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SdG 09 - Gezeiten der Nacht

SdG 09 - Gezeiten der Nacht

Titel: SdG 09 - Gezeiten der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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geworden, wie Brys bemerkte, und schien zehn Jahre gealtert zu sein, seit er mit der Delegation aufgebrochen war. »Er war hier. Die ganze Zeit. Der Scheißkerl ist direkt unter unserer Nase herumgelaufen, Brys Beddict.«
    »Von wem redet Ihr?«
    »Vom Abtrünnigen. Dem Ersten Galan. Von Turudal Brizad.«
    »Das ist … lächerlich.«
    »Ich habe ein etwas härteres Wort dafür, Brys.«
    Der Kämpe wandte den Blick von dem Mann, der vor ihm stand, ab. »Wie seid Ihr zu dieser außergewöhnlichen Überzeugung gekommen, Moroch?«
    »Es hat in jeder Generation Turudal Brizads gegeben – oh, sie hatten unterschiedliche Namen, aber es war immer er. Szenen auf Wandteppichen, auf Gemälden. Schaut Euch die königliche Sammlung an, Brys – es ist alles da draußen im Gang, bereit zum Umzug. Es war da, und jeder hätte es sehen können, wenn man denn Gründe gehabt hätte hinzuschauen.«
    »Und was für einen Grund hattet Ihr, Moroch?«
    Der Finadd verzog das Gesicht zu einer Grimasse. »Er hat mich gebeten, etwas für ihn zu tun.«
    Brys grunzte. »Er ist ein Gott.« Angeblich. »Warum sollte er Eure Hilfe brauchen?«
    »Weil Ihr – wie er sagte – zu beschäftigt sein werdet.«
    Brys erinnerte sich an seine letzte Unterhaltung mit Turudal Brizad … . das Ende meiner Objektivität. Irgendetwas in der Art hatte der Erste Galan gesagt, als er weggegangen war. »Ich muss zugeben, dass ich ein bisschen … skeptisch bin, Moroch Nevath.«
    »Schiebt Eure Skepsis für einen Moment beiseite, Brys. Ich bin hier, um Euch um Euren Rat zu bitten. Geht vom Schlimmsten aus.«
    »Ein Gott bittet Euch um Hilfe? Ich nehme an, man sollte unbedingt über seine Beweggründe nachdenken, und über die Konsequenzen, die es haben wird, wenn man der Bitte nachkommt oder sie ablehnt.«
    »Ja.«
    »Wird das, worum er Euch bittet, zum Wohl von Lether sein?«
    »Er sagt ja.«
    »Wo ist er jetzt?«
    »Irgendwo in der Stadt. Heute Morgen war er auf der Mauer und hat die letzten Flüchtlinge beobachtet, denen Einlass in die Stadt gewährt wurde; das hat mir einer meiner Männer erzählt.«
    »Ich nehme an, dann solltet Ihr tun, worum er Euch bittet, Moroch.«
    »Und das ist wichtiger als meine Pflicht, den König zu beschützen?«
    »Ich gehe davon aus, dass der Gott dies für meine Aufgabe hält.«
    »Ihr und ich, wir sind beinahe gleich gut, Brys.«
    »Ich weiß.«
    »Ihr glaubt vielleicht, dass Ihr der Bessere von uns seid. Ich sehe das anders.«
    »Die Entscheidung hat nicht bei uns gelegen, Moroch.«
    Moroch musterte ihn ungefähr ein halbes Dutzend Herzschläge lang und sagte dann: »Ich danke Euch für Euren Rat, Finadd.«
    »Ich zögere, die Worte auszusprechen, Moroch Nevath, aber  – möge der Abtrünnige mit Euch sein.«
    »Das ist nicht lustig«, murmelte der Schwertkämpfer, während er davonschritt.
    Brys begab sich in den Kuppelbau. Er kam in den Hauptkorridor und blieb stehen, um sich noch einmal umzusehen. Die Wände waren gescheuert, der Staub auf dem Fußboden aufgewischt worden. Wächter und Beamte liefen herum und machten sich für die Amtseinsetzung bereit. Ihre Blicke wanderten immer wieder zu der Gestalt, die zusammengerollt auf halbem Weg auf der mittleren Fliese im Korridor schlief.
    Seufzend trat Brys zu Kuru Qan. »Ceda.«
    Der alte Mann gab ein Geräusch von sich und drehte sich dann um, so dass er Brys den Rücken zukehrte.
    »Wacht auf, Ceda. Bitte.«
    Kuru Qan hob den Kopf, tastete nach den beiden Linsen, die neben ihm auf dem Fußboden lagen, und zog sie zu sich heran. »Wer ruft mich?«
    »Ich bin es, Brys Beddict.«
    »Oh, Finadd.« Kuru Qan drehte sich herum und blinzelte zu ihm hoch. »Ihr seht gut aus.«
    Ihr hingegen nicht. »Ceda, die Amtseinführung wird gleich beginnen. Wenn Ihr nicht wollt, dass König Ezgara Diskanar auf seinem feierlichen Marsch um Euch herumgehen muss, werdet Ihr von hier wegmüssen.«
    »Nein!« Der alte Mann legte sich mit ausgebreiteten Armen und Beinen auf die Bodenfliese. »Das darf ich nicht! Das hier ist meine. Das ist mein Platz.«
    »Ihr besteht darauf, dass er einen Umweg gehen muss, wenn er hereinkommt? Ceda, Ihr riskiert es, den König zu verärgern –«
    »Ist das von Bedeutung? Nicht im Geringsten.« Seine Finger kratzten an dem Stein herum. »Dies ist meine. Warnt ihn, Finadd. Warnt den König.«
    »Wovor?«
    »Ich werde mich nicht wegschaffen lassen. Jeder, der es versucht, wird zu Asche verbrannt werden. Zu Asche, Brys Beddict.«
    Brys blickte sich um. Eine kleine

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