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SdG 09 - Gezeiten der Nacht

SdG 09 - Gezeiten der Nacht

Titel: SdG 09 - Gezeiten der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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der Alkohol dämpfte alles, und wanderte durch die Räume des Zelts; sein Verschwinden wurde von Rhulad und Forcht kaum wahrgenommen.
    In einem kleinen, von Zeltstoffwänden umgrenzten Raum fand er Udinaas.
    Der Sklave saß auf einem Schemel und verzehrte sein eigenes Abendessen. Als Trull den Raum betrat, blickte er überrascht auf.
    »Bitte«, sagte Trull, »iss ruhig weiter. Das hast du verdient, Udinaas.«
    »Wollt Ihr etwas von mir, Trull Sengar?«
    »Nein. Ja. Was hast du getan?«
    Der Sklave legte den Kopf schräg. »Was meint Ihr?«
    »Mit … ihm. Was hast du getan, Udinaas?«
    »Nicht viel, Trull Sengar.«
    »Nein, ich brauche eine Antwort. Was bist du für ihn?«
    Udinaas stellte seinen Teller ab, trank einen Schluck Wein. »Ein Untertan, der keine Angst vor ihm hat, nehme ich an.«
    »Das ist alles? Warte. Ja, ich verstehe. Aber ich frage mich, warum? Warum hast du keine Angst vor ihm?«
    Udinaas seufzte, und Trull wurde bewusst, wie erschöpft der Sklave war. »Ihr, alle Edur, Ihr seht das Schwert. Oder das Gold. Ihr seht … die Macht. Die entsetzliche brutale Macht.« Er zuckte die Schultern. »Ich sehe, was ihm das alles nimmt, was es Rhulad kostet. Schließlich bin ich ein Letherii«, fügte er hinzu und verzog das Gesicht. »Ich weiß, was es bedeutet, in jemandes Schuld zu stehen.« Er blickte auf. »Ich bin sein Freund, Trull Sengar. Das ist alles.«
    Trull musterte den Sklaven ein halbes Dutzend Herzschläge lang. »Verrate ihn niemals, Udinaas. Niemals.«
    Der Blick des Letherii wanderte durch den Raum. Er trank noch einen Schluck Wein.
    »Udinaas –«
    »Ich habe gehört, was Ihr gesagt habt«, sagte der Sklave mit krächzender Stimme.
    Trull drehte sich um und wollte gehen. Doch dann blieb er stehen und blickte noch einmal zurück. »Nein, so möchte ich nicht gehen. Also, Udinaas, ich danke dir – für das, was du getan hast, für das, was du ihm gegeben hast.«
    Der Sklave nickte ohne aufzublicken. Er griff nach seinem Teller.
    Trull kehrte zum Hauptraum zurück und stellte fest, dass Hannan Mosag eingetroffen war und mit Rhulad sprach.
    »… Hull glaubt, es liegt in der Nähe einer Stadt, die sich von hier aus flussabwärts befindet. Ungefähr einen Tagesmarsch. Aber es ist nichtsdestotrotz eine notwendige Reise, Imperator.«
    Rhulad schaute weg, starrte die gegenüberliegende Wand an. »Die Armeen müssen weiterziehen. Zu Brans Feste. Keine Verzögerungen, keine Umwege. Ich werde gehen, und Forcht und Trull werden mich begleiten. Außerdem Hull Beddict, um uns zu führen. Und Udinaas natürlich.«
    »Sowie ein K’risnan«, sagte der Hexenkönig, »und unsere neuen dämonischen Verbündeten, die beiden Kenryll`ah.«
    »Sehr gut, die auch. Wir werden uns bei Brans Feste treffen.«
    »Was ist los?«, fragte Trull. »Was ist passiert?«
    »Irgendetwas ist befreit worden«, sagte Hannan Mosag. »Man muss sich darum kümmern.«
    »Von wem befreit, und zu welchem Zweck?«
    Der Hexenkönig zuckte die Schultern. »Ich weiß nicht, wer dafür verantwortlich war. Aber ich nehme an, es wurde befreit, um gegen uns zu kämpfen.«
    »Irgendein Dämon?«
    »Ja. Ich kann nur seine Präsenz spüren, seinen Willen. Aber ich kann nicht sagen, wer oder was es ist. Die Stadt heißt Brauss.«
    Trull nickte langsam. »Ich wollte, Binadas wäre bei uns«, sagte er.
    Rhulad schaute auf. »Warum?«
    Trull lächelte, sagte aber nichts.
    Nach einem kurzen Augenblick grunzte Forcht und nickte dann.
    Auch Rhulad begann zu lächeln. »Ja«, sagte er, »ich wollte, er wäre hier.«
    Hannan blickte die drei Sengars nacheinander an. »Ich verstehe nicht so recht.«
    Das Lachen des Imperators war rau und der bittere Unterton kaum herauszuhören. »Du schickst uns auf eine neue Suche, Hexenkönig.«
    Hannan Mosag erbleichte sichtlich.
    Als Rhulad das sah, lachte er erneut, dieses Mal jedoch ausschließlich erheitert.
    Nach einem Augenblick fielen Forcht und Trull in sein Lachen ein, während Hannan Mosag sie alle drei ungläubig anstarrte.
    Sie hatten zu viel Wein getrunken, sagte sich Trull später. Das war alles. Viel zu viel Wein.
     
    Seren Pedac und die Mitglieder der Karmesin-Garde lenkten ihre Pferde von der Straße herunter, durch den Graben, und zügelten sie am Rand eines grünen Felds. Die Vorhut des Kaufmanns-Bataillons verließ gerade die Stadt, und die Freisprecherin konnte Preda Unnutal Hebaz an der Spitze sehen; sie ritt ein blaugraues Pferd mit weißer Mähne, das den Kopf ärgerlich zurückwarf und

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