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SdG 09 - Gezeiten der Nacht

SdG 09 - Gezeiten der Nacht

Titel: SdG 09 - Gezeiten der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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und nervös. Ja, in der Tat. Ich hätte es selbst nicht besser hinbekommen.«
    »Herr–«
    »Geh zu deiner Herde, Bagg. Sag ihnen, dass sie von hier verschwinden werden. Morgen Nacht. Alle. Auf sie wartet ein besserer Ort, ein besseres Leben. Na los, Bagg.«
    »Solange mich niemand anbetet«, erwiderte der Diener. »Ich mag es nicht, wenn man mich anbetet.«
    »Bleib einfach fehlbar«, sagte Tehol.
    Bagg warf ihm einen merkwürdigen Blick zu und schritt dann in die Hüttensiedlung.
     
    »Danke, dass Ihr gekommen seid, Brys.«
    Kuru Qan saß auf dem dick gepolsterten Stuhl nahe der Wand gegenüber dem Eingang zur Bibliothek. Er hatte seine polierten Linsen und ein Stück Tuch in den Händen, putzte erst die eine Linse, dann die andere und wiederholte den Vorgang dann immer aufs Neue. Seine Augen waren auf nichts gerichtet, das Brys hätte sehen können.
    »Gibt es weitere Neuigkeiten aus Trate, Ceda?« »Ja, aber darüber werden wir später sprechen. Wie auch immer, wir müssen davon ausgehen, dass die Stadt verloren ist.«
    »Sie wurde erobert.«
    »Ja. Eine andere Schlacht steht kurz bevor. Bei Hochfort.«
    »Dann haben die Königin und der Prinz ihre Streitkräfte zurückgezogen? Ich dachte, sie wollten den Pass besetzen.«
    »Es war zu spät. Die Edur hatten ihn bereits überschritten.«
    »Werdet Ihr zur Verteidigung beitragen?«, fragte Brys, während er den kleinen Raum durchquerte und sich auf der Bank zur Linken des Ceda niederließ.
    »Nein.«
    Brys war so überrascht, dass er darauf nichts sagte. Er hatte den größten Teil des Abends in Gesellschaft des Königs und der Preda Unnutal Hebaz verbracht und in dieser Zeit die ermittelten Bewegungen der feindlichen Armeen genau erforscht, alles in dem schmerzhaften Bemühen, die Ratschläge vorauszusagen, die sein Bruder Hull dem Imperator der Edur geben würde. Offensichtlich hatte Hull den Erstschlag gegen die Dörfer der Edur vorhergesehen. Brys konnte den Gedanken nicht abschütteln, dass die fanatische Zurschaustellung von Gier in den Lagern der Königin und des Prinzen die Feinde gewarnt hatte. Janall, Quillas und ihre Geldgeber hatten schon damit angefangen, die mögliche Beute aufzuteilen, was deutlich machte, dass sie einen schnellen Sieg wollten, einen, der die Tiste Edur vernichtete  – und das bedeutete, sie zu überraschen. Janalls Marsch zum Pass war ein Zeichen dafür gewesen, dass sie ihre Pläne nicht geändert hatte. Doch jetzt hatte sie sich zurückgezogen.
    Die Tiste Edur hatten die Initiative an sich gerissen. Ihr Auftauchen vor Hochfort, die Kapitulation von Fenthing und der Fall von Trate deuteten auf mindestens zwei feindliche Armeen hin, wie auch auf zwei Flotten. Und alle bewegten sich schnell.
    »Ceda, habt Ihr mehr über den Dämon erfahren, der in den Hafen von Trate vorgedrungen ist?«
    »Es ist keine einzelne Gefahr, sondern eine mehrfache«, sagte Kuru Qan. »Ich sehe das Cedarium vor mir und musste zu meinem Entsetzen feststellen, dass es … unvollständig ist.«
    »Unvollständig? Was meint Ihr damit?«
    Der Ceda putzte noch immer die Linsen in seiner Hand. »Ich muss mit meinen Kräften haushalten bis zum richtigen Zeitpunkt. Die Meere müssen befreit werden. So einfach ist das.«
    Brys wartete. Als der Ceda nichts mehr sagte, wagte er einen Vorstoß. »Habt Ihr eine Aufgabe für mich, Ceda?«
    »Ich würde zu einem Rückzug aus Hochfort raten, doch der König würde dem nicht zustimmen, oder?«
    Brys schüttelte den Kopf. »Ihr schätzt das völlig richtig ein. Selbst eine katastrophale Niederlage würde nur unter dem Gesichtspunkt in Betracht gezogen werden, dass sie auch … Vorteile bringt.«
    »Ja. Die Auslöschung seiner Frau und seines Sohns. Eine traurige Lage der Dinge, würdet Ihr das nicht auch sagen, mein junger Freund? Das Herz des Cedariums ist allgemeine Leugnung, das ist mir klar geworden. Und von diesem Herzen leitet sich alles andere her. Unsere Art zu leben, und wie wir die Welt sehen. Wir schicken Soldaten in den Tod, und als was betrachten wir diesen Tod? Als glorreiches Opfer. Und die toten Feinde? Als Opfer unserer ehrenvollen Rechtschaffenheit. Während in unseren Städten, in den engen, üblen Gassen, ein Leben, das endet, nichts weiter als ein tragischer Fehlschlag ist. Was wird dann also geleugnet?«
    »Der Tod.«
    Kuru Qan setzte sich die Linsen einmal mehr vor die Augen und schaute Brys an. »Ihr versteht es also. Ich wusste, dass Ihr es verstehen würdet. Brys, es gibt keine Feste des Todes.

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