SdG 10 - Die Feuer der Rebellion
sie.
»Oh. Können sie uns sehen?«
Ich weiß es nicht. Zumindest benutzte keiner den Fußweg, auf dem sie sich befanden … noch nicht. »Kommt, weiter, es ist nicht weit. Ich will hier weg.«
»Einverstanden. Oh, ja, einverstanden.«
Rinnsel zögerte. »Andererseits …«
»Nein«, sagte Apsalar. »Versuche nichts, Geist.«
»Oh, in Ordnung. Es ist nur … Da unten, in dem Kanal, liegt eine Leiche.«
Verdammt. Sie bewegte sich zur niedrigen Seitenmauer und blickte nach unten. »Das ist kein Tiste Edur.«
»Nein«, bestätigte Rinnsel. »Das ist ziemlich sicher kein Tiste Edur, Nicht-Apsalar. Sie ist wie du. Ja, wie du. Nur ein bisschen aufgeblähter … noch nicht lange tot … Wir wollen sie …«
»Erwartet nicht, dass ich euch helfe, wenn ihr irgendetwas versucht, denn das wird nur Aufmerksamkeit auf uns lenken.«
»Oh, da hat sie recht, Rinnsel. Komm, sie geht weg! Warte! Lass uns nicht hier zurück!«
Apsalar kam an eine steile Treppe und stieg rasch hinunter. Sobald sie den blassen, staubigen Boden betrat, verschwand die geisterhafte Stadt. Hinter ihr tauchten die beiden Geister auf, sie sanken ihr entgegen.
»Ein höchst schrecklicher Ort«, sagte Telorast.
»Aber da war ein Thron«, schrie Rinnsel. »Ich habe ihn gespürt! Ein überaus herrlicher Thron!«
Telorast schnaubte. »Herrlich? Du hast den Verstand verloren. Nichts als Schmerz. Leiden. Elend –«
»Ruhe«, befahl Apsalar. »Ihr werdet mir mehr über diesen Thron erzählen, den ihr gespürt habt, aber später. Bewacht diesen Eingang.«
»Das können wir tun. Wir sind sehr erfahrene Wachen. Jemand ist da unten gestorben, ja? Können wir die Leiche haben?«
»Nein. Bleibt hier.« Apsalar betrat den halb im Sand begrabenen Tempel.
Der Raum im Innern war nicht so, wie sie ihn verlassen hatte. Der Leichnam des Semk war verschwunden. Mebras Leiche war ihrer Kleider beraubt worden, die Kleider selbst in kleine Stücke zerschnitten. Die wenigen Möbel, die sich in dem Raum befanden hatten, waren systematisch auseinandergenommen worden. Lautlos vor sich hin fluchend ging Apsalar zu dem Durchgang, der zum inneren Zimmer führte – der Vorhang, der ihn verborgen hatte, war heruntergerissen worden. In dem kleinen Raum dahinter – Mebras Wohnzimmer – war der Sucher – oder waren die Sucher – gleichermaßen gründlich gewesen. Das fehlende Licht hinderte sie nicht daran, sich das Durcheinander genau anzusehen. Jemand hatte nach etwas gesucht oder sehr überlegt Spuren verwischt.
Sie erinnerte sich daran, wie der Semk-Assassine letzte Nacht hier aufgetaucht war. Sie hatte angenommen, er hätte gesehen, wie sie über das Geröllfeld gerannt war, und wäre deswegen noch einmal zurückgekehrt. Aber jetzt fragte sie sich, ob es nicht anders gewesen war. Vielleicht war er zurückgeschickt worden, weil seine Aufgabe erst zur Hälfte erledigt gewesen war. In beiden Fällen hatte er nicht allein gearbeitet. Es war unvorsichtig gewesen, etwas anderes anzunehmen.
Aus dem äußeren Zimmer kam ein zittriges Flüstern: »Wo bist du?«
Apsalar ging durch den Durchgang zurück. »Was machst du hier, Rinnsel? Ich habe euch gesagt –«
»Zwei Menschen kommen. Frauen, wie du. Und wie wir. Ich habe es vergessen. Ja, wir sind alle Frauen hier –«
»Such dir einen Schatten und versteck dich«, unterbrach Apsalar sie. »Das Gleiche gilt für Telorast.«
»Du willst nicht, dass wir sie töten?«
»Könnt ihr das denn?«
»Nein.«
»Versteckt euch.«
»Es war ziemlich klug, dass wir beschlossen haben, die Tür zu bewachen, nicht wahr?«
Ohne weiter auf den Geist zu achten, bezog Apsalar neben dem äußeren Eingang Position. Sie zog ihre Messer, lehnte sich gegen die schräge Wand und wartete.
Sie hörte ihre schnellen Schritte, das Scharren, als sie direkt vor dem Eingang stehen blieben, ihre Atemzüge. Dann trat die erste herein, eine abgedunkelte Laterne in der Hand. Sie ging weiter, während sie eine der Klappen an der Laterne zurückschlug, so dass ein Lichtstrahl auf die gegenüberliegende Wand fiel. Hinter ihr trat jetzt die zweite Frau herein, einen blanken Krummsäbel in der Hand.
Die beiden Pardu-Karawanenwachen.
Apsalar trat dicht an die hintere heran, stieß ihr die Spitze des einen Messers ins Ellbogengelenk des Schwertarms und schlug ihr den Knauf der anderen Waffe an die Schläfe.
Die Frau fiel zu Boden, genau wie ihre Waffe.
Die andere wirbelte herum.
Ein hoch angesetzter Tritt traf sie oberhalb des Kinns. Sie taumelte, und die
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