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SdG 09 - Gezeiten der Nacht

SdG 09 - Gezeiten der Nacht

Titel: SdG 09 - Gezeiten der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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gegeben wurde, wird wieder genommen, so einfach ist das.«
    »In der Tat, Bagg. Was glaubst du – liegt das daran, dass wir Menschen im tiefsten Innern nichts weiter als Lügner und Betrüger sind?«
    »Wahrscheinlich.«
    »Ohne jede Hoffnung, jemals unsere instinktive Bosheit überwinden zu können?«
    »Schwer zu sagen. Wie war es denn bisher?«
    »Das ist nicht nett. Oh, schön, es ist absolut nett. Aber das bedeutet nichts Gutes, oder?«
    »Nur wenige Dinge tun das, Herr.«
    »Nun, du bist heute aber sehr untypisch bedrückt, Bagg.«
    »Leider fürchte ich, dass die Tiste Edur keineswegs besser sein werden. Schließlich ist Geld das Gift, und es vergiftet wahllos.«
    »Genau wie ich vermutet habe«, sagte Tehol nachdenklich. »Ganz eindeutig ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt dafür, das Wirtschaftssystem zu zerstören.«
    »Auf die eine oder andere Art habt Ihr Recht, Herr.«
    »Natürlich habe ich Recht. Überdies scheint es unumgänglich, zumindest für den Augenblick nichts zu tun. Überhaupt nichts. Die Rattenfängergilde hat bisher gute Arbeit geleistet, da brauchen wir nichts zu verändern. Dank der Verwahrkammer der Burse weiß ich in allen Einzelheiten, wem was gehört, und Shand hat sich dieser Informationen mit beeindruckender Leichtigkeit bedient. Wir wissen auch um den grässlichen Zustand der königlichen Schatzkammer. Du bist für deine Arbeit am Ewigen Domizil bezahlt worden, oder?«
    »Erst gestern, Herr.«
    »Hervorragend. Nun, das war anstrengend. Ich glaube, ich werde wieder ins Bett gehen.«
    »Eine gute Idee, Herr.«
    »Schließlich ist dieses Dach im Moment vermutlich der sicherste Ort in ganz Letheras.«
    »In der Tat. Am besten, Ihr bleibt hier.«
    »Und was ist mit dir, Bagg?«
    »Ich glaube, ich gehe ein bisschen spazieren.«
    »Noch mehr Gerüchte, denen du auf den Grund gehen willst?«
    »Etwas in der Art, Herr.«
    »Sei vorsichtig, Bagg. Sie sind richtig wild darauf, alle möglichen Leute mit Gewalt zum Militär einzuziehen.«
    »Darüber habe ich mir auch schon Gedanken gemacht, Herr. Hat Euch noch niemand einen Besuch abgestattet?«
    »Doch, natürlich. Aber unser stummer Leibwächter hat sie weggeschickt.«
    »Er hat etwas gesagt?«
    »Nein, ich glaube, er hat ihnen nur einen Blick zugeworfen. Sie sind davongerannt.«
    »Beeindruckend. Was mich angeht, Herr, so habe ich die Mittel, mich selbst für verzweifelte Anwerber widerwärtig zu machen.«
    »Du warst schon immer widerwärtig, das ist wahr«, bemerkte Tehol, während er sich sachte auf das Bett setzte. »Sogar die Flöhe gehen dir aus dem Weg. Nur ein weiteres dieser ewigen Geheimnisse, die dich bei mir so beliebt machen, Bagg. Oder müsste es heißen, die mich bei dir so beliebt machen?«
    »Ersteres, Herr, glaube ich.«
    »Oh nein. Du magst mich nicht. Muss ich das nun nach all der Zeit herausfinden?«
    »Ich habe mich nur über Euren Gebrauch des passenden Satzes im Zusammenhang mit Eurer Feststellung und dem Gefühl, das Ihr vermutlich auszudrücken wünschtet, geäußert. Natürlich mag ich Euch, Herr. Wie könnte es denn anders sein?«
    »Da hast du nicht Unrecht, Bagg. Wie auch immer, ich gehe jetzt schlafen. Wenn du also sonst nichts mehr von mir willst …«
    »Schön, Herr. Wir sehen uns dann später wieder.«
     
    Direkt vor dem Thronsaal lehnte Turudal Brizad mit verschränkten Armen an einer Säule. Brys nickte ihm zu und wollte an ihm vorbeigehen, doch der Galan der Königin winkte ihn zu sich. Der Finadd zögerte kurz und kam dann der Aufforderung nach.
    Turudal lächelte. »Entspannt Euch. Ich bin nicht mehr so gefährlich, wie ich es einst war, Brys Beddict. Vorausgesetzt, ich war überhaupt jemals gefährlich.«
    »Erster Galan. Bitte gestattet mir, Euch mein Mitgefühl auszudrücken –«
    »Danke«, unterbrach Turudal ihn, »aber das ist nicht nötig. Der Prinz war beileibe nicht das einzige Mitglied der königlichen Familie, das zu überstürzten Handlungen neigte. Meine teure Königin war – das sollte man nicht vergessen – in vorderster Front, als es darum ging, diesen Krieg gegen die Tiste Edur anzuzetteln. Schließlich ist sie genauso arrogant wie ihr Volk …«
    »Ist dieses Volk denn nicht auch Euer Volk, Erster Galan?«
    Das Lächeln des Mannes wurde breiter. »Viel von meinem Leben hier in diesem Palast, Brys Beddict, kann als Erfüllen einer Rolle beschrieben werden – der Rolle eines objektiven Beobachters der staatlichen Vorgehensweisen und der häuslichen Qualen, von denen – wie

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