 - Gezeiten der Nacht

Titel: SdG 09 - Gezeiten der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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zitterte – und er fürchtete sich, weil er tief in seinem Innern nicht diegeringste Reue verspürte, als er zusah, wie die Frau sich wieder aus dem Schlamm aufrappelte. »Ich will, dass er geheilt, aus dem Bann entlassen und zurück in seine Sphäre geschickt wird.«
    »Trull –«
    Die Frau lachte höhnisch und zischte dann: »Die Imperatrix wird von diesem Vorfall hören! Ich werde dafür sorgen, dass du verbannt wirst!« Ihre Kameradinnen versammelten sich um sie; sie alle blickten Trull voll unverhohlenem Hass an.
    Ihm wurde klar, dass seine Tat auch in ihnen etwas hatte zerbrechen lassen. Was bedauerlich war.
    »Wie schwer ist er verletzt?«, wollte Forcht wissen.
    »Er liegt im Sterben –«
    »Dann ist er jetzt wahrscheinlich schon tot. Ich will nichts mehr davon hören, Trull.« Er wandte sich an die Frauen. »Kümmert euch um unsere Krieger. Ich werde dafür sorgen, dass der K’risnan in unser Lager gebracht wird.«
    »Wir werden diesen Vorfall der Imperatrix berichten«, sagte die erste Heilerin und wischte sich übers Gesicht.
    »Natürlich. Tut, was ihr tun müsst.«
    Sie stapften in den Regen davon.
    »Die Kampfeslust hat dich noch immer im Griff, Bruder –«
    »Nein, es ist nicht –«
    »Hör mir zu. Damit wirst du deine Tat entschuldigen. Und du wirst um Vergebung bitten und Wiedergutmachung leisten.«
    Trull wandte sich ab. »Ich muss eine Heilerin finden.«
    Forcht zerrte ihn grob herum, doch Trull riss sich los und ging einfach davon. Er würde eine Heilerin finden. Eine Hiroth, eine, die seine Mutter kannte. Bevor sich die Sache herumgesprochen hatte.
    Der Dämon musste geheilt werden. So einfach war das.
    Unbestimmte Zeit später stellte er fest, dass er zwischen Leichen herumstolperte. Tote Edur – diejenigen, die bei dem Angriff magischer Energien getötet worden waren, an den er sich von vorhin erinnerte. Sie waren verbrannt – so schrecklich verbrannt, dass ihre Gesichter weggeschmolzen waren. Er kannte sie nicht und konnte sie auch nicht erkennen. Er wanderte Zwischen ihnen umher, und der Regen, der herabprasselte, verlieh der Szenerie um ihn herum die Illusion von Bewegung, von Leben. Doch sie waren alle tot.
    Ganz in der Nähe stand eine einsame Gestalt vollkommen reglos da. Eine Frau, deren Arme schlaff herabhingen. Er hatte sie schon zuvor gesehen. Eine Matrone. Hanradi Khalags ältere Schwester, groß, mit einer Adlernase und Augen wie Onyx. Er blieb vor ihr stehen. »Ich möchte, dass du einen Dämon heilst.«
    Sie schien ihn überhaupt nicht wahrzunehmen. »Ich kann nichts für sie tun. Meine Söhne. Ich kann sie nicht einmal finden.«
    Er nahm eine ihrer Hände und hielt sie fest. »Komm mit mir.«
    Sie leistete keinen Widerstand, als er sie von den verstreut herumliegenden Leichen wegführte. »Einen Dämon?«
    »Ja. Ich kenne den Namen nicht, den sie sich selbst geben.«
    »Kenyll’rah. Das bedeutet ›Friedlich schlafen‹ oder etwas in der Art. Die Merude hatten die Aufgabe, ihre Waffen zu schmieden.«
    »Sie sind auf üble Weise benutzt worden.«
    »Da sind sie nicht die Einzigen, Krieger.«
    Er warf ihr einen Blick zu und sah, dass das Bewusstsein in ihre Augen zurückgekehrt war. Ihre Hand hielt seine jetzt fest. »Du bist Trull Sengar, der Bruder des Imperators.«
    »Der bin ich.«
    »Du hast eine Arapay geschlagen.«
    »Das habe ich. Anscheinend verbreiten sich solche Neuigkeiten rasch – und auf geheimnisvolle Weise.«
    »Unter den Frauen – ja.«
    »Und dennoch willst du mir helfen.«
    »Indem ich diesen Dämon heile? Wenn er noch lebt, werde ich es tun.«
    »Warum?«
    Sie antwortete nicht.
    Es dauerte einige Zeit, aber schließlich fanden sie die Kreatur. Ihre Schreie waren verstummt, doch die Frau ließ Trulls Arm los und hockte sich neben den Dämon. »Er lebt noch, Trull Sengar.« Sie legte ihre Handfläche auf die gewaltige Brust des Dämons und schloss die Augen.
    Trull schaute zu, wie ihr der Regen über das Gesicht strömte, als würde die Welt an ihrer statt weinen.
    »Nimm den ersten Bolzen. Du wirst ziehen – sanft! –, während ich schiebe. Und zwar langsam.«
    »Ich will, dass dieser Dämon aus seinem Bann entlassen wird.«
    »Das kann ich nicht machen. Es wird nicht erlaubt werden.«
    »Dann will ich, dass er unter meine Obhut gestellt wird.«
    »Du bist der Bruder des Imperators. Niemand wird sich dir widersetzen.«
    »Außer vielleicht einer der anderen Brüder des Imperators.« Er war erfreut, als er die Andeutung eines Lächelns über ihre

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