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SdG 11 - Die Kochenjäger

SdG 11 - Die Kochenjäger

Titel: SdG 11 - Die Kochenjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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meisten Männer, die er kannte, hätten Chaur seinem Schicksal überlassen. Schließlich war er nichts weiter als ein Kind im Körper eines Riesen, dumm und größtenteils nutzlos, eine Last. Tatsächlich hätten die meisten Männer den Einfaltspinsel geschlagen, bis er zurück zum Weiler geflohen wäre – eine Tracht Prügel, die zu Chaurs eigenem Besten gewesen wäre, und in mancherlei Hinsicht fast schon gerechtfertigt. Aber dieser Schmied … er schien schwerlich der Massenmörder zu sein, der er angeblich sein sollte. Der Verräter von Aren, der Mann, der eine Faust ermordet hatte. Und jetzt ihr Begleiter zur Küste.
    Schlitzer fühlte sich bei dieser Vorstellung merkwürdig beruhigt. Kalams Verwandter … Leute umzubringen, muss in der Familie liegen. Die riesige, doppelklingige Axt sah aber ganz und gar nicht wie die Waffe eines Assassinen aus. Er dachte kurz daran, Barathol zu fragen – um von ihm seine Version darüber zu hören, was damals, vor all den Jahren, in Aren geschehen war –, aber der Schmied war ein widerwilliger Gesprächspartner, und außerdem – wenn er Geheimnisse hatte, war es sein gutes Recht, sie für sich zu behalten. So, wie ich meine für mich behalte.
    Sie setzten sich wieder in Bewegung. Chaur hinkte ein Stück hinterher; er stolperte dann und wann, als sei er es nicht gewohnt, irgendetwas an den Füßen zu tragen. Aber er lächelte.
    »Verdammte tröpfelnde Titten«, sagte Scillara neben ihm.
    Schlitzer starrte zu ihr hinüber. Er wusste nicht so recht, wie er auf diese spezielle Beschwerde antworten sollte.
    »Und außerdem geht mir das Rostlaub aus.«
    »Es tut mir leid«, sagte er.
    »Was tut dir leid?«
    »Nun, es hat so lange gedauert, bis ich mich von meinen Verletzungen erholt hatte.«
    »Schlitzer, dir haben die Eingeweide bis zu den Knöcheln gehangen – wie fühlst du dich eigentlich, nebenbei bemerkt?«
    »Ungemütlich, aber ich war nie ein besonders guter Reiter. Schließlich bin ich in einer Stadt aufgewachsen. Gassen, Dächer, Tavernen, die Balkone von Stadthäusern – das war früher einmal in eine Welt. Bei den Göttern hienieden, ich vermisse Darujhistan. Es würde dir gefallen, Scillara – «
    »Du musst verrückt sein. Ich kann mich an keine Städte erinnern. Für mich gibt es nur Wüste und ausgetrocknete Hügel. Zelte und Hütten aus Tonziegeln.«
    »Unter Darujhistan befinden sich Höhlen voller Gas, und dieses Gas wird hochgepumpt, um die Straßen der Stadt mit wunderschönem blauem Feuer zu erleuchten. Es ist die großartigste Stadt auf der Welt, Scillara – «
    »Und warum bist du dann weggegangen?«
    Schlitzer verstummte.
    »Na schön«, sagte sie nach ein paar ’Herzschlägen, »Wie war’s damit: Wir bringen Heborics Leichnam … wo genau hin?«
    »Zur Otataral-Insel.«
    »Das ist eine ziemlich große Insel, Schlitzer. Bringen wir ihn an einen bestimmten Ort?«
    »Heboric hat von einer Wüste gesprochen, vier oder fünf Tage nordwestlich von Dosin Pali. Er hat gesagt, dass da ein riesiger Tempel ist, oder zumindest eine Statue, die mal zu einem Tempel gehört hat.«
    »Dann hast du ihm also tatsächlich zugehört.«
    »Manchmal hatte er lichte Augenblicke, ja. Etwas, das er die Jade genannt hat, eine Macht, die Segen und Fluch zugleich war … und er wollte sie zurückgeben. Irgendwie.«
    »Aber mittlerweile ist er tot«, sagte Scillara. »Wie stellst du dir das denn vor – wie soll er irgendeine Macht an irgendeine Staue zurückgeben? Schlitzer, wie sollen wir eine Statue mitten in einer Wüste finden? Es wäre vielleicht nicht schlecht, darüber nachzudenken, ob das, was Heboric gewollt hat, inzwischen bedeutungslos geworden ist. Die T’lan Imass haben ihn getötet, und so muss Treach einen neuen Destriant finden. Und wenn Heboric irgendeine andere Art von Macht hatte, dann muss sie sich mittlerweile aufgelöst haben, oder sie ist ihm durch das Tor des Vermummten gefolgt – wie auch immer, es gibt nichts, was wir da tun können.«
    »Seine Hände sind jetzt fest, Scillara.«
    Sie zuckte zusammen. »Was?«
    »Feste Jade – nicht rein, sondern voller … Unreinheiten. Makel, kleine Stückchen, tief in ihnen vergraben. Wie mit Asche oder Dreck gesprenkelt.«
    »Du hast den Leichnam untersucht?«
    Schlitzer nickte.
    »Warum?«
    »Graufrosch ist wieder ins Leben zurückgekehrt …«
    »Und da hast du gedacht, der alte Mann könnte dasselbe tun.«
    »Es hätte sein können, aber es sieht nicht danach aus. Er vertrocknet – und zwar

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