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SdG 09 - Gezeiten der Nacht

SdG 09 - Gezeiten der Nacht

Titel: SdG 09 - Gezeiten der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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Ouster-See aufhalten, gegenüber von Lenth und demgemäß am Rand der Bucht von Gedry. Unter diesen Gesichtspunkten muss man davon ausgehen, dass sie vorhaben, den Lether heraufzusegeln. Vermutlich in der Absicht, zur gleichen Zeit wie die Landstreitkräfte hier einzutreffen. Es ist ganz offensichtlich, dass die Tiste Edur auf Letheras zumarschieren und vorhaben, die Stadt zu erobern und den Thron zu besetzen. Ob dies ausreichen wird, die Kapitulation des ganzen Königreichs herbeizuführen, bleibt abzuwarten. Ich persönlich glaube, dass das der Fall sein wird. Und ich glaube nicht, dass die Protektorate mehr als ein bisschen unruhig werden. Alles andere wäre reiner Selbstmord.«
    »Wenn du das sagst, Bagg. Sind die Tiste Edur denn so großartig?«
    Der Diener strich sich mit einer Hand durch sein lichter werdendes Haar und warf dann einen Blick zu dem Leibwächter hinüber, der stumm wie immer neben der Dachluke stand. »Wieder nur zahllose Gerüchte, Herr. Ich würde es wagen, hinsichtlich der Tiste Edur folgende Bemerkungen zu machen: Ihr neuer Imperator verfügt über schreckliche Macht, doch die Zauberei, die die Edur benutzen, entstammt nicht ihren traditionellen Quellen. Sie hat nichts mit Kurald Emurlahn zu tun, auch wenn das ein Teil ihres Arsenals bleibt. In den bisherigen Schlachten sind sie ziemlich verschwenderisch mit Schattengespenstern und Kenyll’rah-Dämonen umgegangen – beides höchst widerwillige Teilnehmer an diesem Krieg.«
    »Kurald – was? Kenyll – wer? Wer erzählt sich denn diese Gerüchte überhaupt?«
    »Oh, das bringt mich zum dritten Punkt meiner Bemerkungen. Der hat etwas mit den Toten zu tun.«
    »Mit den Toten. Natürlich. Mach bitte weiter.«
    »Dieser Subkontinent, dieses Gebiet, das von den Landen der Tiste Edur im Norden bis Blaurose und Ahl’d’an im Osten und Deszent und D’aliban im Süden reicht, ist eine ziemlich absonderliche Region, Herr, und sie war es seit … nun … schon seit den frühesten Zeiten. Hier gibt es keine … äh … Pfade. Für die Toten, meine ich. Für ihre Geister.«
    »Ich verstehe dich nicht ganz, Bagg«, sagte Tehol. Er kletterte aus seinem wackligen Bett und begann, auf dem Dach hin und her zu gehen. Der Leibwächter folgte ihm mit seinen Blicken. »Die Toten sind einfach tot. Geister verweilen, weil sie sonst nirgendwo hinkönnen und keine Lust haben, sich irgendwelche Sehenswürdigkeiten anzusehen. Von was für Pfaden redest du?«
    »Die Pfade zu jenem Ort, der die Feste des Todes genannt werden könnte.«
    »Es gibt keine Feste des Todes.«
    »Und das ist genau das, was so … ungewöhnlich ist. Es sollte eine gegeben haben. Die ganze Zeit. Die Bewohner von Kolanse verehren zum Beispiel einen Herrn der Toten. Und etwas Ähnliches werdet Ihr auch im Königreich Bolkando finden –«
    »Im Königreich Bolkando? Bagg, niemand weiß irgendetwas über das Königreich Bolkando. Niemand will irgendetwas darüber wissen. Du fängst allmählich an, mich mit dem Ausmaß deines Wissens zu beunruhigen, mein lieber Diener. Es sei denn, du denkst dir das alles nur aus, natürlich.«
    »Genau, Herr. Um fortzufahren. Es hat keine Feste des Todes gegeben. Doch sie hat einst existiert. Das heißt, bei den ursprünglichen Fliesen der Festen, die es im Ersten Imperium gegeben hat, war sie dabei. Genauso wie noch ein paar andere Festen, die alle nach und nach aufgegeben worden sind. Es wäre wirklich nett, wenn sich einmal ein Gelehrter dieses merkwürdigen Schwunds annehmen würde. Das Verstreichen der Zeit führt in einer Kultur normalerweise zu einer differenzierteren Entwicklung, nicht zur Vereinfachung, es sei denn, ein schrecklicher Zusammenbruch löste irgendeine Art von Niedergang aus. Doch das einzige Trauma, das Lether je erlitten hat, war der ursprüngliche Untergang des Ersten Imperiums und die daraus folgende Isolation der Kolonien. Zu jener Zeit gab es eine gewisse Degeneration, die zu einer kurzen Epoche unabhängiger Stadtstaaten geführt hat. Und dann hat es Kriege mit den Stämmen südlich und östlich von Kryn gegeben, und mit primitiven Überresten der Andii von Blaurose. Aber nichts davon hat sich in irgendeiner Weise verstörend auf die Kultur ausgewirkt. Möglicherweise, weil die Feste des Todes sich hier nicht manifestieren konnte. Jedenfalls war die Schließung der Pfade der Toten bereits eine Tatsache, eingefroren in den Erdboden dieser Region. Und was noch schlimmer ist, es war alles nur ein Unfall –«
    »Halt, halt, Bagg. Ich

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