SdG 10 - Die Feuer der Rebellion
einen Tag und einen Abend in dem Zimmer verbracht – und du musst es auch für heute Nacht bezahlen, denn es ist zu spät, es anderweitig zu vermieten. Und dann ist da noch diese Flasche hier«, sagte er mit einer entsprechenden Handbewegung.
»Ich habe nicht gesagt, dass ich sie will«, erwiderte sie. »Aber wenn Ihr noch etwas zu essen habt …«
»Es ist noch etwas da.«
Sie zog ihre Geldbörse heraus und fand zwei Halbmonde. »Hier. Ich gehe davon aus, dass das auch für das Zimmer heute Nacht reicht.«
Er nickte. »Dann willst du also den Wein nicht?«
»Nein. Sawr’ak-Bier, bitte.«
Er nahm die Flasche wieder vom Tresen und entfernte sich.
Rechts und links von ihr schoben sich zwei Gestalten an die Theke. Die Pardu. »Siehst du die Gral da drüben?«, fragte die eine und nickte in Richtung auf einen Tisch in der Nähe. »Sie wollen, dass du für sie tanzt.«
»Nein, das wollen sie nicht«, erwiderte Apsalar.
»Doch«, sagte die andere Frau. »Das wollen sie. Sie werden sogar dafür bezahlen. Du bewegst dich wie eine Tänzerin. Das haben wir alle gesehen. Du willst sie doch nicht verärgern –«
»Stimmt. Und deshalb werde ich auch nicht für sie tanzen.«
Das verwirrte die beiden Pardu offensichtlich. In der Zwischenzeit kam der Mann hinter der Theke mit einem Krug Bier und einer Zinnschale mit Ziegensuppe zurück; die Fettschicht auf der Suppe protzte mit weißen Haaren, zum Beweis, dass es wirklich Ziegensuppe war. Er legte einen Kanten dunkles Brot dazu. »Ist das in Ordnung?«
Sie nickte. »Danke.« Dann wandte sie sich an die Frau, die als Erste gesprochen hatte. »Ich bin eine Schattentänzerin. Sag ihnen das, Pardu.«
Die beiden Frauen wichen schlagartig zurück. Apsalar lehnte sich an den Tresen und lauschte dem Gezischel, das sich in der Gaststube ausbreitete. Schlagartig hatte sie ein bisschen Platz um sich herum, wie sie feststellte. So weit, so gut.
Der Mann hinter der Theke musterte sie vorsichtig. »Du steckst voller Überraschungen«, sagte er. »Der Tanz ist verboten.«
»Ja, das ist er.«
»Du bist von Quon Tali«, sagte er etwas leiser. »Aus Itko Kan, nehme ich an, wenn ich mir deine Augen und die schwarzen Haare ansehe. Ich habe noch nie von einer Schattentänzerin aus Itko Kan gehört.« Er beugte sich näher. »Ich wurde gleich außerhalb von Gris geboren, verstehst du? Habe zur regulären Infanterie in Dassems Armee gehört und in meiner ersten Schlacht einen Speer in den Rücken gekriegt. Und das war’s dann für mich. Ich war in Y’Ghatan nicht dabei, wofür ich Oponn täglich danke. Verstehst du? Ich habe Dassem nicht sterben gesehen und bin froh darüber.«
»Aber Ihr habt immer noch eine Menge Geschichten zu erzählen«, sagte Apsalar.
»Das habe ich«, sagte er und nickte nachdrücklich. Dann blickte er sie scharf an. Nach einem kurzen Augenblick gab er ein unbestimmtes Geräusch von sich und ging davon.
Sie aß, trank ihr Bier, und allmählich ließen ihre Kopfschmerzen nach.
Einige Zeit später winkte sie dem Schankwirt, und er kam zu ihr. »Ich gehe nochmal weg«, sagte sie. »Aber ich möchte das Zimmer behalten, also vermietet es nicht an jemand anderen.«
Er zuckte die Schultern. »Du hast dafür bezahlt. Zum vierten Glockenschlag schließe ich die Tür ab.«
Sie richtete sich auf und machte sich auf den Weg zur Tür. Die Karawanenwachen sahen ihr nach, aber niemand bewegte sich, um ihr zu folgen – zumindest nicht sofort.
Sie hoffte, sie würden sich an die Warnung halten, die sie ihnen hatte zukommen lassen. Heute Nacht wollte sie bereits jemanden töten, und einer reichte ihr.
Apsalar trat nach draußen und blieb einen Moment stehen. Der Wind hatte sich gelegt. Die Sterne waren als verwaschene Flecken durch den Schleier aus feinem Staub zu erkennen, der sich im Gefolge des Sturms auf die Stadt herabsenkte. Die Luft war kühl und reglos. Apsalar zog ihren Umhang um sich und schlang sich den Schal um die untere Hälfte des Gesichts, wandte sich dann nach links die Straße entlang. An der Mündung einer nahen Gasse, die tief im Schatten lag, schlüpfte sie plötzlich in die Düsternis und war verschwunden.
Wenige Augenblicke später kamen die beiden Pardu herangetrottet. Sie blieben an der Mündung stehen, blickten in die sich windende Gasse und sahen niemanden.
»Sie hat die Wahrheit gesagt«, zischte die eine und machte eine abwehrende Geste. »Sie wandelt in den Schatten.«
Die andere nickte. »Wir müssen unserem neuen Herrn Bescheid
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