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SdG 10 - Die Feuer der Rebellion

SdG 10 - Die Feuer der Rebellion

Titel: SdG 10 - Die Feuer der Rebellion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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verbrannte Landschaft hinweg zur Stadt starrten. Y’Ghatan waberte in aufsteigenden Hitzewogen, ein missgestalteter Buckel auf einem zerklüfteten Hügel, auf dem hier und da immer noch Feuer flackerten, oben blass orangefarben und weiter unten grimmig tief rot.
    Die Luft war mit Asche gesättigt, die wie Schnee zu Boden rieselte.
    Jeder Atemzug schmerzte. Er hatte Schwierigkeiten mit dem Hören – noch immer schien der tosende Feuersturm in seinem Kopf zu wüten, so hungrig wie eh und je. Wie lange hatte es gedauert? Einen Tag? Zwei Tage? Da waren Heiler gewesen. Hexen mit Salben, Denul-Heiler der Armee. Ein Durcheinander von Stimmen, die sangen, flüsterten, manche davon wirklich, manche eingebildet.
    Er dachte an seine Frau. Selv war nicht mehr in diesem verfluchten Land, sondern sicher im Landhaus ihrer Familie in Quon Tali. Und an Kesen und Vaneb, seine Kinder. Sie hatten überlebt – oder etwa nicht? Doch, er war sich sicher, dass sie überlebt hatten. Da war eine Erinnerung, stark genug, um ihn davon zu überzeugen, dass sie wahr war. Dieser Assassine – Kalam –, der hatte etwas damit zu tun.
    Selv. Sie hatten sich in den zwei Jahren vor der Rebellion auseinandergelebt, den zwei Jahren – waren es tatsächlich zwei? –, die sie im Reich der Sieben Städte gewesen waren, in der zur Garnison gehörenden Siedlung. Der Aufstand hatte sie beide gezwungen, all das beiseitezuschieben, um der Kinder willen – um des Überlebens willen. Er vermutete, dass sie ihn nicht vermisste; bei seinen Kindern mochte es allerdings anders aussehen. Er vermutete, dass sie inzwischen jemand anderen gefunden hatte, einen Liebhaber, und dass ihn wiederzusehen so ziemlich das Letzte war, was sie sich wünschte.
    Nun, es gab schlimmere Dinge im Leben. Er dachte an die Soldaten, die er gesehen hatte, die mit den schrecklichsten Verbrennungen – bei den Göttern, wie hatten sie ihre Schmerzen herausgeschrien.
    Keneb starrte zur Stadt hinüber. Und hasste sie von ganzem Herzen.
    Bent, der Hirtenhund kam heran und legte sich neben ihm auf den Boden. Einen Augenblick später tauchte Wühler auf. »Vater, weißt du, was aus dem da entstehen wird? Weißt du es?«
    »Woraus entstehen wird, Wühler?«
    Der Junge deutete mit einem bloßen, schmutzigen Arm auf Y’Ghatan. »Sie will, dass wir gehen. Sobald wir können.« Dann deutete er auf die Morgensonne. »Es ist die Pest, verstehst du, im Osten. Also. Wir marschieren nach Westen. Um Schiffe zu finden. Aber ich kenne die Antwort bereits. Um das zu finden, was in uns ist, muss man alles andere wegnehmen, verstehst du?«
    »Nein, Wühler, ich verstehe nicht.«
    Rotauge, der hengesische Schoßhund, kam herbeigetrottet; er schnüffelte am Boden. Dann begann er wie rasend zu graben. Staubwolken hüllten ihn ein.
    »Da ist etwas vergraben«, sagte Wühler.
    »Das nehme ich an.«
    »Aber sie will das nicht sehen.« Der Junge blickte zu Keneb auf. »Genauso wie du.«
    Wühler rannte davon, und Bent blieb in großen Sprüngen an seiner Seite. Der Schoßhund grub weiter, machte dabei schnüffelnde und prustende Geräusche.
    Keneb runzelte die Stirn, versuchte, sich an das zu erinnern, was Wühler vorher gesagt hatte – war es in der Nacht gewesen, bevor sie die Bresche in den Wall gesprengt hatten? Bevor der schicksalhafte Befehl ergangen war? War da eine Warnung in den Worten des Jungen verborgen gewesen? Er konnte sich nicht erinnern – die Welt vor dem Feuer schien in seinem Geist zu nichts verbrannt zu sein. Es war schon mühsam gewesen, sich die Namen seiner Frau und seiner Kinder – oder auch ihre Gesichter – ins Gedächtnis zu rufen. Ich verstehe es nicht. Was ist mit mir geschehen?
     
    Im Kommandozelt stand die Mandata Nil und Neder gegenüber. Faust Blistig schaute von der hinteren Zeltwand aus zu; er war so erschöpft, dass er kaum noch stehen konnte. Tavore hatte ihn beauftragt, sich um die Heilung der Verletzten zu kümmern – um den Aufbau der Lazarett-Zelte, die Einteilung der Denul-Heiler und der wickanischen Hexer und Hexen. Zwei Tage und eine oder vielleicht auch eineinhalb Nächte – er wusste nicht recht, ob er die kurze, chaotische Zeitspanne vor dem Sonnenaufgang in jener Nacht, in der sie die Bresche geschlagen hatten, mitzählen durfte. Wenn seine Offiziere nicht gewesen wären, wäre er in jener ersten Nacht noch vor Anbruch der Morgendämmerung seines Kommandos enthoben worden. Seine Seele war in der dunklen Grube des Abgrunds ertrunken.
    Blistig war sich noch

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