SdG 10 - Die Feuer der Rebellion
eilte zu der Spalte, die an der Stelle klaffte, wo Ben und Stürmisch gewartet hatten. Vorsichtig trat er an den Rand. Rief in die Dunkelheit hinunter. »Ben! Stürmisch!« Keine Antwort.
Cotillion war an seiner Seite. »Stürmisch? Doch wohl hoffentlich nicht Adjudant Stürmisch? Mit Schweinsaugen, haarig, einem finsteren Gesichtsausdruck –«
»Er ist jetzt Korporal«, sagte Kalam. »Und Gesler ist Sergeant.«
Der Gott gab ein Schnauben von sich, sagte aber nichts.
Der Assassine lehnte sich zurück und musterte Cotillion. »Ich habe eigentlich nicht daran geglaubt, dass du auf mein Gebet antworten würdest.«
»Ich bin ein Gott, der vor Überraschungen buchstäblich übersprudelt.«
Kalam kniff die Augen zusammen. »Und du bist verdammt schnell gekommen. Als ob du … ganz in der Nähe gewesen wärst.«
»Eine unerhörte Vermutung«, sagte Cotillion. »Doch merkwürdigerweise trifft sie zu.«
Der Assassine nahm das zusammengerollte Seil von seiner Schulter, schaute sich um und fing an zu fluchen.
Seufzend streckte Cotillion eine Hand aus.
Kalam reichte ihm ein Ende des Seils. »Sammle deine Kräfte«, sagte er, während er die Seilrolle über den Rand des Abgrunds warf. Er hörte ein fernes Klatschen.
»Mach dir darüber keine Sorgen«, sagte Cotillion. »Ich werde es so lang machen, wie du es brauchst.«
Verdammte Götter, beim Vermummten. Kalam schob sich über die Kante und begann in die Dunkelheit hinabzusteigen. War ein bisschen viel Kletterei heute. Entweder das, oder ich habe zugenommen. Schließlich spürte er steinernen Boden unter seinen Füßen. Er trat einen Schritt vom Seil weg.
Von oben trieb ein kleines Kügelchen Licht herunter und erleuchtete die nächste Wand – senkrecht, von Menschenhand geschaffen, mit großen bemalten Feldern; die Bilder schienen im herabsinkenden Lichtschein zu tanzen. Einen Augenblick lang starrte Kalam einfach nur darauf. Dies war keine müßige Verzierung, sondern ein Kunstwerk, in dem sich in jeder Einzelheit die Handschrift eines Meisters erkennen ließ. Dick bekleidet und von mehr oder weniger menschlicher Gestalt hatten die dargestellten Wesen Positionen der Transzendenz eingenommen, die Arme in Verehrung oder Verzückung erhoben, die Gesichter voller Freude. Während sich zu ihren Füßen abgetrennte Körperteilen übereinanderstapelten, blutbespritzt und von Fliegen umschwärmt. Die zerstückelten Körper zogen sich bis hinunter zum Boden des Zimmers … und noch weiter, und Kalam sah jetzt, dass die blutige Szene den gesamten Fußboden bedeckte – und zwar in jede Richtung, so weit sein Blick reichte.
Hier und da lagen ein paar Kieselsteinchen – und dahinten, weniger als ein halbes Dutzend Schritt entfernt, zwei reglose Körper.
Kalam eilte zu ihnen.
Beide Männer lebten, wie er erleichtert feststellte, doch es war schwierig, über ihre offensichtlichen Blessuren hinaus das Ausmaß ihrer Verletzungen abzuschätzen. Stürmisch hatte sich beide Beine gebrochen, das eine knapp oberhalb des Knies, das andere unterhalb. Die Rückseite seines Helms war eingedellt, aber er atmete gleichmäßig, was Kalam als gutes Zeichen wertete. Der Schnelle Ben schien körperlich unversehrt – zumindest war offensichtlich nichts gebrochen, und es war auch kein Blut zu sehen. Was die inneren Verletzungen der beiden betraf, war das natürlich etwas ganz anderes. Kalam musterte das Gesicht des Magiers ein, zwei Herzschläge lang – und verpasste ihm dann eine Ohrfeige.
Ben riss die Augen auf. Er blinzelte, schaute sich um, hustete und setzte sich schließlich auf. »Meine eine Gesichtshälfte ist taub – was ist passiert?«
»Keine Ahnung«, sagte Kalam. »Du und Stürmisch … Ihr beide seid in ein Loch gefallen. Den Falari hat’s ziemlich erwischt. Aber du hast es irgendwie völlig unversehrt überstanden – wie hast du das geschafft?«
»Unversehrt? Ich glaube, ich habe mir den Kiefer gebrochen.«
»Nein, wohl kaum. Du musst damit auf den Boden geknallt sein – er ist zwar ein bisschen geschwollen, aber wenn er gebrochen wäre, könntest du nicht sprechen.«
»Ah, ja, da ist was dran.« Er stand auf und trat zu Stürmisch. »Oh, die Beine sehen übel aus. Wir müssen erst die Knochen richten, bevor ich sie heilen kann.«
»Heilen? Verdammt, Ben, du hast im Trupp nie irgendwen geheilt.«
»Nein, das war Fäustels Aufgabe. Ich war das Gehirn, erinnerst du dich?«
»Nun, so wie ich es noch im Kopf habe, hat das nie viel von deiner Zeit in Anspruch
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