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SdG 09 - Gezeiten der Nacht

SdG 09 - Gezeiten der Nacht

Titel: SdG 09 - Gezeiten der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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Quillas war nirgends zu sehen. Genauso wenig wie Janall. Nur eine Magierin aus dem Kader war noch übrig und attackierte pausenlos einen entfernten Feind. Eine Kompanie schwerer Infanterie hatte sich um sie geschart, doch die Soldaten starben rasch unter dem Ansturm der Tiste Edur.
    Der Finadd, dem seit der dröhnenden Explosion der Knochenwoge das Blut aus den Ohren strömte, hielt noch immer sein Schwert in der Hand, und der Letherii-Stahl löschte alle Gespenster aus, die ihm gelegentlich zu nah kamen. Er sah einen Edur-Krieger mit hierhin und dorthin zuckendem Speer, der ein Dutzend oder mehr seiner Brüder immer näher an die überlebende Magierin heranführte.
    Doch Moroch war zu weit weg, zwischen ihnen wogten zu viele Leiber, und so konnte er nur zusehen, wie der Krieger durch den letzten Ring der Verteidiger brach und auf die Magierin losging, ihr den Speer in die Brust stieß und sie dann hochhob; der Speerschaft bog sich, als er ihren zuckenden Körper beiseite schleuderte. Die eiserne Speerspitze kam in einem Blutschwall wieder frei.
    Moroch Nevath wandte sich ab und machte sich zu dem Hang an der Südseite der Schanze auf. Er brauchte ein Pferd. Er musste die Pferde näher heranholen. Für den Prinzen. Für die Königin.
    Irgendwo im Osten ertönte ein tosendes Geräusch, und die Erde unter ihm bebte. Er stolperte, dann rutschte sein linkes Bein unter ihm auf irgendetwas Schleimigem weg, und in den Lenden des Finadd riss etwas. Eine Lanze aus Schmerz zuckte durch ihn hindurch. Fluchend sah er sich fallen, die zerfetzte Erde wuchs ihm entgegen, und er prallte hart auf. Brennender Schmerz in seinem linken Bein, seinem Becken, das Rückgrat hinauf. Immer noch fluchend begann er sich vorwärts zu ziehen; sein Schwert hatte er irgendwo unterwegs verloren.
    Knochen. Brennende Knochen, die vom Himmel herabgestürzt waren. Wo sie auftrafen, explodierten Körper. Zermalmender Druck, die Luft hatte gewogt und geschrien wie ein lebendiges Wesen. Und dann hatte der Lärm plötzlich aufgehört, war von einer abscheulichen Kakophonie aus Ächzen und Stöhnen abgelöst worden, als tausend Mann auf einen Schlag gestorben waren. Ein Geräusch, das Moroch Nevath niemals vergessen würde. Was hatten die Scheißkerle da bloß entfesselt?
     
    Die Reihen der Letherii waren aufgelöst, sie flohen den Südhang der Rampe hinunter. Die Gespenster machten sie endgültig fertig. Tiste Edur verfolgten sie und schlugen von hinten auf Köpfe und Rücken ein. Trull Sengar suchte nach einem Aussichtspunkt und kletterte schließlich auf einen Leichenhaufen. Auf den beiden Schutzwällen im Osten, die er sehen konnte, war der Feind zerschmettert. Jheck, die sich in silberrückige Wölfe verwandelt hatten, waren Seite an Seite mit einer Horde Gespenster aus dem seitlich gelegenen Entwässerungsgraben geklettert, um die überlebenden Letherii-Verteidiger anzugreifen. Das magische Feuer hatte aufgehört.
    In der entgegengesetzten Richtung hatte B’nagga seine Wechselgänger nach Süden geführt – und dabei die äußerste Schanze umgangen –, um die Reservetruppen an der Westseite der Stadt anzugreifen. Dort hatte sich auch die Reiterei des Feindes aufgehalten, und die Pferde waren in Panik geraten, als die riesigen Wölfe in ihrer Mitte aufgetaucht waren. Den Jheck hatte sich zudem ein Dutzend Dämonen angeschlossen, wodurch die Letherii zu einem ungeordneten Rückzug gezwungen worden waren, der die südlichsten Teile ihrer Truppen mit erfasst hatte. Kompanien der Arapay folgten B’nagga dichtauf.
    Trull drehte sich um und blickte nach Norden. Und sah seinen Bruder, der allein neben jemandem auf der anderen Seite des Todesstreifens stand.
    Der K’risnan.
    »Trull.«
    Er drehte sich um. »Ahlrada Ahn. Du bist verwundet.«
    »Ich bin in ein Schwert gelaufen – das ein toter Mann in der Hand hielt.«
    Der Schnitt war tief und lang; er begann knapp unter dem linken Ellbogen des Kriegers und ging bis hinauf zur Schulter. »Such dir eine Heilerin«, sagte Trull. »Bevor du verblutest.«
    »Das werde ich. Ich habe gesehen, wie du die Hexe aufgespießt hast.« Ahlrada fügte dieser Feststellung nichts mehr hinzu.
    »Wo ist Canarth?«, fragte Trull. »Ich sehe meinen Trupp nicht.«
    »Sie sind überall verstreut. Ich habe gesehen, wie Canarth Badar aus dem Gedränge gezogen hat. Badar lag im Sterben.«
    Trull musterte das Blut und die Fleischfetzen, die an der eisernen Spitze seines Speers klebten. »Er war jung.«
    »Er war geblutet,

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