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SdG 09 - Gezeiten der Nacht

SdG 09 - Gezeiten der Nacht

Titel: SdG 09 - Gezeiten der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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See zwischen Edur- und Letherii-Flotten, bei denen tausende in die Tiefe geschickt worden waren. Der Sturm, der in der Nacht zuvor tief im Westen zu sehen gewesen war, hatte auf einen mit magischen Mitteln geführten Krieg hingedeutet. Kuru Qan, der Ceda, hatte sich schließlich mit all seiner entsetzlichen Macht aufgerafft. Während es im Hafen von Letherii-Leichen wimmelte, waren es draußen auf dem Meer die der Edur.
    Das merkwürdigste Gerücht von allen besagte, das Fort der Zweiten Jungfrau auf der Gefängnisinsel habe eine ganze Reihe von Angriffen der Edur abgewehrt und halte immer noch stand, und es befände sich ein Zauberer unter dem halben Tausend Sträflingssoldaten, der es einst fast mit dem Ceda hatte aufnehmen können. Deshalb hätte die Armee der Edur hier gelagert – sie wollte in ihrem Rücken keinen Feind, der immer noch aktiv war.
    Udinaas wusste, dass dem nicht so war. Es mochte sein, dass irgendwo hinter ihnen noch Widerstand geleistet wurde, doch solche Dinge waren dem Imperator gleichgültig. Und die Letherii-Flotte musste erst noch auftauchen. Die Kattersee wurde bis hinunter nach Ahl im Süden von den Schiffen der Edur beherrscht.
    Er zog die Beine hoch und stand auf. Ging den Pier entlang zurück. Auf den Straßen war es ruhig. Die meisten Überreste aus den Kämpfen – Leichen, zertrümmerte Möbelstücke und zerbrochenes Tongeschirr – waren fortgeschafft worden, und in der vergangenen Nacht hatte ein leichter Regen die Blutflecken zum großen Teil weggewaschen. Doch die Luft stank immer noch nach Rauch, und die Wände der Gebäude waren mit öligem Ruß; verschmiert. Fenster standen weit offen, und dort, wo Türen ein getreten worden waren, klafften jetzt dunkle Eingänge.
    Udinaas hatte Trate nie sonderlich gemocht. Die Stadt war voller Schläger und sich wild gebärdender Haufen Nerek und Fent gewesen, und in den Marktbuden waren Unmengen einst heiliger Ikonen und Reliquien und andere zeremonielle Kunstwerke angepriesen worden, die nun als Kuriositäten verkauft wurden. Die sprechenden Stöcke von Häuptlingen, die Medizinbeutel von Schamanen. Ahnenkisten der Fent, in denen sich noch immer Knochen befanden. Die Straßen und Gassen im Hafengebiet hatten von Nerek-Kindern gewimmelt, die ihren Körper verkauften, und über alldem hatte stets eine unbestimmte Selbstgefälligkeit gehangen, als wäre dies die rechtmäßige Ordnung der Welt gewesen, als wären die Rollen so verteilt, wie es sein sollte. Die Letherii als Herrscher, umgeben von unbedeutenderen Kreaturen, die von Natur aus unterwürfig und deren Kulturen kaum mehr als Gebrauchsgegenstände waren.
    Der Glaube an die Bestimmung brachte seine eigenen Gebote hervor.
    Doch jetzt waren diese Wilden hier, und es galt eine neue Ordnung, die bewies, dass die Bestimmung nichts als eine Illusion gewesen war. Die Stadt stand unter Schock; nur ein paar geschmeidige Kaufleute wagten sich vor, weil sie glaubten, dass die kommenden neuen Wege nichts weiter als die alten waren, dass die natürliche Ordnung in Wahrheit auf ein paar einzelne Menschen verzichten konnte. Gleichzeitig glaubten sie, dass in diesem Spiel der Reichtümer den Letherii niemand ein ebenbürtiger Gegner sein konnte, und dass sie daher am Ende als Sieger dastehen und die Wilden plötzlich feststellen würden, dass sie zivilisiert waren. Was wiederum ein Beweis dafür war, dass der Glaube an die Bestimmung alles andere als eine Illusion war.
    Udinaas fragte sich, ob sie wohl Recht hatten. Schließlich gab es Umstände, die sich sehr wohl mildernd auswirken konnten. Die Lebenserwartung der Edur war unergründlich hoch. Ihre Kultur war gleichermaßen elastisch wie tief verwurzelt. Das Vergangene bewahrend. So war es zumindest früher gewesen. Bis Rhulad gekommen ist. Bis das Schwert Anspruch auf ihn erhoben hat.
    Kurze Zeit später schritt Udinaas durch das dem Landesinneren zugewandte Tor und näherte sich dem Lager der Edur. In der riesigen Ansammlung von Zelten war wenig Organisation zu erkennen. Hier zog nicht nur einfach eine Armee durch die Lande, sondern ein ganzes Volk – ein Lebensstil, der den Edur vollkommen fremd war. Gespenster patrouillierten in den Außenbezirken.
    Sie achteten nicht auf ihn, als er an den Vorposten vorbeischritt, Zwar hatte er schon lange nichts mehr von Verblichener, seinem Schattenkameraden, gehört, doch er wusste, dass das Gespenst nicht einfach fortgegangen war. Es versteckte sich mitsamt seinen Geheimnissen. Manchmal hörte er ein

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