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SdG 11 - Die Kochenjäger

SdG 11 - Die Kochenjäger

Titel: SdG 11 - Die Kochenjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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auf ihn zu.
    Auf ihn, den Schild-Amboss, der ihren Schmerz in sich aufnehmen würde, denn er konnte sich an solch einen Schmerz erinnern.
    Die Dunkelheit nahm sie auf, und in diesem Augenblick erkannte Heboric Geisterhand, der Schild-Amboss, eine höchst schreckliche Wahrheit.
    Man kann sich an Schmerz nicht erinnern – nicht im eigentlichen Sinn.
     
    Zwei Körper rollten wie zerbrochene Puppen über das Deck. Mappo mühte sich zu ihnen, während Bosheit abdrehte und ein zweites Mal davonflog – er konnte die Qualen des Drachen bei jedem Atemzug spüren, und die Luft stank nach angesengten Schuppen und verbranntem Fleisch.
    Der Feuerregen war wie ein Sturzbach rings um sie herum niedergegangen, wild wie ein Hagelsturm, aber viel tödlicher. Doch das Schiff war unversehrt, war kein einziges Mal getroffen worden – etwas, das allerdings nicht Bosheit zu verdanken war, wie Mappo klar wurde, und auch nicht Iskaral Pustl oder Mogara. Nein, wie die schmeichlerischen feuchten Küsse des Hohemagiers bewiesen, war eine Macht dafür verantwortlich, die ihren Ursprung in dem verdammten schwarzäugigen Maultier hatte. Irgendwie.
    Das Tier stand einfach nur da, reglos und anscheinend gleichgültig, schlug mit dem Schwanz, um nicht vorhandene Fliegen zu vertreiben. Es blinzelte langsam, als würde es halbwegs schlafen, und dann und wann zuckten seine Lippen.
    Während die Welt um sie herum verrückt wurde, während das andere Schiff zerfetzt wurde -
    Mappo drehte die näher liegende Gestalt herum. Ein blutverschmiertes Gesicht, Blut, das aus den Ohren, der Nase und den Augenwinkeln lief – doch er kannte diesen Mann. Er kannte ihn. Crokus, der Daru. Oh, Junge, wie bist du hierhergekommen?
    Dann öffneten sich die Augen des jungen Mannes. Sie waren voller Furcht und Sorge.
    »Ganz ruhig«, sagte Mappo. »Du bist jetzt in Sicherheit.«
    Die andere Gestalt – eine Frau – hustete Meerwasser aus, und aus ihrem linken Ohr strömte Blut, floss an ihrem Unterkiefer entlang, tropfte ihr schließlich vom Kinn. Sie hockte auf Händen und Knien, hob jetzt den Kopf und blickte den Trell an.
    »Bist du in Ordnung?«, fragte Mappo.
    Sie nickte, kroch näher zu Crokus.
    »Er wird es überleben«, versicherte ihr der Trell. »Es scheint, als würden wir alle überleben … Ich hätte nicht geglaubt – «
    Iskaral Pustl schrie auf.
    Deutete auf etwas.
    Ein narbiger, schwarzhäutiger Arm war über der Backbordreling aufgetaucht, wie ein sich schlängelnder Aal. Die Hand umklammerte fest das nasse Holz, die Muskeln waren angespannt.
    Mappo hastete hinüber.
    Der Mann, auf den er hinunterblickte, hielt etwas fest – einen Mann, der glatt genauso groß war wie er selbst, und es war offensichtlich, dass dem schwarzhäutigen Mann mehr und mehr die Kräfte schwanden. Mappo packte zu und zerrte sie beide an Deck.
    »Barathol«, keuchte die Frau.
    Mappo schaute zu, wie der Mann namens Barathol seinen Kameraden rasch herumrollte und sich daranmachte, ihm das Wasser aus der Lunge zu drücken.
    »Barathol – «
    »Sei still, Scillara – «
    »Er war zu lange – «
    »Sei still!«
    Mappo schaute zu, versuchte sich zu erinnern, wie sich so eine Wildheit, so eine Loyalität anfühlte. Er konnte sich beinahe erinnern… beinahe. Er ist ertrunken, der da. Siehst du all das Wasser? Aber Barathol ließ nicht locker, sondern machte immer weiter, zerrte den schlaffen Körper in diese und in jene Richtung, schüttelte die Arme, und zog schließlich Kopf und Schultern in seinen Schoß, wo er den Kopf in die Arme nahm, als wäre er ein neugeborenes Kind.
    Das Gesicht des dunkelhäutigen Mannes verzerrte sich, er sah schrecklich aus in seinem Kummer. »Chaur! Hör mir zu! Hier ist Barathol. Hör mir zu! Ich will … dass du die Pferde begräbst! Hörst du mich? Du musst die Pferde begraben! Bevor die Wölfe aus den Hügeln kommen! Ich bitte dich nicht, Chaur, hast du gehört? Ich sage es dir!«
    Er hat den Verstand verloren. Von so etwas kann man sich nicht erholen. Ich weiß das, ich weiß das …
    »Chaur! Ich werde gleich böse, hast du verstanden? Böse … mit dir! Mit dir, Chaur! Willst du, dass Barathol böse auf dich ist, Chaur? Willst du-?«
    Ein Husten, ein Wasserschwall, ein Zusammenkrampfen, und dann schien der große Mann, den Barathol so zärtlich in den Armen hielt, sich zusammenzurollen, eine Hand griff nach oben, und ein wimmernder Schrei drang aus dem schleim- und schaumverschmierten Mund.
    »Nein, nein, mein Freund«, keuchte Barathol,

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