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SdG 09 - Gezeiten der Nacht

SdG 09 - Gezeiten der Nacht

Titel: SdG 09 - Gezeiten der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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Brust schlug. »Rhulad wird sich von niemandem führen lassen, Forcht, weder von uns, noch von sonst irgendjemandem. Das Schwert und derjenige, der es geschaffen hat, führen ihn jetzt. Das – und der Wahnsinn.«
    »Der Wahnsinn ist das, was du zu sehen beschlossen hast.«
    Trull grunzte. »Vielleicht hast du Recht. Dann sag mir, was du siehst.«
    »Schmerz.«
    Und das ist etwas, das ihr teilt. Trull rieb sich das Gesicht, stieß einen langen Seufzer aus. »Dagegen ankämpfen, Forcht? Diese Möglichkeit hat es nie gegeben.« Er blickte seinen Bruder erneut an. »Aber stellst du dir keine Fragen? Wer hat uns beeinflusst – und wie lange schon? Du hast das Schwert als Werkzeug bezeichnet – sind wir denn irgendetwas anderes?«
    »Wir sind Tiste Edur. Wir haben einst über eine ganze Sphäre geherrscht. Wir haben mit den Göttern dieser Welt die Klingen gekreuzt –«
    »Und verloren.«
    »Wir wurden verraten.«
    »Ich meine mich erinnern zu können, dass du die Zweifel unserer Mutter geteilt hast –«
    »Ich war irregeleitet. Den Verlockungen der Schwäche erlegen.
    Wir alle waren es. Aber das müssen wir jetzt beiseite werfen, Trull. Binadas versteht das. Genau wie unser Vater. Auch Theradas und Midik Buhn. Und diejenigen, die der Imperator zu seinen Blutsbrüdern erklärt hat. Choram Irard, Kholb Harat und Matra Brith –«
    »Seine alten ungebluteten Freunde«, unterbrach ihn Trull mit einem gequälten Lächeln. »Die drei, die er in den Wettkämpfen mit dem Schwert und dem Speer immer wieder besiegt hat. Sie und Midik.«
    »Und? Was ist damit?«
    »Sie haben sich nichts verdient, Forcht. Und auch noch so viele Proklamationen können das nicht ändern. Doch Rhulad will, dass wir Anweisungen von diesen –«
    »Wir nicht. Du hast vergessen, dass wir ebenfalls Blutsbrüder sind. Und ich befehlige noch immer die Krieger der Sechs Stämme.«
    »Und was glaubst du, wie sich die anderen vortrefflichen Krieger fühlen? Sie alle sind dem altehrwürdigen Pfad gefolgt, auf dem das Geblutetwerden und würdige Taten in der Schlacht zu finden sind. Jetzt stellen sie fest, dass sie unter widerrechtlich –«
    »Der erste Krieger unter meinem Befehl, der sich darüber beklagt, wird mit der Schneide meines Schwertes Bekanntschaft schließen.«
    »Die Schneide könnte stumpf und schartig werden.«
    »Nein. Es wird keine Rebellion geben.«
    Nach einem kurzen Augenblick nickte Trull. »Du hast vermutlich Recht, und das ist vielleicht die bedrückendste Erkenntnis überhaupt, die heute ausgesprochen wurde.«
    Forcht war aufgestanden. »Trull, du bist mein Bruder und ein Mann, den ich bewundere. Aber du kommst mit deinen Worten dem Pfad des Verrats gefährlich nah. Wenn du irgendjemand anderer wärst, hätte ich dich längst zum Schweigen gebracht. Ein für alle Mal. Kein Wort mehr, Trull. Wir sind jetzt ein Imperium. Ein wiedergeborenes Imperium. Und auf uns wartet ein Krieg.
    Deshalb muss ich wissen – wirst du an der Seite deiner Brüder kämpfen?«
    Trull lehnte sich mit dem Rücken gegen die raue Mauer. Er musterte Forcht einen Augenblick lang, fragte ihn dann: »Habe ich jemals etwas anderes getan?«
    Die Gesichtszüge seines Bruders wurden weicher. »Nein, das hast du nicht. Du hast uns alle gerettet, als wir aus der eisigen Einöde zurückgekehrt sind, und alle wissen nun von dieser Tat und sehen dich daher voller Bewunderung und Ehrfurcht an. Und aus dem gleichen Grund schauen sie mit der Bitte um Führung zu dir auf, Trull. Viele werden deine Reaktion auf das, was geschehen ist, beobachten – und danach ihre Entscheidung treffen. Wenn sie Zweifel in deinen Augen sehen …«
    »Sie werden nichts sehen, Forcht. Nicht in meinen Augen. Und sie werden auch keinen Anlass haben, an meinen Taten zu zweifeln.«
    »Ich bin erleichtert. Der Imperator wird uns schon bald zu sich rufen. Seine Blutsbrüder.«
    Trull stand ebenfalls auf. »Also gut. Aber jetzt, Bruder, würde ich gerne mit mir allein sein.«
    »Wird sich diese Art von Gesellschaft als gefährlich erweisen?«
    Wenn das der Fall sein sollte, dann bin ich schon so gut wie tot. »Bisher hat sie das noch nicht getan, Forcht.«
     
    »Geh jetzt, Hannan Mosag«, sagte der Imperator. Seine Stimme verriet, dass er plötzlich erschöpft war. »Und nimm die K’risnan mit. Geht, alle – nein, du nicht, Sklave. Mayen, mein Weib, du auch – bitte geh.«
    Die unerwartete Aufforderung sorgte einen Augenblick für Verwirrung, doch kurz darauf war das Zimmer bis auf Rhulad und

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