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SdG 09 - Gezeiten der Nacht

SdG 09 - Gezeiten der Nacht

Titel: SdG 09 - Gezeiten der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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schrecklicher Verlust für die Frauen.«
    »Jetzt werdet Ihr aber komisch.«
    »Nein, ich meine es ernst, Bagg. Vermutlich bist du ein wundervoller Liebhaber.«
    »Klar doch«, sagte er gedehnt, »selbst die Meere haben sich gehoben. Könnten wir uns vielleicht einem anderen Thema zuwenden? Wollt Ihr noch Wein? Nein? Großartig.« Er nahm die Karaffe, zog eine Feldflasche unter dem Hemd hervor und machte sich an die heikle Aufgabe, den Wein umzufüllen.
    »Ist das für deine Aalsuppe?«
    »In der Tat.«
    »Was geschieht jetzt, da ich zu dem Schluss gekommen bin, dass ich dich mag? Dass ich dich nicht nur mag, wie ich freimütig zugebe, sondern es mich nach dir gelüstet, Bagg.«
    »Ich habe keine Ahnung, Rucket. Darf ich mir den Rest der Knochen nehmen?«
    »Aber gewiss darfst du das. Möchtest du vielleicht auch noch, dass ich meine Mahlzeit für dich wieder ausspeie? Das werde ich, verstehst du, angesichts des Gedankens, dass du dann in dich aufnehmen wirst, was kurz zuvor noch in mir war –«
    Bagg wedelte abwehrend mit beiden Händen. »Bitte, übernehmt Euch meinetwegen nicht.«
    »Das ist doch kein Grund, so beunruhigt dreinzublicken. Körperfunktionen sind eine so wundervolle, ja, eine wirklich sinnliche Sache. Ja, doch, das bloße Freiblasen einer Nase ist eine potenzielle Quelle der Ekstase, wenn man erst einmal begriffen hat, welch schleimige Verlockung darin liegt.«
    »Ich glaube, es ist besser, wenn ich jetzt gehe, Rucket.« Er stand schnell auf. »Ich wünsche Euch eine angenehme Nacht, Oberste Untersuchungsbeamtin.« Und weg war er.
    Rucket, die nun wieder allein war, seufzte und lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück. »Tja«, meinte sie und seufzte noch einmal zufrieden, »das war schon immer ein todsicherer Weg, um unliebsame Gesellschaft loszuwerden.« Sie hob die Stimme. »Diener! Mehr Wein, bitte!« Die Sache mit dem Nasefreischnauben war besonders gut, überlegte sie. Darauf war sie wirklich stolz  – und vor allem darauf, wie sie die plötzliche Übelkeit überspielt hatte, die der Vorschlag bei ihr selbst hervorgerufen hatte.
    Jeder Mann, der diesen … Aal kochen würde, hatte gewiss ein ewiges Zölibat verdient.
    Draußen vor dem Gasthaus blieb Bagg stehen, um den Inhalt der vielen verborgenen Taschen seines Hemdes zu überprüfen. Feldflasche, Aal, Katzenknochen. Im Grunde war es ein erfolgreiches Treffen gewesen. Mehr noch, er wusste ihre Vorstellung zu schätzen. Ich glaube, Tehol würde sie wirklich und wahrhaftig mögen. Das war zumindest einen Gedanken wert.
    Er blieb noch einen Augenblick länger stehen und erlaubte sich dann ein leises Lachen.
    Auf alle Fälle war es an der Zeit, nach Hause zu gehen.
     
    Tehol Beddict musterte die drei traurigen, armseligen Frauen, die sich in allen möglichen Lagen und Stellungen in dem Zimmer aufhielten. Shand hockte zusammengesunken hinter dem Schreibtisch, ihr kahler Schädel wirkte trübe und schmutzig. Rissarh lag auf einer harten Bank, als meditiere sie über die Unbequemlichkeit, und ihre roten Haare fielen offen bis fast auf den Fußboden. Hejun schließlich lümmelte in einem gepolsterten Stuhl herum und füllte den Kopf ihrer Pfeife. Ihr Gesicht sah kränklich und blass aus. »Gute Güte«, sagte Tehol seufzend, die Hände in die Hüften gestemmt, »dies ist wahrlich ein tragischer Anblick.«
    Shand hob den Kopf und blickte ihn aus trüben Augen an. »Oh, Ihr seid es.«
    »Das ist nicht gerade die Begrüßung, die ich erwartet hatte.« Er schritt in den Raum.
    »Er ist weg«, sagte Hejun; sie stieß einen Wachsstab in die glühenden Kohlen der dreibeinigen Kohlenpfanne neben ihrem Stuhl und verzog dabei das Gesicht. »Und Shand ist schuld.«
    »Es ist genauso deine Schuld wie meine«, gab Shand zurück. »Und vergiss Rissarh nicht! ›Oh Ublala! Trag mich herum! Trag mich herum!‹ Lasst uns über Exzesse sprechen!«
    »Deshalb seid Ihr so verzweifelt – weil Ublala weggegangen ist?« Tehol schüttelte den Kopf. »Meine Lieben, Ihr habt ihn tatsächlich aus dem Haus getrieben.« Er machte eine kurze Pause, ehe er mit großem Vergnügen hinzufügte: »Weil keine von Euch bereit war, eine Bindung einzugehen. Das Ganze war abscheulich; eine beispielhafte Zurschaustellung, wie man einen Mann aus Eigennutz zum Objekt macht. Ihr habt Euch alle drei wirklich scheußlich verhalten.«
    »Schon gut, schon gut, Tehol«, murmelte Shand. »Wir hätten ein bisschen mehr Mitgefühl zeigen können.«
    »Und Respekt«, sagte Rissarh.
    »Ja«, sagte

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