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SdG 09 - Gezeiten der Nacht

SdG 09 - Gezeiten der Nacht

Titel: SdG 09 - Gezeiten der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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auf die Ruinen. »Diese Zerstörung, dieses Gemetzel. Das war eine schreckliche Sache.«
    »Vielleicht hatten sie es verdient. Vielleicht hatten sie etwas getan –«
    »Federhexe, die Frage, ob jemand das, was geschieht, verdient hat, sollte – wenn überhaupt – nur höchst selten gestellt werden. Sie zu stellen, führt zu tödlichen Urteilen und zu durch und durch bösen Taten. Die Wiederholung von Gräueltaten im Namen der Gerechtigkeit führt zu neuen Gräueltaten. Wir Letherii sind schon genug verflucht mit unserer Rechtschaffenheit, wir brauchen nicht noch mehr heraufzubeschwören.«
    »Du führst ein sanftes Leben, Udinaas, in einer harten Welt.« »Ich habe dir gesagt, dass ich früher sehr wohl wütend war.« »Aber diese Wut lässt du irgendwie aus dir herausfließen – wie Blut –, ehe sie jemand anderen verletzen kann.«
    »Dann bin ich also derjenige, der für alles blutet, ja?« Sie nickte. »Ich fürchte, das bist du, Udinaas.« Er seufzte und drehte sich um. »Lass uns zurückgehen.« Seite an Seite schritten sie wieder zu den wartenden Wilden und ihrem Höhlendorf in der Felswand zurück.
    »Ich wünschte, wir könnten sie verstehen«, sagte Federhexe.
    »Ihr Schamane ist tot.«
    »Verdammt, Udinaas!«
    Sie kamen in die Senke, wo sich mittlerweile etwas geändert hatte. Vier Frauen waren aufgetaucht, und mit ihnen ein Junge. Ein Mensch.
    Der Krieger, der auch zuvor schon gesprochen hatte, wandte sich jetzt an den Jungen, und der antwortete in der gleichen Sprache, dann blickte er zu Udinaas und Federhexe herüber. Er deutete auf sie und sagte stirnrunzelnd: »Letherii.«
    »Verstehst du mich?«, fragte Udinaas.
    »Ein bisschen.«
    »Du bist ein Meckros?«
    »Ein bisschen. Letherii Schuldner. Schuldner. Mutter und Vater. Sie sind geflohen, um mit Meckros zu leben. Frei leben, Freiheit. In Freiheit.«
    Udinaas deutete auf die zerstörte Stadt. »Dein Zuhause?«
    »Ein bisschen.« Er nahm die Hand von einer der Frauen, die ihn begleiteten. »Hier.«
    »Wie heißt du?«
    »Rud Elalle.«
    Udinaas warf Federhexe einen Blick zu. Rud bedeutete in der Handelssprache der Meckros Fund. Aber das konnte sie natürlich nicht wissen, wie ihm plötzlich klar wurde. »Fund Elalle«, sagte er in der Handelssprache, »kannst du mich jetzt besser verstehen?«
    Das Gesicht des Jungen hellte sich auf. »Ja! Gut, ja! Du bist ein Seemann, wie mein Vater einer war. Ja.«
    »Diese Leute hier haben dich aus der Stadt gerettet?«
    »Ja. Sie sind Bentract. Oder waren es, was auch immer das bedeuten mag – weißt du es?«
    Er schüttelte den Kopf. »Fund, hat es noch andere Überlebende gegeben?«
    »Nein. Sie sind alle tot. Manche waren tödlich verletzt, aber jetzt sind alle tot.«
    »Und wie hast du überlebt?«
    »Ich habe gespielt. Und plötzlich habe ich schreckliche Geräusche gehört, und Schreie, und die Straße hat sich gehoben und ist dann zerbrochen, und mein Haus war weg. Ich bin auf eine große Spalte zugeschlittert, die voller Eiszacken war. Ich dachte, ich würde sterben. Wie alle anderen. Dann bin ich gegen zwei Beine gestoßen. Sie hat dagestanden, hat einfach so dagestanden, als ob die Straße immer noch eben gewesen wäre.«
    »Sie?«
    »Das ist die Handelssprache, stimmt’s?«, fragte Federhexe. »Ich fange allmählich an, sie zu verstehen – du und Hulad, ihr habt sie immer benutzt, wenn ihr zusammen wart.«
    »Sie war weißes Feuer«, sagte der Junge. »Groß, sehr, sehr groß. Und sie hat mich einfach gepackt und hochgehoben.« Er machte eine Geste, als ob eine Hand ihn am Kragen seines abgetragenen Hemds packen würde. »Und sie hat gesagt: Oh nein, das wird er nicht. Und dann sind wir gegangen. In der Luft. Sind über alles weggeschwebt, bis wir hier angekommen sind. Und sie hat geflucht. Sie hat geflucht und geflucht.«
    »Hat sie sonst noch etwas gesagt außer den Flüchen?«
    »Sie hat gesagt, dass sie hart an diesem Sprössling gearbeitet hat und dass der verdammte beinlose Scheißkerl ihr ihre Pläne nicht zunichte machen würde. Bestimmt nicht, oh nein, ganz bestimmt nicht, und dass er dafür bezahlen würde. Was bedeutet Sprössling?«
    »Ich hatte mir schon so was gedacht«, murmelte Federhexe auf Letherii.
    Nein.
    »Was für ungewöhnliche Augen«, fuhr Federhexe fort. »Die muss er von ihr haben. Deine sind viel dunkler. Glanzloser. Aber dieser Mund …«
    Nein. »Fund«, brachte Udinaas heraus, »wie alt bist du?«
    »Das habe ich vergessen.«
    »Wie alt warst du, bevor das Eis die

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