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SdG 09 - Gezeiten der Nacht

SdG 09 - Gezeiten der Nacht

Titel: SdG 09 - Gezeiten der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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darf, Majestät …«
    Die Lippen zu dünnen Strichen zusammengepresst, nickte der König.
    »Finadd, die Königin hat den Befehl über ihre Streitkräfte und die Quillas-Brigade selbst übernommen. Sie besteht darauf, in dieser Angelegenheit unabhängig zu handeln. Demgemäß beziehen wir ihre Truppen nicht in unsere Überlegungen ein.«
    »Mein teures Weib hat sie immer als ihre Privatarmee betrachtet«, sagte Ezgara Diskanar. »So sei es denn. Es ist immer noch besser, sie frönen dem Ehrgeiz der Königin auf dem Schlachtfeld als hier in Letheras.«
    »Ansonsten«, fügte Unnutal Hebaz hinzu, »glauben wir, dass sie weniger als drei Meilen südlich von Hochfort sind und nach Norden marschieren, um sich den Edur im Pass entgegenzustellen. Sie scheinen als Erste zuschlagen zu wollen – und zwar hart. Sie wird ihre Magier darauf ansetzen, die Gespenster aus dem Weg zu räumen, was zweifellos eindeutig genug sein wird, um das Überraschungsmoment zunichte zu machen.«
    »Führt sie ihre Streitkräfte persönlich an?«
    »Sie und ihr Gefolge haben die Stadt vor vier Tagen verlassen«, sagte der König.
    Brys dachte an jenen Zeitpunkt zurück. »Der königliche Besuch in ihrer Feste bei Dissens?«
    »Das war der Vorwand.«
    »Dann wird Prinz Quillas versuchen, sich ihr irgendwie anzuschließen?«
    »Mein Sohn hat sich mit seinem Schiff von der Delegation getrennt und steuert nun Trate an.«
    »In welchem Ausmaß«, fragte Brys, »hat ihr Bataillon die Vorratslager in der Region benutzt?«
    »Wie ich sie kenne«, schnappte der König, »gehe ich davon aus, dass sie sie so gut wie leer geräumt hat.«
    »Wir beeilen uns, die dezimierten Vorräte wieder aufzufüllen«, sagte Unnutal Hebaz. »Offensichtlich sind wir gezwungen, entsprechende Konsequenzen zu ziehen und unsere Taktik den Gegebenheiten anzupassen. Wir werden defensiv kämpfen, im Einklang mit unseren Grundsätzen, und ja, die Edur werden das erwarten. Aber wir werden uns nicht zurückziehen. Wir werden nicht zurückweichen. Wenn es erst einmal zur Feindberührung gekommen ist, werden wir den Kontakt halten. Dies wird, wie ich glaube, ein brutaler Krieg werden – vielleicht der grausamste Krieg, seit wir den Bund der Herzogtümer von Blaurose erobert haben.«
    »Jetzt«, sagte der König, »würde ich gerne Details über die Verteidigung unserer Grenzstädte und der Katter-See hören. Und natürlich etwas über die Aufstellung unserer Flotten …«
    Brys spürte, wie die folgenden Worte ihm irgendwie entglitten, bis sie nur noch ein undeutliches Gemurmel irgendwo im Hintergrund waren. Er dachte an seinen Bruder, der mit den Tiste Edur marschierte, um gegen sein Heimatland Krieg zu führen. Gegen das Königreich, das ihn so grausam verraten hatte. Die Königin und der Prinz würden ihn um jeden Preis haben wollen – ihn oder zumindest seinen Kopf. Und sie würden Hulls Verbrechen nutzen und versuchen, Brys zu treffen, um seine Position als Beschützer des Königs zu erschüttern. Es war außerdem gut möglich, dass sie Soldaten schickten, um auch Tehol  – unter irgendeinem Vorwand – auszuheben. Und sich das Vergnügen gönnen, sich für die finanziellen Verluste zu rächen, die sie als Folge von Tehols brillantem Chaos erlitten hatten. Sie würden wahrscheinlich wirklich keine Zeit verlieren.
    Brys musste Tehol warnen.
     
    Die Oberste Untersuchungsbeamtin der Rattenfängergilde saß bei Fackellicht an einem Tisch im Hof. Ein kleiner Haufen zarter Knochen lag in der Mitte des großen Tellers vor ihr. In Griffweite stand eine Kristallkaraffe mit Weißwein. Ein zusätzlicher Kelch wartete vor dem leeren Stuhl, der ihr gegenüberstand.
    »Du bist nicht Tehol«, sagte sie, als Bagg ankam und sich setzte. »Wo ist Tehol mitsamt seiner unanständigen Hose?«
    »Leider nicht hier, Oberste Untersuchungsbeamtin. Aber Ihr könnt gewiss sein, dass sie zusammen sind, wo immer sie auch sein mögen.«
    »Oh, dann trifft er sich also mit Leuten, die wichtiger sind als ich? Denn wenn er schlafen würde, hätte er doch wohl kaum seine Hose an, oder?«
    »Ich weiß es nicht, Rucket. Nun, Ihr habt um dieses Treffen gebeten?«
    »Ich wollte mich mit Tehol treffen.«
    »Oh, dann sollte es ein romantisches Stelldichein werden?«
    Sie schnaubte und nahm sich einen Moment Zeit, finster zu den beiden einzigen anderen Gästen hinüberzustarren, die sich zu mitternächtlicher Stunde in dem Gasthaus aufhielten – einem Mann und einer Frau, die offensichtlich nicht miteinander

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